Hunderttausende protestierten in Madrid und in weiteren über 80 spanischen Städten gegen den Sozialabbau des PP/PSOE-Kartells und die EU-Gelder zur Rettung der spanischen Banken. Auch die mit den Parteien verfilzten Gewerkschaften können einen Generalstreik nicht mehr lange aufhalten.
Auf Transparenten und selbstgeschriebenen Plakaten der DemonstrantInnen ist am häufigsten zu lesen: "Nein zu den Kürzungen" und "Ihr habt uns ruiniert". Damit ist keineswegs allein die seit einem halben Jahr regierende PP des als konservativ firmierenden Ministerpräsidenten Mariano Rajoy gemeint, sondern ebenso die pseudo-sozialistische PSOE. Denn die PSOE hatte unter Ministerpräsident José Zapatero dieselbe neoliberale Politik des Sozialabbaus und der Kürzungen im Auftrag des internationalen Finanzkapitals exekutiert (siehe auch unseren Artikel vom 21.11.11). Nicht vergessen ist auch, daß Zapatero vor seiner Wiederwahl im März 2008 einen Atom-Ausstieg versprochen hatte und dieses Versprechen im Juli 2009 brach. Da die PP-Regierung im Parlament über eine absolute Mehrheit verfügt, konnte die PSOE gegen die Kürzungs-Beschlüsse votieren. Doch zumindest unter den DemonstrantInnen weiß eine Mehrheit, was von solchen Lippenbekenntnissen zu halten ist.
Allein in der Hauptstadt versammelten sich Hunderttausende, um wie im vergangenen Jahr "Democracia real ya!" (Echte Demokratie sofort!) zu fordern. Die Polizei setzte Gummigeschosse und Schlagstöcke ein. Offensichtlich soll insbesondere verhindert werden, daß der zentral gelegene Platz Puerta del Sol wie im Mai vergangenen Jahres erneut besetzt wird. Zu unangenehm ist der herrschenden Elite der naheliegende Vergleich dieser Platzbesetzung mit jenen in den nordafrikanischen Staaten, wo die Menschen ebenfalls versuchten, die undemokratischen Eliten zu stürzen.
Am Donnerstag war die Beteiligung an den Protesten am höchsten. In Madrid waren 800.000 und in Barcelona 400.000 Menschen auf der Straße. Nachdem bereits vor einer Woche Zehntausende demonstrierten, hatten die beiden großen spanischen Gewerkschaften CCOO und UGT diesmal ebenfalls zu den Protesten aufgerufen, um nicht völlig die Kontrolle über ihre Basis zu verlieren. Sie drohen der Regierung nun zwar auch mit dem Generalstreik, verhandeln aber zugleich mit dieser über die Forderung nach einem Referendum. Dabei soll die Bevölkerung über die aktuellen Kürzungspläne abstimmen. Am Donnerstag war ohne Debatte ein weiteres "Spar"-Paket im Parlament durchgewunken worden, mit dem der Haushalt bis Ende 2014 um 65 Milliarden Euro entlastet werden soll. Mittlerweile sind in Spanien laut offizieller Statistik 5,6 Millionen Menschen - fast 25 Prozent der Erwerbstätigen - arbeitslos. Die Gewerkschaften setzen bei den Verhandlungen mit der Regierung darauf, daß es - wie in Griechenland mit der Wahl im Juni - gelingt, eine Mehrheit für den Regierungskurs zu organisieren.
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
Greenpeace-Aktivist landet auf
spanischem AKW Garoña (6.06.12)
Spaniens beschleunigter Niedergang
trotz Milliardenhilfen im November (19.04.12)
PP löst PSOE ab
Spanien bleibt schwarz (21.11.11)
Spanien pleite
Zapatero bittet um Milliarden-Euro-Hilfe (17.11.11)
"Democracia real ya!"
Protest sucht neue Widerstandsformen (19.06.11)
"Democracia real ya!"
Proteste gehen nach der Wahl weiter (29.05.11)
"Democracia real ya!"
SpanierInnen setzen sich über Demo-Verbot hinweg (21.05.11)
Spanien: "Democracia real ya!"
Puerta del Sol von Polizei geräumt (18.05.11)
Massenproteste in Spanien
"Democracia real ya!" (16.05.11)
Spanien-Pleite in Sichtweite
Wann fällt der nächste Domino-Stein? (14.06.10)
AKW-Laufzeitverlängerung in Spanien
"Sozialistischer" Regierungs-Chef Zapatero
bricht Wahl-Versprechen (3.07.09)
AKW-Unfall in Spanien
Greenpeace ortet Radioaktivität bei Tarragona (8.04.08)