3.11.2007

Solarer Wasserstoff

Seit über 20 Jahren eine praktikable Alternative

Bereits 1987 war klar: Wasserstoff ist der Brennstoff der Zukunft. Der Rohstoff Wasser ist im Übermaß vorhanden, 71 Prozent der Erdoberfläche sind Meere. Zudem wird er nicht verbraucht, sondern kann zu 100 Prozent recycelt werden. Die Sonne scheint kostenlos und nur die Investition in die notwendige Anlage und deren Erhalt erfordert Geld. Doch gegen das billige Öl und die bereits bestehende Infrastruktur an Bohrtürmen, Pipelines und Tankstellen - im Besitz weniger Weltkonzerne, hatte Wasserstoff bisher keine Chance. Dies kann sich nun innerhalb von wenigen Jahren ändern. Das Eröl-Zeitalter geht seit 2001 - wenn auch zuerst nur Tröpfchen für Tröpfchen - mit immer schnellerem Tempo seinem Ende entgegen.

Wasserstoff birgt die Erfüllung ökologischer Träume. Bei der Verbrennung des Gases entsteht als "Abgas" nichts anderes als H-zwei-O, also: Wasser. Nicht einmal Kohlendioxid entsteht wie bei der Verbrennung von Erdöl, Erdgas oder Kohle - das Gas, das mittlerweile synonym für Treibhauseffekt und Klimakatastrophe steht. Mit der Sonnenenergie verfügen wir auch im nicht gerade sonnenverwöhnten Deutschland über das Tausendfache der Energie, die durch Atomkraftwerke geliefert wird. Und Wasserstoff ist ein ideales Speichermedium, das gewährleistet, daß die Energie abgerufen werden kann, wenn sie benötigt wird.

Der Atomausstieg würde auch in Deutschland endlich realisiert und die Angst vor einer Atomkatastrophe wie in Tschernobyl hätte die Menschheit im Wasserstoff-Zeitalter weltweit hinter sich gelassen. Die Wasserstoff-Technologie ist zudem eine Technologie, die ohne das Risiko einer Weiterverbreitung der Atombombe überall auf dem Globus eingesetzt werden kann. Und das technische Risiko ist nach Ansicht von ExpertInnen keineswegs größer als bei Benzin oder Erdgas.

Wenn es im Chemie-Unterricht mal so richtig kracht und beim "Knallgas-Versuch" ein Wasserstoff-Sauerstoff-Gemisch zur Explosion gebracht wird, mischen sich bei SchülerInnen Freude und Schrecken. Doch bei richtig dosierter Sauerstoffzufuhr verbrennt Wasserstoff gefahrlos in der Herdflamme oder im Zylinder von Motoren.

Nicht nur mit Hilfe von Solarzellen, sondern auch mit Windkraft kann Sonnenenergie in Strom verwandelt werden, der Wasser in seine Bestandteile zu zerlegen vermag. Im schwedischen Hafenstädtchen Härnosand hat der Ingenieur Olof Tegström bereits vor 20 Jahren den gesamten Wasserstoff-Kreislauf technisch realisiert. Mit einem Windgenerator in seinem Garten erzeugt er den Strom. Und dieser zerlegt in einem schrankgroßen Elektrolyse-Apparat Leitungswasser in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff. Mit dem selbst produzierten Wasserstoff betreibt Tegström sein Auto und die Heizung seines Hauses.

Die Umstellung eines herkömmlichen Benzinmotors auf Wasserstoff ist technisch simpel. Wie der Begriff Vergaser noch heute belegt, wurde der Automotor nicht etwa "erfunden". Der Benzin-Motor ist lediglich eine Abwandlung des bereits zuvor erfundenen und stationär betriebenen Gas-Motors. Die für heutige Verhältnisse bescheidene Windmühle Tegströms liefert nicht nur die Energie für Auto und Heizung, sondern darüber hinaus reicht der Wasserstoff für den Herd in der Küche und der Strom für den Betrieb der elektrischen Geräte im Haus.

"Ich wollte zeigen", sagte Olof Tegström bereits vor 20 Jahren, "daß Wind und Wasser einer ganzen Familie sogar nahe am Polarkreis den höchsten Lebensstandard erlauben." Und der damalige deutsche Forschungsminister Heinz Riesenhuber (CSU) sprach sich einmal versehentlich für Markteinführungshilfen für die alternativen Energien aus, weil alle grundsätzlichen Projekte ausreichend erforscht seien.

