Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Dank Josef Ackermann wird heute abend 22.15 Uhr in der ZDF-Sendung "Maybrit Illner" eingestehen, daß "angesichts der Finanzmarktkrise" auch die Deutsche Bank mit "Ergebnisbelastungen" rechnen müsse. Dies geht aus einem vorab veröffentlichten Mitschnitt hervor. Außerdem wird Ackermann einen "Verzicht auf Neueinstellungen" ankündigen.
Mit diesen Äußerungen setzte Ackermann den Kurs der Deutsche-Bank-Aktie bereits heute (Donnerstag) kräftig unter Druck. In der Spitze fiel der Kurs um mehr als 3 Prozent. Er erholte sich ein wenig, nachdem die Investmentbank Goldman Sachs Quartalszahlen bekanntgab, die über den Erwartungen lagen.
Als Grund für mögliche Verluste nannte Ackermann: "Wir haben uns sehr stark engagiert bei großen Akquisitionsfinanzierungen. Wir haben dort ein Volumen von über 29 Milliarden Euro."1 Weil diese Kredite nicht mehr plaziert werden könnten, müßten sie nun anders bewertet werden, und "das belastet unsere Erfolgsrechnung im dritten Quartal", erläuterte er. "Wir korrigieren jetzt die Werte all dieser Kreditversprechungen über die nächsten neun Monate." Nach sehr optimistischen Schätzungen von JP-Morgan-Analysten müßten 2,5 Prozent dieses Kreditvolumens abgeschrieben werden - eine Summe von 725 Millionen Euro. Sollte die Deutsche Bank die offenen Forderungen auch nur um 3 Prozent oder mehr abwerten müssen, käme es schnell zu Milliardenabschreibungen. Die US-Großbank Morgan Stanley gilt
als schwer getroffen, nachdem sie dieser Tage eine Abschreibung von einer Milliarde US-Dollar im dritten Quartal bekanntgeben mußte.
Auf drängende Fragen von AnalystInnen und JournalistInnen, wie stark denn die Deutsche Bank von möglichen Kreditrisiken betroffen sei, hält sich das Institut aber weiterhin mit klaren Aussagen zurück. Noch Anfang September hatte Ackermann keck erklärt, in den Bereichen Handel und Unternehmensfinanzierung hätte die Bank im August "gute Geschäfte" gemacht. Und Dank eines "strikten Risikomanagements" habe man die "Kreditrisiken gut unter Kontrolle". Überheblich hatte er gesagt, andere Banken hätten ein "zu großes Rad" gedreht, manche "ihre Kompetenzen schlicht überschätzt."
Ackermann lehnte auf eine entsprechende Frage Illners hin ab, mitverantwortlich für die Schieflage der IKB Deutsche Industriebank zu sein, die eine gemeinsame Rettungsaktion von Bundesregierung und Bankenverband erforderlich gemacht hatte. Bei Privatkunden sei es natürlich "Teil der Beratung", vor finanziellen Schwierigkeiten zu warnen. Bei Banken als Kunden sei dies aber schwierig, weil diese eigene Aufsichtsorgane und ein eigenes Management hätten. "Wir würden damit nicht gerade viele Freunde gewinnen." Auf den Vorwurf Maybrit Illners, die Deutsche Bank habe gut an der Krise der IKB verdient, entgegnete Ackermann: "Ja, wir haben Produkte verkauft." Man sei aber da nicht in vorderster Front gewesen.
Auf die Frage, ob auch in Deutschland bald wie in Großbritannien die Menschen Schlange stehen, um ihr Geld wie bei der in Schieflage geratenen Bank Northern Rock abzuheben, antwortete Ackermann: "Gott sei Dank sehen wir die nicht." Zur Begründung meinte er arrgonat: "Ganz einfach, weil wir gut sind." Anschließend lieferte er noch zwei Gründe nach: Die deutschen Banken seien gut rekapitalisiert, weil sie sich mehr über die Einlagen der Kunden refinanzierten als die britischen Banken. "Wir haben natürlich auch am Schluß Einlagensicherungsinstrumente, die viel weitergehen, als es in England der Fall ist."
Die Folgen des "plötzlichen Schwächeanfalls" des Finanzsystems sind nach Ackermanns Worten noch nicht ausgestanden. Man sei nach wie vor in einer schmerzhaften Korrekturphase. Dennoch versuchte er Zuversicht zu verbreiten: "Ich gehe davon aus, daß keine großen Zeitbomben ticken."
Das gewöhnlich gut unterrichtete Finanzblatt 'Manager Magazin' wertet Ackermanns "offenes Geständnis im Abend-TV" als Hinweis, daß sich "die Lage - trotz oder gerade wegen der mittlerweile bekannten Kreditvolumina - für die Banken künftig noch verschärfen wird." Auch die Commerzbank schließt mittlerweile höhere Belastungen aus ihrem Kreditengagement nicht mehr aus, bleibt aber ebenfalls genaue Angaben schuldig. Die Berichte der deutschen Banken zum dritten Quartal lassen noch ein paar Wochen auf sich warten.
REGENBOGEN NACHRICHTEN
Anmerkungen
1 Dies war allerdings bereits bekannt. Siehe unseren gestrigen Artikel (19.09.07)
Morgan Stanley von Banken-Krise schwer getroffen
Abschreibung von einer Milliarde US-Dollar im dritten Quartal
(19.09.07)
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