Ausweg für den Iran?
Die Regierungs-Chefs des Iran, der Türkei und Brasiliens haben einen Atom-Deal vereinbart, der einen Ausweg aus dem sich zuspitzenden Konflikt um die nuklearen Ambitionen des iranischen Mullah-Regimes weisen könnte. Die Regierungen der USA und etlicher Satellitenstaaten unterstellen dem Iran seit Jahren, mit seinem Atomenergie-Programm insgeheim den Besitz der Atombombe anzustreben.
Die drei Staats-Chefs Luiz Inacio "Lula" da Silva (Brasilien), Recep Tayyip Erdogan (Türkei) und Mahmud Ahmadinedschad (Iran) haben vereinbart, daß 1200 Kilogramm schwach angereichertes Uran aus dem Iran in die Türkei geliefert werden, die innerhalb eines Jahres verbindlich gegen 120 Kilogramm höher angereichertes Uran ausgetauscht werden sollen. Nach offiziellen Angaben benötigt der Iran das auf 20 Prozent angereicherte Uran als Brennstoff für einen Reaktor in Teheran, in dem Isotope für die Behandlung von Krebspatienten produziert werden.
Der nun vereinbarte Umtausch würde damit die Bedingungen erfüllen, die von der internationalen Atomenergie-Agentur IAEA bereits vorgeschlagen worden waren. Die iranische Regierung hatte sich jedoch bislang geweigert, dem Umtausch auf russischem oder französischen Boden zuzustimmen, da bei einem solchen Deal keine verbindliche Frist für den Umtausch garantiert werden sollte.
Bei dem Atom-Deal mit Brasilien und der Türkei wurde nun die verbindliche Frist von einem Jahr vereinbart. Sollte der Austausch nicht innerhalb dieser Frist zustande kommen, ist die Türkei verpflichtet, die gelieferten 1200 Kilogramm Uran "zügig und bedingungslos" an den Iran zurückgeben. Mit diesem Passus trägt der Atom-Deal dem iranischen Wunsch nach "objektiven Garantien" gegen einen westlichen Betrug Rechnung. Der Iran hatte in der Vergangenheit des öfteren schlechte Erfahrungen mit der Einhaltung von Verträgen gemacht. So hatten etwa französische und deutsche Unternehmen abgeschlossene Verträge 1979 nach dem Sturz des Schah-Regimes platzen lassen und vom Iran bereits bezahlte Gelder nicht zurückerstattet.
Welche Ziele der als Sozialist firmierende brasilianische Präsident verfolgt, ist schwer einzuschätzen. Offensichtlich ist jedoch, daß "Lula" sich aus der Isolation befreien will, in die er sich brachte, nachdem er sich öffentlich zu dem Ziel einer brasilianischen Atombombe bekannte. Seit 2007 versucht "Lula" eine "Renaissance der Kernenergie" in Brasilien voranzutreiben. Auch die türkische Regierung hat kürzlich angekündigt, drei Atomkraftwerke mit russischer Hilfe bauen zu wollen. Noch in diesem Jahr soll der Bau der ersten Anlage in Akkuyu beginnen, wenn alles nach den Plänen des Energieministeriums läuft. Der Widerstand im Land ist jedoch nicht unbeträchtlich, da infolge der Reaktor-Katastrophe von Tschernobyl bis heute eine deutlich erhöhte Krebsrate in der türkischen Region am Schwarzen Meer zu verzeichnen ist.
Neben dem Atom-Deal haben Brasilien und Iran auch eine wirtschaftliche Kooperationen in Milliardenhöhe beschlossen. Das Handelsvolumen der beiden Länder soll künftig auf das Fünffache, rund 10 Milliarden US-Dollar gesteigert werden. Lula gab gestern, Sonntag, bekannt, daß insbesondere brasilianische Lebensmittel-Exporte in den Iran gesteigert werden sollen. Als Gegengeschäft sollen brasilianische Firmen an der Modernisierung des iranischen Ölsektors beteiligt werden.
Historische Erfahrungen belegen, daß noch jeder Staat, der mit dem Bau von Atomkraftwerken begann, letztlich versuchte, in den Besitz der Atombombe zu gelangen. Gerade die USA oder auch Israel sind der beste Beweis für die dem iranischen Regime unterstellten schlechten Absichten. Mittlerweile zählen mehr oder weniger offiziell die Regierungen von neun Staaten zum Atomwaffen-Club: die der USA, Rußlands, Großbritanniens, Frankreichs, Chinas, Israels, Indiens, Pakistans und Nordkoreas. Und trotz Hoffnung verbreitender Ankündigungen, das US-amerikanische Atomwaffen-Arsenal reduzieren zu wollen, deutet das Handeln des Präsidenten Barack Obama in eine andere Richtung als seine Worte: In den kommenden zehn Jahren werden insgesamt 80 Milliarden US-Dollar (64 Milliarden Euro) für die Modernisierung der US-amerikanischen Atomwaffen zur Verfügung gestellt.
Die Durchsetzung schärferer Sanktionen gegen Iran, für die Barack Obama im UN-Sicherheitsrat wirbt, dürfte nach dem iranisch-brasilianisch-türkischen Atom-Deal wenig Chancen haben. Erste Reaktionen aus den westlichen Hauptstädten lassen jedoch darauf schließen, daß die USA und die EU ihren Konfrontationskurs fortsetzen wollen. Wie schon zuvor wies der iranische Außenminister Manutschehr Mottaki einmal mehr darauf hin, daß der Iran Unterzeichner des Atomwaffensperrvertrages sei und sich an dessen Regelungen halte, die jedem der Unterzeichner-Staat erlaubten, Atomenergie für zivile Zwecke zu nutzen. Das "geistliche Oberhaupt" des Iran, Ayatollah Ali Chamenei, hatte am 18. Februar im iranischen TV erklärt, sein Land strebe nicht nach der Atombombe. Auch der iranische Präsident hat in den vergangenen Jahren mehrfach öffentlich beteuert, der Iran habe nicht die Absicht, eine Atombombe zu bauen.
Das iranische Dementi wäre jedoch - wie bei jeder anderen Regierung auch - erst dann glaubwürdig, wenn die iranische Regierung auf die "friedliche" Nutzung der Atomenergie verzichtet. Dieses Argument gewinnt insbesondere vor dem Hintergrund an Gewicht, daß der Iran zum einen über gigantische Vorräte an Erdöl verfügt und derzeit der weltweit viertgrößter Erdölproduzent ist, und zum anderen über das Potential verfügt, innerhalb weniger Jahre seinen gesamten Energiebedarf aus erneuerbaren Energien zu decken.
REGENBOGEN NACHRICHTEN
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel zum Thema:
Abrüsten durch Aufrüsten?
Obama gibt 80 Milliarden US-Dollar für Atomwaffen (15.05.10)
Die Gefahr einer iranischen Atombombe
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bei französischen Atombomben-Tests (17.02.10)
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Info-Serie Atomenergie - Folge 4