14.04.2014

Pulitzerpreis für Snowden-Enthüllungen
an Guardian und Washington Post

Pulitzer-Preis 2014 - Collage: Samy
Ein wenig Medienfreiheit ist in den USA und Großbritannien noch vorhanden. Während sich fast alle Mainstream-Medien staatstragend gaben, erfüllten der britische Guardian und die Washington Post ihre journalistische Pflicht und informierten über die durch den Whistleblower Edward Snowden enthüllten Rechtsbrüche des US-Geheimdienstes NSA. Nun erhielten sie hierfür den begehrten Pulitzerpreis.

Die New Yorker Columbia Universität, welche den Pulitzerpreis vergibt, gab heute bekannt, daß die US-Ausgabe des Guardian und die Washington Post die unter JournalistInnen nahezu als Nobelpreis geschätzte Auszeichnung in der Hauptkategorie "Dienst an der Öffentlichkeit" für ihre Veröffentlichungen zur NSA-Affaire erhalten. In der Begründung heißt es, die Zeitungen hätten durch ihre Berichterstattung einen herausragenden Beitrag geleistet, die Öffentlichkeit über die massenhaften Abhörtechniken des US-Geheimdienstes NSA aufzuklären. Beide Zeitungen hatten Geheim-Dokumente veröffentlicht, die sie von Snowden erhalten hatten.

Diese Vergabe des Pulitzerpreises bedeutet für die US-Regierung unter Barack Obama einen Affront, da sie starken Druck ausgeübt hatte, um die angelsächsischen Mainstream-Medien ausnahmslos zu einem Stillschweigen über die Verfehlungen der NSA zu bewegen. Nach wie vor setzt die US-Regirung alles daran, Snowden habhaft zu werden. Dieser müßte bei einer Auslieferung in die USA - ähnlich wie Julian Assange (siehe unseren Artikel v. 18.02.14) - um sein Leben fürchten. Auch die britische Regierung ließ nichts unversucht - unter anderem mit der Beschlagnahmung von Daten, die allerdings zuvor per Backup gesichert waren - die freie Berichterstattung zu unterbinden. Sie hatte Geheimdienst-MitarbeiterInnen in die Londoner Büros des Guardian entsandt, wo sie die Zerstörung von Computer-Festplatten überwachen mußten.

In ihrer Begründung für die Preisvergabe lobt die Columbia Universität unter anderem, der Guardian habe mit seiner "aggressiven Berichterstattung" eine "Debatte über das Verhältnis zwischen der Regierung und der Öffentlichkeit über die Themen Sicherheit und Privatsphäre" ausgelöst. Auch die Washington Post habe mit "zuverlässigen und aufschlussreichen Berichten" das öffentliche Bewußtsein von den NSA-Überwachungsprogrammen wachgerüttelt.

Die Washington Post gewann den Pulitzerpreis für Artikel, die Barton Gellman und Laura Poitras geschrieben hatten - der britische Guardian erhielt ihn für Artikel von Glenn Greenwald, Ewan MacAskill und ebenfalls Laura Poitras. Alle vier stützten sich dabei hauptsächlich auf Geheim-Dokumente aus dem Snowden-Fundus. Greenwald, Poitras und MacAskill hatten Snowden in Hongkong getroffen (Siehe auch unseren Artikel v. 7.06.13). Poitras freute sich über den Preis: "Es ist eine Würdigung von Snowdens Mut, eine Rehabilitation seiner Courage und seines Strebens, die Öffentlichkeit über das Tun der Regierung zu informieren."

Alan Rusbridger, Chef-Redakteur des Guardian, sagte: "Wir sind insbesondere unseren Kollegen in aller Welt dankbar, die den Guardian unter Bedingungen unterstützten, als unserer Berichterstattung beinahe die Luft abgedreht wurde. Und wir teilen diese Ehre nicht nur mit den Kollegen von der Washington Post, sondern auch mit Edward Snowden, der für den Dienst an der Öffentlichkeit so viel riskiert hat und was heute durch die Verleihung dieses renommierten Preises anerkannt wurde.“

Edward Snowden, der sich seit nahezu einem Jahr in Rußland versteckt halten muß, übermittelte seine Glückwünsche und seinen Dank. Barton Gellman, Laura Poitras, Glenn Greenwald und Ewan MacAskill hätten trotz außergewöhnlicher Einschüchterungen mutig weitergearbeitet, obwohl sie etwa gezwungen worden waren, Daten zu zerstören, und obwohl gegen sie zu Unrecht die Anti-Terror-Gesetze angewandt worden waren.

Die zum 98. Mal vergebenen Preise gelten als wichtigste Medien- und Kulturauszeichnungen der USA und werden insgesamt in 21 Kategorien verliehen: 14 für journalistische und sieben für künstlerische Arbeiten, darunter Literatur, Drama und Musik. Das Preisgeld beträgt jeweils 10.000 Dollar. Der Gewinner des Hauptpreises Dienst an der Öffentlichkeit, der traditionell an Zeitungen und nicht an Einzelpersonen verliehen wird, bekommt eine Goldmedaille.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      Geheimdienst im Schlafzimmer
      GCHQ schnüffelt in Millionen privater Webcams (27.02.14)

      Snowden-Fundus:
      NSA bespitzelt Wikileaks
      Julian Assange auf Todesliste (18.02.14)

      Snowden-Fundus:
      NSA bespitzelte US-Anwaltskanzlei (16.02.14)

      CCC erstattet Anzeige gegen Bundesregierung
      wegen NSA-Schnüffelei (3.02.14)

