4.09.2011

Landtagswahl
Mecklenburg-Vorpommern bleibt schwarz

Erwin Sellering vor rosa Hintergrund Bei der sechsten von insgesamt sieben Landtagswahlen im "Superwahljahr" 2011 ergab sich wenig Neues: Die "Roten" erhielten mit 18,8 Prozent der Wahlberechtigten die meisten Stimmen und können mit dem amtierenden Ministerpräsidenten Erwin Sellering an der Spitze die Koalition mit den "Schwarzen" (12,2 Prozent) fortsetzen oder eine mit der "roten" Linkspartei (9,7 Prozent) eingehen. Am Kurs der Landespolitik der kommenden Jahre wird dies in keinem Fall etwas ändern. Die Wahlbeteiligung sank gegenüber 2006 (59 Prozent) angesichts des nahezu ununterscheidbaren Parteienangebots auf 52,8 Prozent. Der Anteil der NichtwählerInnen ist damit mehr als doppelt so hoch wie der des laut Mainstream-Medien beliebten West-Imports Sellering.

Hier zunächst das reale Wahlergebnis, das – im Gegensatz zu dem von den Mainstream-Medien veröffentlichten – den Anteil der NichtwählerInnen berücksichtigt:

 

reales
Wahlergebnis
veröffentlichtes
Wahlergebnis

NichtwählerInnen

47,2

 ---

"S"PD

18,8

35,6

"C"DU

12,2

23,2

Linkspartei

9,7

18,3

"Grüne"

4,4

8,4

Neo-Nazis

3,2

6,0

"F"DP

1,5

2,8

Das Wahlergebnis mit drastischen Stimmenverlusten für die "Schwarzen" und dem Aus für die "Gelben" ist offensichtlich einer breiten Ablehnung der Politik der Bundeskanzlerin Angela Merkel und des noch unbeliebteren Außenministers Guido Westerwelle geschuldet. Immer deutlicher wird, daß Merkel mit ihrem pragmatischen und unideologischen Kurs der Kompromisse einerseits ihre Stammkundschaft auf der Rechten vergrault hat und andererseits keine Sympathien auf der Linken gewinnen konnte und sich so zwischen die Stühle gesetzt hat. Immer deutlicher wird zugleich, daß "Schwarz-Gelb" angesichts auch der für Deutschland immer näher heranrückenden Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise keinen Ausweg aufzeigen kann.

Und ähnlich wie in den vorangegangenen Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz und Bremen vermied es der "schwarze" Spitzenkandidat krampfhaft, einen konfrontativen Wahlkampf zu führen und die Schwächen des Gegners auszunutzen. Die Mainstream-Medien konstatierten in den vergangenen Wochen einen "langweiligen" Wahlkampf.

Während in anderen Bundesländern nur davon geredet wird und ein angeblicher "Wirtschaftsexperte" wie der hessische Ministerpräsident Roland Koch mehrfach mit extremer Verschuldung gegen die Verfassung verstoßen hatte, realisierte der "rote" Sellering in den vergangenen Jahren eine Politik der Nullverschuldung. Da jedoch die fetten Jahre, in denen eine solche Konsolidierung des Haushalts noch zu verantworten und auch geboten gewesen wäre, längst der Vergangenheit angehören, lief Sellerings Konsolidierungskurs auf massiven Sozialabbau - nach dem Vorbild von "Rot-Rot" in Berlin - hinaus.

Das einzig verbliebene spannende Thema schien der Verbleib der Neonazi-Partei NPD im Schweriner Landtag zu sein. Doch angesichts des unglaubwürdigen und schwachen Bildes, das die etablierten Parteien - und darunter können in Mecklenburg-Vorpommern zweifellos auch Pseudo-Grüne und Linkspartei subsummiert werden - boten, ist es nicht verwunderlich, daß etliche ProtestwählerInnen dieser Partei, die mit ihrem eher lächerlichen Agieren im Landtag selbst bei einem großen Teil ihrer eigenen AnhängerInnen nur Kopfschütteln auslösen konnte, den Wiedereinzug ins Landesparlament ermöglichten. Offenbar ist die Bereitstellung des Parlaments als Tribüne, auf der sich die Neo-Nazis alle Mühe geben, sich selbst zu blamieren, die beste Methode, sie klein zu halten. Die Gefahr eines Wiederauflebens des Faschismus, wie sie die Antifa immer wieder heraufbeschwört, ist allenfalls gering. Auch das Agieren bürgerlicher Kreise bei Lichterketten gegen Aufmärsche von Neo-Nazis offenbart gelegentlich einen etwas hysterischen Charakter - zumal wenn dieselben Kreise kein Problem mit der Abschottung der Festung Europa und dem massenhaften Ertrinken von Flüchtlingen im Mittelmeer haben.

Die Linkspartei versucht aus einem geringen Plus an Prozenten einen positiven Trend zu saugen. "Der Pfeil zeigt eindeutig nach oben," meinte Linkspartei-Generalsekretärin Caren Ley in der "Berliner Runde". Sie täuscht damit darüber hinweg, daß die Linkspartei in den vergangenen Wochen die Chance vergab, die hochgekochten Tabu-Themen Mauerbau und Kuba offensiv anzugehen und mit der undogmatischen Linken eine offene Debatte über die in weiten Teilen der Linken nach wie vor ungeklärte Frage zu führen, wie der Begriff "Sozialismus" positiv definiert werden und wie er gegenüber dem Mißbrauch durch autoritäre Regime geschützt werden könnte. Stattdessen wurde die Diskussion zumindest parteiintern nach dem Schema altbekannter Formelkompromisse erstickt. Ohne eine solche Klärung verhallt das Lamento Oskar Lafontaines, die Linkspartei vergebe angesichts der wirtschaftlichen Zuspitzung gegenwärtig eine "historische Chance", und so wird die Linkspartei weiterhin keine Perspektive und keine Orientierung bieten können. Für manche KarrieristInnen in der Partei bleibt dies jedoch völlig uninteressant, da sie sich auch in einer 20-Prozent-Partei Pfründe und Ministersessel sichern können. Nur vor diesem Hintergrund sind Äußerungen zu verstehen wie etwa jene, daß "manche Diskussionen in der Partei zuletzt nicht förderlich" gewesen seien.

Auch die Pseudo-Grünen meinen, aus ihrem Ergebnis von real 4,4 Prozent (nominal 8,4) Honig saugen zu können. Es ist mal wieder von einer "historischen Zäsur" die Rede. Doch all zu bald wird die "Realpolitik" des "grünen" baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann für die Verbreitung der Erkenntnis sorgen, daß sich diese Partei nur beim Image von den anderen unterscheidet.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      Landtagswahl:
      Bremen bleibt schwarz (23.05.11)

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