24.10.2007

Bundesregierung
predigt Klimaschutz
und bremst Ökostrom

Zuwachs bei Blockheizkraftwerken mit Kraft-Wärme-Kopplung wird weiter blockiert

Während in Deutschland der Anteil von Kraft-Wärme-Kopplung an der gesamten Stromerzeugung gerade einmal 11 Prozent erreicht, zeigen Dänemark (53 Prozent) und die Niederlande (38 Prozent) bereits seit vielen Jahren, was im Bereich dieser Effizienztechnologie möglich wäre. Während in konventionellen Kraftwerken - in Kohlekraftwerken ebenso wie in AKWs - der Wirkungsgrad nur wenig über einem Drittel der eingesetzten Energie liegt, können beispielsweise dezentral plazierte Blockheizkraftwerke die eingesetzte Energie zu über 90 Prozent nutzen. Die Stadtwerke Rottweil haben dies bereits in den 1980er Jahren in vorbildlicher Weise gezeigt.

Wenig gefallen an der Kraft-Wärme-Kopplung zeigen die vier Energie-Konzerne E.on, RWE, Vattenfall und EnBW, die den deutschen Strommarkt beherrschen und die Energie-Politik bestimmen - ob von "Schwarz-Gelb" (vor 1998), von "Rot-Grün" (1998 bis 2005) oder von "Schwarz-Rot". Mit einer Technologie, die dezentral einsetzbar ist und sich ihrer Kontrolle entzieht, könnte die Markmacht der vier Oligopole gebrochen werden. Dezentrale Blockheizkraftwerke mit Kraft-Wärme-Kopplung könnten bahnbrechend wirken und so dabei helfen, auch die Blockade von Solarenergie und von Kleinwasserkraftwerken zu überwinden. Das wissen die Großen Vier sehr genau - und deshalb setzten sie seit über zwei Jahrzehnten alle Hebel in Bewegung, um den Fortschritt aufzuhalten.

Nun wurde von der deutschen Bundesregierung aktuell das Gesetz zur "Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung"1 novelliert. Noch im August hatten sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundes-"Umwelt"-Minister Sigmar Gabriel auf Schloß Meseberg der staunenden Öffentlichkeit als Avantgarde des Klimaschutzes präsentiert: Der Anteil der Kraft-Wärme-Kopplung an der Stromerzeugung solle bis zum Jahr 2020 auf 25 Prozent verdoppelt werden.2 Doch aus dem jetzt vorliegenden Entwurf ist ablesbar, daß die bestehende Blockade weiter aufrechterhalten werden soll.

Der Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung soll laut Gesetzentwurf jährlich mit 750 Millionen Euro gefördert werden. Zugleich jedoch wird die Atomenergie weiterhin jährlich mit über 7 Milliarden Euro subventioniert. Damit bei diesem Wettlauf mit ungleichen Startchancen nicht etwa vielleicht doch der Falsche das Rennen macht, hat "Schwarz-Rot" im Sinne der Großen Vier vorgesorgt: Eine über Jahre hin bei 750 Millionen Euro gedeckelte Fördersumme hat erfahrungsgemäß die Wirkung, das Wachstum zu hemmen. Doch die Bremser sitzen selbst im 'Bundesverband Karft-Wärme-Kopplung' (BKWK). So kommentierte der Präsident des BKWK, Dieter Attig: "Mehr ist in der derzeitigen politischen Konstellation einfach nicht drin." Und zugleich bescheinigt er resigniert: "Das Ziel, künftig 25 Prozent des Stroms in KWK zu erzeugen, ist mit dem vorliegenden Entwurf nicht erreichbar. Allenfalls um wenige Prozentpunkte" werde man mit dem neuen Gesetz voran kommen, aber "der große Durchbruch ist das nicht."

