2.10.2007

Banken-Krise:
Citigroup schockt die Märkte

Milliardenschwere Abschreibungen

Auch die größte US-Bank Citigroup legte nun ihre Zahlen des dritten Quartals vor und schockte mit einem dramatischen Gewinneinbruch.

Nach den Hiobsbotschaften der vergangenen vierzehn Tage, der zweitgrößten US-Investmentbank Morgan Stanley (19.09.), der Deutschen Bank (20.09.), der US-Investmentbank Bear Stearns (21.09.), der größten japanischen Bank Mitsubishi UFJ Financial Group (24.09.) und der Schweizer Großbank USB (1.10.), rechnen Analysten mit weiteren Horrorzahlen in den kommenden Wochen. "Die UBS dürfte wohl nicht die letzte Bank gewesen sein, die in den kommenden Monaten solche Nachrichten verbreitet", sagte Branchenexperte Eamonn Hughes von Goodbody Stockbrokers.

Der erste Bank-Kollaps, der nicht mehr von Notenbanken und staatlichen Stützungsmaßnahmen aufgefangen werden kann, wird nicht mehr lange auf sich warten lassen. Da die deutschen Banken international das schwächste Glied in der Kette darstellen, wird der zweite Akt des Dramas vermutlich in Deutschland beginnen. Doch entsprechend dem bekannten Domino-Effekt wird sich ein reihenweiser Kollaps nicht auf Deutschland beschränken lassen. Als Warnung für AnlegerInnen ist zu werten, daß die Aktienkurse der Deutschen Bank und der Commerzbank nach der Gewinnwarnung der Citigroup kurzzeitig unter Druck gerieten. Die Aktien der Citigroup, weltweit zweitgrößte Bank nach Börsenwert, rutschten vorbörslich ab, lagen dann aber zu Marktbeginn kaum verändert.

Citigroup gab einen Gewinneinbruch im dritten Quartal von etwa 60 Prozent im Vergleich zum Vorjahr bekannt. Der Chef der Citigroup, Charles Prince, geriet unter massivem Druck der AktionärInnen. Als Erklärung für den dramatischen Gewinneinbruch verwies Prince auf ein schwaches Anleihe-Geschäft - ein Verlust (vor Steuer) von 1,3 Milliarden US-Dollar bei der Bewertung von Bonds mit zweitklassigen Hypothekenkrediten (subprime) - , Abschreibungen auf Kreditzusagen für Großübernahmen in Höhe von 1,4 Milliarden US-Dollar sowie gestiegene Kosten für Darlehen im Privatkundengeschäft um etwa 2,6 Milliarden US-Dollar unter anderem wegen "höherer Risikovorsorge". Damit wird nur zaghaft verschleiert, daß es sich um die Folgen der Banken-Krise handelt. Prince versuchte dennoch die Hoffnung zu verbreiten, daß im vierten Quartal mit einer "Rückkehr zu einer normalen Gewinnentwicklung" zu rechnen sei.

Ausgelöst wurde die Banken-Krise durch das Platzen der US-amerikanischen Immobilien-Blase. Viele Banken hatten in den USA wegen überdurchschnittlichen Profit-Raten in Wertpapiere investiert, die auf scheinbar sicheren Immobilien-Krediten basierten. Wegen des im Verhältnis zur Wirtschaftskraft der USA ungewöhnlich niedrigen Zinsniveaus und überschießender Geld-Liquidität wurden Hypotheken jedoch weitgehend ohne die üblichen Sicherungen vergeben (subprime-Markt). Dies führte zu einem Boom auf dem Haus- und Wohnungsmarkt und zu deutlich überhöhten Immobilienpreisen (Blase).

Hypotheken wurden gemischt mit anderen Wertpapieren weiterverkauft oder zur Absicherung von Anleihen verwendet. So wurde das Risiko breit gestreut und laut der herrschenden ökonomischen Lehrmeinung minimiert. Nach dem Platzen der Immobilien-Blase haben nun die weltweit gestreuten Risiken zu einer um sich greifenden Banken-Krise geführt. Wegen des Nachfrage-Einbruchs können die Preise für hypotheken-gedeckte Wertpapiere (MBS) nun kaum mehr ermittelt werden, was zu massiven Abschreibungen in den Bankbilanzen führt.

