6.09.2007

Sieg gegen Berufsverbot

Nach vier Jahren Kampf bekommt Linker eine Stelle als Lehrer

Nach rund vier Jahren Berufsverbot gegen Michael Csaszkóczy gibt das Land Baden-Württemberg nach. Kurz vor Beginn des neuen Schuljahres hat der 37-Jährige ein Stellenangebot für eine Realschule in Eberbach bei Heidelberg erhalten. Der Heidelberger Lehrer für Geschichte, Deutsch und Kunst will die Stelle annehmen.

Michael Csaszkóczy, der sich derzeit im Urlaub befindet, wurde von seinem Anwalt per SMS vom Sieg gegen das Berufsverbot informiert. Er ließ seinen Dank für die jahrelange Solidarität ausrichten. Sowohl das Bundesland Baden-Württemberg als auch das Bundesland Hessen hatten nach Bewerbungen Csaszkóczys jahrelang dessen Einstellung als Realschullehrer verhindert und sich dabei allein auf unbewiesene Behauptungen des baden-württembergischen Geheimdienstes "Verfassungsschutz" berufen. Zuletzt hatten sowohl das hessische Verwaltungsgericht in Darmstadt und der baden-württembergische Verwaltungsgerichtshof Mannheim das Berufsverbot als rechtswidrig verworfen.1

Selbst das für Heidelberg zuständige Regierungspräsidium in Karlsruhe hatte eingeräumt, daß Michael Csaszkóczy "Zivilcourage und einen friedliebenden Charakter" habe. In der Urteilsbegründung wurden die "Erkenntnisse" des baden-württembergischen Geheimdienstes, der Csaszkóczy seit 1992 bespitzelt hatte, zerpflückt: Es sei nicht nachvollziehbar, daß "die bloße Teilnahme an Veranstaltungen und Demonstrationen, die ersichtlich ebenso vom Grundgesetz gedeckt ist wie die freie Meinungsäußerung, überhaupt erwähnt wird." Besonders erfreulich war auch das Engagement von vier Schülerinnen, die nach dem Referendariat Csaszkóczys bereits im Jahr 2004 innerhalb kürzester Zeit 560 Protest-Unterschriften gegen das Berufsverbot gesammelt hatten.

Zeitweilig sah es so aus, als wolle sich Baden-Württemberg über das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim, des obersten Verwaltungsgerichts für das Land Baden-Württemberg hinwegsetzen. Obwohl das Urteil bereits im März veröffentlicht worden war, ließen die Behörden Monat um Monat verstreichen, um nun wenige Tage vor Beginn des neuen Schuljahrs doch noch den Rückzug anzutreten.

"Unser Einsatz gegen das letzte Berufsverbot gegen einen Lehrer in Deutschland war erfolgreich" , teilte der Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Rainer Dahlem mit. "Wir freuen uns, daß das Kultusministerium endlich eingesehen hat, daß das Berufsverbot ein Rückfall in eine unrühmliche Politik der 1970er Jahre war." Das Kultusministerium unter dem Schavan-Nachfolger Rau erklärte lapidar: "Man hat sich an die Vorgaben des Urteils gehalten." Csaszkóczy werde ins Angestelltenverhältnis übernommen. Er habe aber eine sichere Perspektive auf Verbeamtung.

Der Sieg gegen das Berufsverbot ist zugleich eine Blamage für die Bundesregierung, die sich erst kürzlich hinter dessen Initiatorin, die damalige baden-württembergische Kultusministerin und jetzige Bildungs- und Forschungs-Ministerin Annette Schavan gestellt hatte.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

Siehe auch unsere Beiträge zum Thema

      Berufsverbote: Bundesregierung
      ignoriert Menschenrechte (9.08.07)

      Berufsverbot gegen Heidelberger Lehrer
      Auch hessisches Gericht bestätigt Rechtswidrigkeit (2.08.07)

      Wie hält es die Bundesregierung
      mit dem Berufsverbot und europäischem Recht? (31.07.07)

      Berufsverbot von Gericht aufgehoben
      Michael Csaszkóczy darf Lehrer werden (14.03.07)

      Datenschutzbeauftragter interveniert
      zugunsten von baden-württembergischem Berufsverbotsopfer
      (15.08.06)

      Berufsverbot auf Hessen ausgeweitet
      Schulleiter spricht sich für Berufsverbotsopfer aus (21.02.06)

      "Rot-Grün" für Berufsverbot?
      Bundesregierung übernimmt Argumentation von
      Kultusministerin Schavan (18.05.05)

      Hamburger Solidarität für ba-wü Berufsverbots-Opfer (25.11.04)

      Interview mit dem Heidelberger Berufsverbots-Opfer
      Michael Csaszkóczy (4.11.04)

      Protest gegen das Berufsverbot für Michael Csaszkóczy (3.08.04)

      Berufsverbotsverfahren gegen Realschullehrer in Heidelberg
      (11.02.04)

      Berufsverbote
      - Auch 32 Jahre nach dem Radikalenerlaß keine Entschädigung
      für Opfer (28.01.04)

 

 

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