      Trojaner in japanischem AKW
      Schneller Brüter Monju befallen (17.01.14)

      Yahoo! Malware hilft NutzerInnen auszuspähen
      ...und alles gratis! (5.01.14)

      Geheim-Akte aus Snowden-Fundus:
      Wie NSA Trojaner in Computer einschleust (30.12.13)

      Geheim-Akte aus Snowden-Fundus:
      Daten-Kabel zwischen Europa und Asien angezapft
      (29.12.13)

      CCC-Kongress in Hamburg
      Kampf gegen Geheimdienste (28.12.13)

      NSA ortet täglich den Standort
      von fünf Milliarden Mobiltelefonen (5.12.13)

      Zwei Millionen Paßwörter kopiert
      Facebook, Google & Co betroffen (5.12.13)

      Vodafone unsicher
      Hacker veröffentlichen 70.000 SMS (1.12.13)

      FBI behauptet: Pentagon, IT-Abwehr
      und Atom-Ministerium gehackt (17.11.13)

      NSA-Bespitzelung: Obama noch unbeliebter
      als George W. Bush (8.11.13)

      Obama ahnungslos?
      Wußte er weniger als Merkel? (1.11.13)

      Wie die NSA eMails bei Gmail und Co.
      mitlesen kann (30.10.13)

      "Stop watching us"
      Demo in Washington für Freiheit statt Angst (26.10.13)

      Virus ab Werk
      Smartphones mit Windows-Wurm (24.10.13)

      Französische Regierung von NSA bespitzelt
      US-Botschafter "einbestellt" (21.10.13)

      Erneut Panikmache
      Bluff zur Einführung der eGesundheitskarte (18.10.13)

      Internet-Schnüffelei
      BND zapft deutsche Provider an (7.10.13)

      Adobe gehackt
      Zugriff auf Quellcodes von ColdFusion und Acrobat (4.10.13)

      Bluff mit eGesundheitskarte
      Druck auf Unwillige scheinbar erhöht (2.10.13)

      Internet-Schnüffelei
      GCHQ bespitzelt ganz Europa (28.08.13)

      Witz der Woche
      "Gilt auf deutschem Boden deutsches Recht?" (21.08.13)

      Größter Daten-Skandal der Nachkriegszeit
      Millionen PatientInnen und ÄrztInnen ausgespäht (18.08.13)

      Washington Post deckt auf:
      NSA hat doch US-Recht gebrochen (16.08.13)

      Snowden beibt vorerst in Rußland
      "Keine Auslieferung an USA" (1.08.13)

      "Stop watching us"
      Bundesweit Demos gegen Geheimdienst-Schnüffelei (27.07.13)

      Big Brother hört mit
      Hintertür per SIM-Karte (21.07.13)

      Microsoft half offenbar bei Schnüffelei
      und unterstützte NSA
      beim Umgehen von Verschlüsselungen (12.07.13)

      Snowden entwischt
      Whistleblower flieht nach Ecuador (23.06.13)

      Snowden: Britischer Geheimdienst GCHQ
      spitzelt noch extremer als NSA (17.06.13)

      Prism ist nichts Neues
      Whistleblower macht latenten Skandal publik (7.06.13)

      Big Brother wächst
      Bundesrat macht Weg frei für Überwachungs-Staat (3.05.13)

      "Anti-Terror-Datei"
      Urteil der Bundesverfassungsgerichts
      ebnet Weg zu neuer Gestapo (25.04.13)

      Big Brother liest mit
      Allein im Jahr 2011: 2,9 Millionen eMails und SMS (5.04.13)

      Witz der Woche
      Privatsphäre bei facebook (4.07.12)

      Dein Handy, der Bewegungsmelder
      Mobilfunkanbieter speichern illegal (18.06.12)

      Schaar: Mit Staats-Trojaner
      wurden Grundrechte verletzt (16.02.12)

      Max-Planck-Institut:
      Vorratsdatenspeicherung völlig ineffektiv (27.01.12)

      Sicherheitslücke bei Apple entdeckt
      IT-Sicherheitsexperte ausgesperrt (9.11.11)

      Trojaner-Skandal weitet sich aus
      "Big Brother" kann noch mehr (19.10.11)

      0zapftis
      CCC analysiert "Bundes-Trojaner"
      Verfassungsignoranz und Dilettantismus (8.10.11)

      Vorratsdatenspeicherung
      Schünemann bestätigt KritikerInnen (6.06.11)

      Daten-Skandal
      Schnüffel-Software in Apples iPhone (21.04.11)

      Big Brother Award 2011 für
      Facebook, Apple und Daimler (1.04.11)

      EU mit Appetit auf Passagier-Daten
      Speicherung angeblich zum Zweck der Terrorabwehr (3.02.11)

      google und Zensur
      Deutschland weit vorne (21.04.10)

      Bundesverfassungsgericht:
      Vorratsdatenspeicherung war verfassungswidrig (2.03.10)

      CCC: Handys abhören leicht möglich
      Sicherheitsexperte knackt Mobilfunk-Code (29.12.09)

      Mielke geistert weiter durch deutsche Telefone
      Zahl der Abhör-Aktionen steigt dynamisch (23.09.09)

      Bundesverfassungsgericht stoppt Wahl-Computer
      Die Manipulierbarkeit von elektronischen Speichersystemen,
      'Wikipedia' und Internet-Umfragen (3.03.2009)

      Barack Obama und das Nadelöhr
      ... anderes zu erwarten als von Bush? (9.10.2008)

 

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