3.06.2004

Artikel

Menschenverachtender Umgang

mit Flüchtlingen beim FdAaF-Bundesamt

Die Menschenrechtsorganisation 'Pro Asyl' stellt in einem aktuellen Bericht menschenverachtenden Umgang mit ausländischen Flüchtlingen beim FdAaF-Bundesamt (Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge) dar. Nicht nur hastig zusammengeschusterte Ablehnungs- bescheide aus Textbausteinen - wie von 'Pro Asyl' schon früher kritisiert - sind die Regel, hinzu kommt, daß auch eine Qualitätskontrolle offenbar nicht funktioniert. Aus Schlamperei, unfairer Anhörung und absurden Schlußfolgerungen der "Sach"-BearbeiterInnen ergebe sich eine brisante Mischung, so 'Pro Asyl'. Leider entschuldigt die Menschenrechts- organisation diese Zustände teilweise, indem sie auf einen hohen Zeitdruck der EinzelentscheiderInnen verweist, so als ob dieser vom Himmel fiele.

'Pro Asyl' präsentiert einen aktuellen Fall, die Anhörung eines äthiopischen Asylantragstellers bei der Außenstelle des FdAaF-Bundesamtes im Frankfurter Flughafen. An vier Stellen enthält das vorliegende Protokoll der Anhörung Asterisken (*). Die so gekennzeichneten Lücken stehen für Daten, Namen oder Fakten. Selbst die Sprache, in der die Anhörung durchgeführt wurde, bleibt unklar. Ob die Lücken auf technische Mängel beim Diktat, undeutliche Sprache oder andere vom Bundesamt zu verantwortende Sachverhalte zurückgehen, läßt sich nicht feststellen. Das Protokoll enthält keinen entsprechenden Vermerk.

Das Protokoll der Befragung ist zudem in weiten Teilen in sich wiedersprüchlich. Unklar bleibt, ob dies auf Mißverständnisse durch die Dolmetscherin zurückgeht oder auf die mißverständlichen und zum Teil sinnlosen Fragen der Einzelentscheiderin. So fragt die Bundesamts-Entscheiderin Köhler mehrfach insistierend, wie oft der Antragsteller "Propaganda" gemacht habe, wobei unklar bleibt, was sie unter Propaganda versteht.

Obwohl Propaganda im Wortsinne nur in der Öffentlichkeit, nicht aber im privaten Bereich stattfinden kann, findet sich im Protokoll die Frage: "Und wie oft haben Sie mit den Jugendlichen im Café oder bei Ihnen zu hause Propaganda gemacht?" Die mißverständliche Frage will die Einzel- entscheiderin auch noch eindeutig beantwortet wissen: "Haben Sie mich jetzt verstanden mit meiner Frage, oder wollen Sie nicht antworten. Die Frage war deutlich und klar". Immerhin hat die Entscheiderin auf diese Weise ihre eigene Unwilligkeit zu einer fairen Anhörung zu Protokoll gegeben.

Der Asylsuchende selbst gibt an, er habe der Einzel- entscheiderin seinen immer noch sichtbar zertrümmerten Unterkiefer gezeigt und sie gebeten, ihn zu diesem sichtbaren Zeichen der Folgen einer Demonstrations-Teilnahme zu befragen. Dies sei von Seiten der Entscheiderin abgelehnt worden, ist jedoch nicht im Protokoll vermerkt. Die vorurteilsbehaftete Haltung der Einzelentscheiderin wird auch aus einem weiteren von ihr selbst protokollierten Vermerk deutlich: "Die Anhörung gestaltete sich sehr schwierig, weil der Antragsteller dauernd ausweicht und irgendetwas erzählen will, was er sich zurechtgelegt hat." Damit fließt eine eindeutige Wertung bereits in die Befragung ein. Ob der Antragsteller tatsächlich ausweichen wollte, müßte sich aus den möglichst wörtlich protokollierten Fragen und Antworten ergeben. Es wirkt sich zu Lasten des Asylsuchenden aus, daß das Asylverfahrensgesetz eine wörtliche Protokollierung nicht vorschreibt. Die Leitung des Bundesamtes versäumt es darüber hinaus offenbar, die Bediensteten darauf hinzuweisen, daß über Fragen und Antworten hinausgehende Protokollvermerke dieser Art Hinweise auf eine mögliche Befangenheit geben und unzulässig sind.

Daß solche technisch und fachlich mangelhaften Protokolle überhaupt von Seiten des Bundesamtes verschickt werden können, deutet darauf hin, daß eine effektive Qualitätskontrolle trotz gegenteiliger Äußerungen des Bundesamtes nicht stattfindet. Sie ist wohl auch politisch nicht gewünscht. Ohne daß die Fehler des Protokolls inzwischen berichtigt wären, hat die Einzelentscheiderin inzwischen am 26. März 2004 den Asylantrag abgelehnt. Der Ablehnungsbescheid besteht fast ausnahmslos aus Textbausteinen. Wo Frau Köhler über den Standardtext des Bundesamtes hinausgeht, zeigt sich, daß in ihrem Weltbild politische Flüchtlinge überhaupt nicht vorkommen. Im Bescheid heißt es: "Zudem ist es extrem unglaubwürdig, wenn er (der Asylantragsteller, d.R.) einerseits vorträgt, den Tod zu befürchten, andererseits aber dennoch angeblich nicht von der Politik lassen zu können. Jemand der um sein Leben fürchtet, tut alles, um dies sich zu erhalten, auch wenn er dabei auf seine politische Tätigkeit verzichten müsste."

Menschen, die Risiken auf sich nehmen, um für ihre oppositionelle Gesinnung einzutreten, scheinen für Frau Köhler nicht existent zu sein. Denn die Menschheit ist zu feige, so offenbar Frau Köhlers Grundüberzeugung. Dann aber drängt sich die Frage auf: Wofür benötigen wir überhaupt ein Asylrecht?

 

Adriana Ascoli

 

Anmerkungen:

Siehe auch unsere Artikel
    'Türkisch-kurdischer Kriegsdienstverweigerer erhält Asyl
    (11.03.04)

    'Zuwanderungsgesetz oder Abschottungsgesetz?'
    (27.05.04)

    'Strafanzeige gegen Lufthansa-Kapitän' (22.03.04)

    'Abschiebung am Fließband' (28.03.04)

    '60 Tote infolge europäischer Unchristlichkeit' (22.12.03)

    'Schöne Bescherung für Flüchtlinge' (23.12.03)

    'Sind Sie darauf stolz, Herr Schily?' (13.01.03)

 

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