Keine Bank hat Informationen darüber, welche Risiken sich in den Büchern anderer Banken verbergen. Als Folge hieraus leihen sich die Banken untereinander kein Geld mehr aus. Die Liquidität auf dem Interbanken-Markt versiegte und konnte auch durch immense Pump-Aktionen der Notenbanken nicht wieder normalisiert werden. So steht nun auch für Investitionen der Wirtschaft und anstehende Übernahmen oder Fusionen nicht mehr die vor kurzem noch als unerschöpflich erachtete Liquidität zur Verfügung. Hierin steckt das Potential für eine Weltwirtschaftskrise nach dem Vorbild der 1930er Jahre.

Ursächlich für die Entwicklung der US-amerikanischen Immobilien-Blase war jedoch das Mißverhältnis zwischen der realen Wirtschaftskraft der USA und deren internationaler Kreditwürdigkeit. Dieses Mißverhältnis drückt sich in einem gigantischen Handelsbilanz-Defizit aus. Als einzig verbliebene globale Supermacht nach dem Zusammenbruch des Sowjet-Imperiums und aufgrund ihrer unangreifbaren militärischen Überlegenheit, waren die USA dennoch ein gesuchter Kreditnehmer. Hinzu kam nach dem Überfall auf den Irak am 20. Februar 2003 der Raub an den Erdöl-Ressourcen, der ab Mai 2003 schlagartig zu einem Anstieg der US-Wirtschaftswachstums auf über 7 Prozent führte, ohne daß dies einer realen Wirtschaftsleistung in den USA entsprochen hätte. Zuvor hatte die USA seit 2001 eine anhaltende Rezession zu verzeichnen

Über Jahre hin hat die US-Regierung am Weltmarkt vorbei geschätzte 6 Millionen Barrel pro Tag aus dem Irak abgepumpt. Dies entspricht einem Gegenwert von rund 130 Milliarden US-Dollar pro Jahr, denen lediglich Kosten für den Irak-Krieg von jährlich offiziell 110 Milliarden US-Dollar gegenüberstehen.

Die Situation der USA ist vergleichbar mit jener des spanischen Köngreichs zur Zeit der Konquistadoren. Durch den Raub gigantischer Mengen an Gold und Silber aus Süd- und Mittelamerika nahm die Wirtschaft Spaniens im 16. Jahrhundert zunächst einen rasanten Aufschwund. Doch der allzu leicht erworbene Reichtum und die damit erreichte europäische Vormachtstellung lähmte auf die Dauer die Wirtschaftsleistung. Er wirkte wie ein zu langer Gebrauch von Krücken, der nicht ohne Folgen für die Leistungsfähigkeit der Muskeln bleibt. Die Vormachtstellung Spaniens in Europa währte nur ein knappes Jahrhundert.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      Schweizer Großbank UBS im Sog
      Rund vier Milliarden Franken abgeschrieben (1.10.07)

      Banken-Krise: Verkaufsgerüchte um Bear Stearns (26.09.07)

      Banken-Krise erreicht Japan
      Mitsubishi UFJ muß Investments überprüfen (24.09.07)

      Harman-Übernahme platzt wegen Banken-Krise (23.09.07)

      US-Banken unterschiedlich stark von Banken-Krise betroffen
      Goldman Sachs unbeeindruckt, Bear Stearns angeschlagen
      (21.09.07)

      Ackermann: Deutsche Bank
      doch von Banken-Krise betroffen (20.09.07)

      Morgan Stanley von Banken-Krise schwer getroffen
      Abschreibung von einer Milliarde US-Dollar im dritten Quartal
      (19.09.07)

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      Angst vor Wirtschaftskrise war größer als die vor Inflation (18.09.07)

      Banken-Krise: Northern Rock, deutsche Immobilienbanken
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