1.09.2010

Greenpeace stoppt Ölbohrung
vor Grönland

Stenda Don von Greenpeace geentert Vier Greenpeace-AktivistInnen ist es am Dienstag gelungen, unbemerkt die Ölplattform Stena Don vor der Westküste Grönlands zu entern. Die Umwelt-SchützerInnen konnten damit nach eigenen Angaben Probebohrungen der schottischen Firma Cairn Energy in den ökologisch sensiblen arktischen Gewässern stoppen. Nach über einer Woche langem Ausharren auf dem Greenpeace-Schiff 'Esperanza' und Beobachtung durch die dänischen Kriegsmarine hatten sie eine 500 Meter lange Sicherheitsabsperrung um die Bohrinsel durchbrochen und die Plattform erklettert.

Im sogenannten Iceberg Alley (Eisberg-Passage) beobachtete Greenpeace seit neun Tagen die riskanten Probebohrungen der Bohrinsel Stena Don und des Bohrschiffs Stena Forth. Trotz der Beobachtung seitens des dänischen Marineschiffs HDMS Vaedderen und zahlreicher Polizeibooten haben die Greenpeace-AktivistInnen am Dienstag morgen um 7:44 Uhr Ortszeit die Bohrinsel erklettern. Sie installierten Zelte, die an Seilen rund 15 Meter über der eisigen See hängen. Die AktivistInnen haben genügend Vorräte, um mehrere Tage auf der Bohrinsel zu verharren.

Cairn Energy hatte am 24. August bekannt gegeben, noch kein Öl, sondern lediglich Erdgas gefunden zu haben. Die kleine britische Firma bohrt seit Juli 2010 vor der Westküste Grönlands. Weitere Probebohrungen sind bis Ende Oktober westlich der Diskobucht geplant. Dann ist allerdings erst einmal Schluß, denn der arktische Winter verhindert weitere Bohrungen - und jegliche Aufräumarbeiten im Falle eines Unfalls. Einen Notfallplan hält Cairn Energy der Öffentlichkeit vor. Die kleine Firma verfügt im Falle eines Ölunfalls gerade einmal über 14 Schiffe, die das Öl auffangen könnten und kaum über finanzielle Mittel, die möglichen Folgen zu tragen.

Laut Greenpeace droht täglich die Gefahr eines Unfalls bei den Probebohrungen von Cairn Energy. Greenpeace-Fotos dokumentieren das Risiko durch treibende Eisberge. Spezialboote müssen rund um die Plattform kreisen und täglich mehrere Eisberge von den Bohrplätzen wegschleppen oder mit einem Hochdruckstrahl abschmelzen. Ungeklärt ist, was passiert, wenn mehr Eisberge auf die Probebohrungen zutreiben als die wenigen Schiffe bewältigen können. Schnelle Hilfe wäre laut Greenpeace unwahrscheinlich.

Die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko scheint bei den Öl-Konzernen keinen Lerneffekt ausgelöst zu haben. (Siehe auch unseren Artikel vom 22. Juli 2010) Während die Ölvorräte in Küstennähe allmählich zu Neige gehen, verlagern die Öl-Konzerne ihre Suche nach dem schwarzen Gold in die tieferen Gewässer der Arktis oder auch des Mittelmeeres. Exxon und Chevron haben sich bereits die begehrten Bohrlizenzen gesichert.

"Die Ausbeutung der Tiefsee geschieht hier in skrupelloser Wildwestmanier," sagt Christoph Lieven, Öl-Experte bei Greenpeace Deutschland. Ohne Bohr-Erfahrungen in arktischen Gewässern wird hier im Meeresboden herumgestochert. Für mögliche Unfälle ist keine ausreichende Vorsorge getroffen worden. Notfallpläne, sofern sie existieren, werden geheim gehalten.

Greenpeace fordert seit Jahren ausreichenden Schutz für die Arktis. Chronische Meeresverschmutzungen sind bereits durch den alltäglichen Förderbetrieb und kleinere Unfälle die traurige Regel - so auch in der Nordsee. "Gründe zur Sorge um die ökologisch hoch sensible Arktis gibt es reichlich", sagt Lieven. Er zählt auf:

  • Die Bohrsaison ist kurz. Der arktische Winter kommt schnell und die Eiseindickung macht Primärbohrungen und Entlastungsbohrungen unmöglich.

  • Ein Ölunfall wie im Golf von Mexico ohne sofortige Entlastungsbohrung könnte zu einem Ölaustritt führen, der lange unbemerkt verläuft und unter einer dicken Eisschicht eingeschlossen ist.

  • Solch ein Unfall würde in den niedrigen Arktistemperaturen zu einer weitaus längeren Regenerationsphase führen. Die Folgen der Ölpest der Exxon Valdez in Alaska sind über zwanzig Jahre später immer noch sichtbar.

Christoph von Lieven betont: "Grönlands UreinwohnerInnen, die Inuit, befürchten die Zerstörung ihrer traditionellen Fischgründe. Die Ölbohrungen bedrohen zudem den Lebensraum von Blauwalen und Narwalen, Polarbären, Robben und Zugvögeln. Daß die grönländische und dänische Regierung diese Bohrungen überhaupt genehmigt hat, ist ein Skandal." Greenpeace fordert den Ausstieg aus den Tiefseebohrungen und eine weltweite Energiewende hin zu Energieeffizienz und erneuerbaren Energien.

Die Polizei kündigte an, die Greenpeace-AktivistInnen festzunehmen.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      Golf von Mexiko - BP versiegelt Öl-Bohrloch
      Auswirkungen der Ölpest noch mindestens 10 Jahre (4.08.10)

      BP lernresistent
      Offshore-Ölbohrung im Mittelmeer geplant (22.07.10)

      Öl-Katastrophe im Golf von Mexiko
      Tritt weiterhin Öl aus?
      Schadenersatz-Klagen nach Anti-Mafia-Gesetz (19.07.10)

      Öl-Katastrophe im Golf von Mexiko
      Bohrloch provisorisch abgedichtet (17.07.10)

      Super-GAU im Golf von Mexiko?
      Der Meeresboden kann aufbrechen (30.06.10)

      Ölkatastrophe im Golf von Mexiko
      Sichtbare Spitze eines verbrecherischen Systems (30.05.10)

      Havarie der Bohrinsel im Golf von Mexiko
      weitet sich zu Katastrophe aus (30.04.10)

      Peru: Öl-Konzern Repsol plant Ausbeutung im Regenwald
      Indigene und Ökosystem bedroht (20.04.10)

      Ölpest bedroht Weltnaturerbe
      Schiffs-Havarie am Great Barrier Reef (5.04.10)

      Obama verspricht
      Bau neuer Atomkraftwerke in den USA (30.01.10)

      "Friedens"-Präsident Obama erhöht Militär-Etat
      Neuer Weltrekord: 680 Milliarden US-Dollar (29.10.09)

      Öl-Katastrophe vor Australien
      Artenreiche Meeresregion bedroht (23.10.09)

      Obama erhöht den US-Kriegsetat
      Größtes Militär-Budget der Weltgeschichte (8.04.09)

      Ölpest vor Australien
      weitaus größer als zunächst gemeldet (15.03.09)

      Barack Obama und das Nadelöhr
      Ist von Obama anderes zu erwarten als von Bush? (9.10.08)

      US-Gericht entscheidet nach 19 Jahren
      über Tanker-Katastrophe Exxon Valdez
      Exxon-Konzern verdient am Unglück (7.07.08)

 

neuronales Netzwerk