Warum hat dies Öl- und Auto-Konzerne bislang nicht überzeugt? Diese sind sehr wohl überzeugt, doch ihre Reaktion war anders, als naive Gemüter erwarteten. Mit einer Flut von "Informationen" versuchen sie seitdem, das Wissen über die praktikable Nutzung der Wasserstoff-Technologie zu ertränken. Mit immer neuen Forschungs-Projekten, die von willfährigen MinisterInnen abgenickt wurden, entwickeln sie Hybrid-Motoren, Zweitakt-Motoren oder Speicher für Elektro-Motoren, es wird aufwendige Speichertechnik für Wasserstoff-Tanks erforscht und vieles andere mehr - nur um wieder und wieder zu "beweisen", wie unpraktikabel und teuer Wasserstoff doch im Vergleich zu den konventionellen Energieträgern sei. In Zukunft - ja - da könne Wasserstoff in der ein oder anderen Weise eingesetzt werden. Das erfordere noch jahrzehntelange Forschung. Und Industrie und Staat investierten doch bereitwillig Millionen...

Tatsächlich wurden jährlich Millionen Mark und Euro verpulvert. Bölkow-Blohm, BMW, Daimler-Benz (später DaimlerChrysler), Shell, Aral, BP und viele mehr verdienten daran, zu beweisen, daß es so einfach nicht gehe. Selbst die in der Atomenergie engagierte Bayernwerk AG - oder: gerade diese - begann beispielsweise 1987 im Verein mit der Kraftwerk Union, die Reaktoren baute, mit Interatom und der Ludwig-Bölkow-Stiftung den Bau eines Solar-Wasserstoff-Kraftwerks für 500 Kilowatt in der Oberpfalz - für 35 Millionen Mark. Und Professor Carl-Jochen Winter von der Deutschen Forschungs- und Versuchsanstalt für Luft- und Raumfahrt (DFVLR) assistierte, daß "bis zum Beginn einer nennenswerten Wasserstoffproduktion im Jahr 2005 rund 40 Milliarden Mark ausgegeben" werden müßten.

Doch es gab damals auch andere WissenschaftlerInnen. So antwortete beispielsweise 1986 Dr. Ledjeff vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiegewinung auf die Frage, warum solar produzierter Wasserstoff nicht zum Einsatz käme: "Es handelt sich dabei nicht um ein technisches, sondern um ein wirtschaftliches Problem. Die herkömmlichen Energieträger stehen heute kostengünstiger zur Verfügung, wobei aber im Grunde die Unkosten für die hohen Schadstoff-Emissionen derzeit nicht bedacht werden." Die "zunehmende Beeinflussung des Klimas" war längst bekannt. Tatsächlich jedoch spielten auch die Kosten keine Rolle, wenn der Staat sie aufbrachte. Denn für die Etablierung der Atomenergie wurden - teils über die Umwegfinanzierung EURATOM - Tausende Milliarden Mark erübrigt. Es handelte sich dabei um ein Vielfaches der Mittel, die für die Verbreitung der dezentralen Wasserstoff-Technologie real aufgewendet werden müßten.

Ausschlaggebend war und ist jedoch zweierlei. Erstens können die Kosten von Waldschäden, Treibhauseffekt und Atomkatastrophen der Allgemeinheit ebenso aufgebürdet werden wie die Entwicklungskosten der Atomenergie. Die Schäden werden sozialisiert und die Profite privatisiert. Zweitens hätte die Realisierung einer dezentralisierten Wasserstoff-Wirtschaft den Mächtigen den Boden unter den Füssen weggezogen. Denn: Wer könnte aus solch einer Anlage wie der Tegströms noch großen Profit schlagen, wenn sie einmal errichtet ist? Shell müßte beispielsweise versuchen, Deutschland mit einer riesigen schwarzen Plane zu überziehen, um dann Sonnenlicht verkaufen zu können.

Inzwischen schreiben wir das Jahr 2007 und die mächtigen Herren haben ganze Arbeit geleistet: Eine Anlage wie die des schwedischen Ingenieurs Olaf Tegstöm ist in Deutschland - und selbstverständlich auch in Schweden und anderen Teilen Europas - bis heute weitestgehend unbekannt. Würde die von Tegström gebaute Anlage überall dezentral genutzt, hätten diese Herren ihre Macht längst verloren.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

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