Gerichts-Urteile in Strafprozessen bauten in den USA jahrzehntelang auf Haar-Tests des FBI. Nach einer wissenschaftlichen Überprüfung mußte das FBI einräumen, daß diese Tests ebenso untauglich sind, wie über die Beschuldigten zu würfeln. In 32 Fällen spielte ein Haar-Test eine Rolle bei der Verhängung der "Todesstrafe".
Die Überprüfung erfolgte mit Hilfe der seit rund 15 Jahren etablierten DNA-Tests. Das Urteil fiel bei bislang überprüften 268 Fällen vernichtend aus: Die Ergebnisse der Haar-Test lagen auf Zufalls-Niveau. 26 der 28 ForensikerInnen beim FBI hatten fehlerhafte Gutachten verfaßt. In 32 der untersuchten Fälle wurden die Angeklagten zur "Todesstrafe" verurteilt. 14 von ihnen wurden durch Staatsbedienstete ermordet oder starben bereits im Gefängnis.
Schon seit vielen Jahren hatten die GegnerInnen der "Todesstrafe" Beweise dafür gesammelt, daß die Haar-Untersuchungen der US-amerikanischen Bundespolizei FBI untauglich waren. In aller Regel wurden bei solchen Untersuchungen am Tatort aufgefundene Haare mit denen der Angeklagten verglichen. Doch erst vor drei Jahren erklärten sich das US-Justizministerium und das FBI bereit, 268 Gerichts-Urteile aus der Zeit zwischen 1985 und 2000 zu überprüfen. In all diesen Fällen kam es zu Verurteilungen auf der Grundlage von Haar-Untersuchungen mit dem Mikroskop. Allerdings bedeutet das nicht, daß die Verurteilten allein oder vor allem wegen eines Haar-Gutachtens schuldig gesprochen wurden. In vier Fällen kam es schon in den vergangenen Jahren zu einem nachträglichen Revisions-Verfahren und zu einer Aufhebung des Urteils. Drei Männer wurden dabei freigesprochen, die schon viele Jahre im Gefängnis verbracht hatten.
Zweifel an der Wissenschaftlichkeit der FBI-Haar-Gutachten waren schon im Jahr 2009 laut geworden. Die Nationale Wissenschaftsakademie hatte einen Bericht über die forensischen Methoden der amerikanischen Ermittlungsbehörden veröffentlichte und die bis dahin angewandte Methode der Haar-Vergleiche kritisiert: "Es gibt keine wissenschaftlich akzeptierten Statistiken über die Häufigkeit, mit der verschiedene Haar-Merkmale in der Bevölkerung auftauchen." Und weiter war darin zu lesen: "Es scheint keine allgemeingültigen Standards zu geben über die Anzahl von Charakteristiken, in denen Haar-Proben sich ähneln müssen, bevor ein Untersucher ihre Übereinstimmung feststellen kann."
Mitglieder des 'Innocence Project', einer Organisation gegen die "Todesstrafe", die Druck ausgeübt hatte, um die Untersuchung zu ermöglichen, sprachen von einem "kompletten Desaster" und Justiz-Skandal. Sie wiesen darauf hin, daß sogar ein höherer Anteil der Haar-Untersuchungen ein falsches Ergebnis geliefert hatte als bei einem reinen Zufalls-Ergebnis zu erwarten wäre. Es sei auffällig, daß die FBI-Haar-Gutachten so gut wie immer zugunsten der Anklage ausfielen.
Für viele zu Unrecht Verurteilte bedeuten die DNA-Tests neue Hoffnung. Das US-amerikanische Justizministerium kündigte an, weitere 2200 Gerichts-Urteile aus früheren Jahrzehnten zu überprüfen. 19 der 50 Bundesstaaten der USA kündigten an, dem Vorbild der Bundesregierung zu folgen.
Immer mehr US-Bundesstaaten haben in den vergangenen Jahren die "Todesstrafe" abgeschafft oder auf ihre Vollstreckung verzichtet, nachdem DNA-Tests eine Vielzahl von Fehl-Urteilen ans Tageslicht brachten. Für manche der Verurteilten kam die Wahrheit allerdings zu spät.
Das Innocence Project konnte in einer Vielzahl von Fällen durchsetzen, daß bei Revisions-Verfahren nachträglich DNA-Tests eingesetzt wurden. 329 Menschen erlangten so ihre Freiheit wieder. Pro Haftjahr wird für unschuldig Verurteilte in den USA durchschnittlich eine "Entschädigung" von 24.000 US-Dollar gewährt.
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