29.03.2009

Mehdorn wackelt

Läuft die Uhr des Bahn-Terminators ab?

Gestern wurde bekannt, daß während des GDL-Streiks widerrechtlich eine eMail der Gewerkschaft gelöscht worden war. Ein Bahnsprecher mußte dies mittlerweile bestätigen, bestritt jedoch, daß die Aktion zielgerichtet gewesen sei. Vielmehr sei diese das Resultat eines Absturzes des überlasteten eMail-Servers gewesen. Der Versand der eMail der GDL sei erst danach gestoppt worden, weil das Verschicken eines Streikaufrufs über das eMail-System der Bahn rechtswidrig sei. Ob über diesen einzelnen Vorgang hinaus der eMail-Verkehr von MitarbeiterInnen unabhängig von der vorgeschobenen Korrupionsbekämpfung überprüft wurde, ist bislang offen.

In den vergangen Wochen kamen bereits immer mehr Details über die Bespitzelung von Bahn-MitarbeiterInnen zu Tage. Bekannt wurde bislang, daß 173.000 Beschäftigten und 80.000 Lieferanten unter dem Vorwand, Schwarzgeschäfte zu Ungunsten der Bahn aufdecken zu wollen, im Auftrag der Bahn AG überwacht worden waren. Bahn-Chef Hartmut Mehdorn stritt jedes Wissen über die Vorgänge ab.

Mehdorn war in der "rot-grünen" Ära unter Bundeskanzler Gerhard Schröder im Dezember 1999 als Bahn-Chef eingesetzt worden, um das Staatsunternehmen zu privatisieren. Zusammen mit einem Tross von Managern, die er aus seiner Zeit als Flugzeug-Manager kannte, besetzte er die Konzern-Zentrale und zeichnete sich alsbald mehr durch Zerstörungen und durch die Vertreibung von KundInnen aus als durch den vorgeblichen Auftrag, die Bahn umzubauen und für den Börsengang "reif" zu machen. Von KritikerInnen wurde er daher in Anlehnung an einen Hollywood-Streifen als "Bahn-Terminator" bezeichnet.

Zwischenzeitlich wurde kolportiert, Bundeskanzlerin Angela Merkel wolle sich derzeit nicht mehr mit der Aussage zitieren lassen, sie stehe bedingungslos hinter Mehdorn. Nachdem Mehdorn mit der Privatisierung der Bahn AG gescheitert ist - weniger wegen der Stärke der politischen GegnerInnen als in Folge der Weltwirtschaftskrise - , besteht für die Politik kein Anlaß, den in der Bevölkerung äußerst unbeliebten Bahn-Manager auf seinem Posten zu belassen. In dieser Ausnahmesituation, in der einmal das vielzitierte Primat der Politik über die Ökonomie zutrifft, könnte sich die Bundeskanzlerin als vermeintliche Staatslenkerin profilieren und ihr angeschlagenes Image ein wenig aufpolieren.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      Bahn-Datenaffäre: "Brandbeschleuniger"
      Mehdorn sorgt mit Briefwechsel für Eskalation (11.03.09)

      Bahn-Privatisierung abgesetzt
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      Bahn vergrault Fahrgäste in Baden-Württemberg
      Kahlschlag beim Service (12.02.09)

      Mehdorn vergrault Fahrgäste
      Bahn im Verfolgungswahn (3.01.09)

      Bundestag nickt Bahnprivatisierung ab
      Wem dient das deutsche Parlament? (31.05.08)

      Transnet-Chef Hansen belohnt
      Sitz im Bahn-Vorstand für Verdienst um Privatisierung (9.05.08)

      Bahnprivatisierung kann noch verhindert werden
      Das größere Übel auf Kosten der Gesellschaft und der Umwelt
      (20.04.08)

      Aus für Transrapid
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      Flugverkehr - Straßenverkehr - Schienenverkehr
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      Straßenverkehr subventioniert - Bahnverkehr stranguliert (15.07.06)

      Schulden auf den Schultern der Kinder und Kindeskinder
      130 Milliarden Euro jährliche Folgekosten durch den Straßenverkehr
      (6.10.04)

      Verkehrswende zu weniger Autoverkehr
      Von der Utopie zur Realität (5.06.03)

      Mehdorn, der "rot-grüne" Terminator
      Die planmäßige Demontage der Deutschen Bahn (20.05.03)

 

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