31.03.2009

Aufbauhilfe oder Unterdrückung?

Afghanistan und die westlichen Milliarden

US-Außenministerin Hillary Clinton weinte gestern vor ausgewählten JournalistInnen Krokodilstränen, als sie eine Bilanz der angeblichen Aufbauhilfe für Afghanistan zog. Die Bilanz ist desaströs. Ein positiver Effekt der Milliarden von US-Dollar, die in den vergangenen sieben Jahren nach Afghanistan geflossen sein sollen, ist kaum zu erkennen. Dies sei "herzzerreißend", so Clinton.

Ein Musterbeispiel für "Hilfe", die lediglich einem US-Konzern, aber nicht der lokalen Bevölkerung zugute kam, und zugleich eines der wenigen sichtbaren Projekte, das von der US-amerikanischen Agentur für internationale Entwicklung (US Aid) in Afghanistan finanziert wurde, ist der Bagrami Industrial Park bei Kabul. Dort hat der Coca-Cola-Konzern im Dezember 2005 eine Fabrik für 25 Millionen US-Dollar gebaut. Es war die bis dahin größte ausländische Investition seit dem Fall des Taliban-Regimes. Ebenso grotesk - und vorbei an den Bedürfnissen der AfghanInnen - ist die Zuckerfabrik in Baghlan. Sie gilt als Vorzeigeprojekt und Springers 'Welt' feierte sie als "Symbol einer wirtschaftlichen Entwicklung jenseits des Mohnanbaus".

"All jene, die in Afghanistan tätig waren, haben es mit eigenen Augen sehen können, daß eine Menge dieser Hilfsprogramme nicht funktionieren," mußte so nun selbst die US-Außenministerin feststellen. Doch problematisch ist für Clinton und die hinter ihr stehenden US-Interessen lediglich, daß mittlerweile unter den AfghanInnen die Glaubwürdigkeit der Supermacht massiv nachgelassen hat.

Die katastrophalen Ergebnisse der angeblichen US-Aufbauhilfe waren auch für Clinon kaum mehr zu leugnen, nachdem die Hilfsorganisation Oxfam vor einer Woche eine niederschmetternde Bilanz gezogen hatte. In dem Bericht zeigen sich zudem die Größenverhältnisse der US-amerikanischen Aktivitäten in Afghanistan sehr deutlich. So ist ihm zu entnehmen, daß die Ausgaben für militärische Zwecke das Zwanzigfache dessen betragen, was an "Aufbauhilfe" beigesteuert wird.

In der Oxfam-Bilanz ist ein interessantes Detail zu finden: 283 Millionen US-Dollar sind im jährlichen Militärbudget für das Commander's Emergency Response Program (CERP) vorgesehen. Das Geld soll dabei helfen, das Vertrauen der AfghanInnen zu gewinnen und sie davon abzuhalten, mit "Widerständlern" zusammenzuarbeiten.

Etwa ein Fünftel der amerikanischen Hilfsgelder, die zwischen 2002 und 2008 nach Afghanistan flossen, gingen an die US-amerikanischen Agentur für internationale Entwicklung (US Aid) - 6,9 Milliarden US-Dollar von insgesamt 31 Milliarden US-Dollar. Finanziert wurde damit nach offiziellen Angaben hauptsächlich der Straßenbau (26 Prozent), die Energieversorgung (12 Prozent) - also Infrastrukturverbesserungen, die auch dem Militär zugute kommen - und Alternativprogramme für Drogenbauern (10 Prozent). Die für die Bevölkerung nicht unbedeutenden Felder "Ernährung, Gesundheit, Bildung, Landwirtschaft" finden sich nur in untergeordnete Positionen in der Hilfsbilanz.

Die NGO Oxfam unterstellt der US-Administration gute Absichten und diagnostiziert daher allenfalls eine zu geringe Effizienz der US-Hilfe. So werden im Oxfam-Bericht in Afghanistan arbeitende NGO-HelferInnen zitiert, die in dem Ergebnis der seit 2001 andauernden US-Präsenz in Afghanistan nicht die gezielte Ausfühung von Plänen zur Unterdrückung der Bevölkerung, sondern lediglich eine fehlerhafte Umsetzung von Entwicklungshilfe erkennen wollen. So sei diese leider in Hinblick auf kurzfristige Erfolge konzipiert gewesen oder den "private contractors" sei ein zu großes Betätigungsfeld eingeräumt worden.

Darüber hinaus wird von Oxfam festgehalten, daß die humanitäre Situation in Afghanistan immer schlimmer wird. 8,5 Millionen Afghanen würden unter bedrohlichen Umständen leben, eine weitere Verschlechterung der Bedingungen durch die Verschärfung der Gewalt im Land würde zu einer ernsthaften Lebensmittelknappheit führen. Besonders gefährdet sind demnach eine Million Kinder und 500.000 Frauen, die an Unterernährung leiden.

Und unbestreitbar ist Afghanistan seit Jahren der weltgrößte Lieferant für Heroin.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

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