Das Eis am Nordpol ist auf die kleinste Fläche seit Beginn der wissen- schaftlichen Messungen via Satellit im Jahr 1979 zusammengeschmolzen. Die geht aus Daten des Schnee- und Eisdatenzentrum (NSIDC) in Boulder im US-Bundesstaat Colorado hervor. Laut NSIDC ist diese extreme Schmelze vor allem durch die Erderwärmung und die globalen Klimaveränderungen verursacht.
Die Eisbedeckung der Arktis schwankt seit eh und je erheblich zwischen Sommer und Winter. Gewöhnlich wird das winterliche Maximum der Eisbedeckung im März erreicht und das sommerliche Minimum im September. Vermutlich wird der Negativ-Rekord, den das NSIDC ermittelt hat, in den kommenden Wochen noch unterboten. Bereits in diesem Jahrzehnt wurde anhand immer öfter auftretender Extreme deutlich, daß es sich nicht mehr um natürliche Phänomene handelt, sondern um die Auswirkungen des profitgetriebenen Kapitalismus.
Die geringe Eisfläche am Nordpol kann nun ihrerseits dazu beitragen, daß die menschengemachten Klimaveränderungen eine Eigendynamik entwickeln. Denn je kleiner die Eisfläche ist, desto weniger Sonnenstrahlung wird reflektiert und desto stärker wird die freiliegende Wasserfläche aufgeheizt. WissenschaftlerInnen befürchten, daß der daraus resultierende Anstieg der Wassertemperatur eine immense und schwer abzuschätzende Wirkung auf die globalen Wettersysteme haben wird.
Seit dem Jahr 1979 wertet das NSIDC Satelliten-Daten zum arktischen Meeres-Eis aus. Die Geschwindigkeit, mit der das Eis schmilzt, hat in den vergangenen Jahren signifikant zugenommen. NSIDC-Wissenschaftler Walt Meier kommentiert: "Für sich genommen ist es nur eine Zahl; Rekorde sind da, um gebrochen zu werden. Aber im Kontext dessen, was in den vergangenen Jahren passiert ist und was die Satelliten-Daten festhalten, ist die Zahl ein Indikator dafür, daß die Meeres-Eisschicht der Arktis sich fundamental verändert. Die Arktis war früher von vielschichtigem Eis - oder Eis, das mehrere Jahre lang bestehen blieb - dominiert. Jetzt wird es mehr zu einer saisonalen Eisfläche, und große Teile werden im Sommer verschwinden."
Den bisherigen Negativ-Rekord hatten die ForscherInnen im September 2007 gemessen. Damals lag die übriggebliebene Eisfläche bei 4,17 Millionen Quadratkilometern (Siehe unsere Artikel).
Das Abschmelzen der Arktis verändert das Antlitz unseres Planeten - vergleichbar mit der Abholzung und Rodung riesiger Waldflächen im Zuge der Industrialisierung im 19. Jahrhundert. Öl-Konzerne wollen diese Veränderungen nutzen, um bisher unerreichbare Öl-Vorkommen am Nordpol ins Visier zu nehmen. Auf der Seite www.savethearctic.org fordern weltweit über 1,5 Millionen Menschen die Einrichtung eines internationalen Schutzgebietes in der Arktis sowie Verbote von Öl-Förderungen in arktischen Gewässern.
Um den Zustand des Meeres-Eises in der Arktis zu beurteilen, wird neben der Eis-Fläche noch ein weiteres Kriterium berücksichtigt: das Eis-Volumen. Erst kürzlich hat eine Auswertung der neuesten Daten des Satelliten CryoSat ergeben, daß innerhalb des vergangenen Jahres 900 Kubikkilometer Eis verloren gegangen sind. Einige WissenschaftlerInnen befürchten, daß die Arktis bereits in wenigen Jahren im Sommer eisfrei sein könnte, sollte sich der beobachtete Trend fortsetzen. Bereits vor über vier Jahren warnte der Klimaforscher James Hansen davor, daß sich der Masseverlust des arktischen und antarktischen Eises zu einem unumkehrbaren Prozeß auswachsen kann und ihr vollständiges Verschwinden in der Folge dann nicht mehr aufzuhalten sei. Die Erde ist möglicherweise bereits gefährlich nahe an einem kritischen Punkt, einem sogenannten Kipp-Punkt, angelangt.
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
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