Als weitere Vorsichtmaßnahmen sind in den Gesetzentwurf folgende Regelungen eingebaut: Fördergelder sollen nur solche KWK-Anlagen erhalten, die ins öffentliche Netz einspeisen. Dem Laien fällt dies nicht unmittelbar als Fußangel auf. Doch auf diese Weise sind alle gewerblichen oder industriellen Anlagen schon mal aus dem Rennen, die Strom für den Eigenbedarf erzeugen könnten. Dies ist bereits der weitaus größte Teil des Spektrums, in dem KWK-Anlagen sinnvoll und effizient wären. Außerdem soll eine maximale Förderdauer für 20.000 Stunden Laufzeit festgeschrieben werden, die in der Regel nach vier Jahren vorbei abgelaufen sind. Dies ist für Investoren, die nicht etwa nach ideellen Gesichtspunkten ihr Geld vergeben, schlicht zu kurz.

Die klimaschondende Kraft-Wärme-Kopplung blickt mittlerweile auf eine mehr als zwei Jahrzehnte währende Blockade-Politik zurück. Schon der legendäre Leiter der Stadtwerke Rottweil, Siegfried Rettich, mußte sich Ende der 1980er mit dem südwestdeutschen Stom-Oligopolisten und dessen politischen Stellvertretern herumschlagen. Schon zu Zeiten von "Scharz-Gelb", 1988, klagte der 'Deutsch Fachverband Solarenergie' unisono mit KollegInnen der Windenergiebranche: "Die Bundesregierung hat ihr politisches Versprechen, die regenerativen Energien zu fördern, nicht eingehalten." Derweil sagte der damalige Forschungsminister Heinz Riesenhuber (CSU) bereits Markteinführungshilfen aus öffentlichen Mitteln für die alternativen Energien zu, weil alle Projekte ausreichend erforscht seien.

Im September 1997 - ein Jahr vor dem Start von "Rot-Grün" - beschloß eine interministerielle Arbeitsgruppe der Bundesregierung den Ausbau der Karft-Wärme-Kopplung. Im Oktober 1998 schrieb die "rot-grüne" Bundesregierung dann in den Koalitionsvertrag, man werde "die Hemmnisse beseitigen, die heute den breiteren Einsatz der Kraft-Wärme-Kopplung behindern". Ungeachtet dessen wurde ein neues KWK-Gesetz bis April 2002 hinausgeschoben. Doch auch 2002 brachte keine Verbesserung. In Folge der anhaltenden Blockade konnte sich die Kraft-Wärme-Kopplung in Deutschland nur schleppend entwickeln.

Das in den vergangenen Monaten sprunghaft angewachsene Bewußtsein um die Gefahren der Klimakatastrophe und die immer schneller ansteigenden Ölpreise könnten nun allerdings dazu führen, daß die Blockade von Seiten der Energiekonzerne und ihrer politischen Statthalter durch ein verstärktes Engagement an der Basis, in Kommunen und Landkreises, durchbrochen wird.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

1 Siehe auch unseren Artikel:

      EEG:
      Trittin fördert die Atom-Konzerne (22.08.03)

2 Siehe auch unseren Artikel:

      Kabinettsklausur in Schloß Meseberg
      Ein Gipfel an Klima-Heuchelei (25.08.07)

Siehe auch unsere Artikel:

      Freiburger Schule zeigt Trittin
      wie's gemacht wird (18.12.03)

      Erneuerbare Energien mit gebremstem Wachstum (8.07.07)

      Ökosteuer wirkungslos
      Heuchelei beeindruckend (16.04.07)

      Anstieg beim Kohlendioxidausstoß
      Seit Jahren nur leere Versprechen (2.04.07)

      EU bremst Klimaschutz
      Die Ankündigung von Angela Merkel... (9.03.07)

      Für oder gegen die Stromkonzerne?
      Was treibt die Bundesregierung hinter den Kulissen? (7.01.07)

      Wachstum von Solarstrom auf niedrigem Niveau (13.03.04)

 

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