17.11.2009

Haß-Kampagne gegen Lafontaine

Deutsche Mainstream-Medien von FAZ über 'spiegel' bis 'taz'
auf Toilettenpapier-Niveau

Wer die Berichterstattung über die Linkspartei* und insbesondere über deren Vorsitzenden Oskar Lafontaine in den REGENBOGEN NACHRICHTEN verfolgt hat, wird uns kaum besondere politische Nähe unterstellen. Im Gegensatz zu den meisten Mainstream-Medien haben wir jedoch über die politischen Inhalte kritisch und bisweilen negativ berichtet, statt uns der verbreiteten inhaltslosen Stimmungsmache anzuschließen. Dennoch erachten wir es jetzt aus medienpolitischen Gründen relevant, über ein Gerücht und dessen Einbettung in eine seit längerem zu beobachtende Haß-Kampagne zu berichten.

Zu der unter dem Titel "Der virtuelle Kandidat" erschienenen Veröffentlichung im ehemaligen Nachrichtenmagazin 'spiegel' erklärt der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linkspartei im Bundestag, Ulrich Maurer: "Mit diesem Artikel hat der Spiegel die Grenzen des journalistischen Anstands endgültig überschritten." Völlig zu recht stellt Maurer fest, daß der 'spiegel' damit das Niveau von Deutschlands meistverkauftem Toilettenpapier (das mit den vier Buchstaben) erreicht hat.

In dem gestern online erschienenen 'spiegel'-Elaborat von Stefan Berg und Markus Deggerich ist zu lesen: "Lafontaine und Wagenknecht, so heißt es, seien sich in der Vergangenheit nicht nur inhaltlich nahegekommen. Von einer Affäre ist die Rede, von einer Beziehung mit konkreten Folgen für die Politik. / Das Ehepaar Lafontaine und auch Co-Parteichef Gregor Gysi wollen sich zu dem Thema nicht äußern. Wagenknecht dementiert eine private Beziehung zu ihrem Parteichef. Das seien Gerüchte, »die von politischen Gegnern gestreut werden, um Lafontaine zu schaden«. (...) Auch ein Bericht der »Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung« vor zwei Wochen (»Lafo hat was am Laufen mit Sahra Wagenknecht«) blieb unwidersprochen." Dies ist in einen umfangreichen Text eingebettet, der von Häme gegen Oskar Lafantaine und Sahra Wagenknecht strotzt und dem es in typischer Weise jeglicher politischen Inhalte ermangelt. Es handelt sich von Anfang bis Ende um eine Ansammlung unbewiesener Spekulationen aus der Gerüchteküche. Diese zielen unter die Gürtellinie.

Auch die in weiten Kreisen immer noch als "links-alternativ" geltende 'taz' verbreitete gestern den Schund unter dem Titel "Lafo und Sahra: Da geht doch was!" Im Schlußsatz stellte sie ihre politischen Wünsche schonungslos bloß: "Aber mit einer Affäre könnte jetzt die Chance gekommen sein, beide Störenfriede mit einem Schlag loszuwerden."
URL: http://www.taz.de/1/leben/koepfe/artikel/1/da-geht-doch-was/

Zu beachten ist allerdings auch, daß in den Mainstream-Medien bestimmte "anpassungsfähige" PolitikerInnen der Linkspartei ausdrücklich von der penetranten Häme ausgenommen und geradezu hofiert werden. Hier wird zugleich deutlich, welches politische Ziel unausgesprochen mit der Haß-Kampagne gegen die Linkspartei verfolgt wird. Die Linkspartei wird solange in den Mainstream-Medien als "politikunfähig" gebrandmarkt werden, solange sie sich nicht unzweideutig zu Kapitalismus, NATO, Afghanistan-Krieg und Lissabon-Vertrag bekannt hat. Solange Oskar Lafontaine - zumindest verbal - in diesen politischen Themen die Position der Basis der Linkspartei gegen die mehrheitlich anpasslerische Funktionärsebene vertritt, bleibt er das zentrale Haß-Objekt der PropagandistInnen in den Redaktionen der Mainstream-Medien. Lafontaine gilt - ob zurecht oder zu unrecht - als das größte Hindernis auf dem Weg, die Linkspartei entsprechend dem Vorbild der "Grünen" systemgerecht umzugestalten. Bei der einstmals basisdemokratischen, ökologisch und pazifistisch orientierten Partei hatte eine entsprechende Medien-Kampagne in den 1980er Jahren den gewünschten Erfolg.

Heute wie damals muß eine solche Kampagne allerdings mit rein propagandistischen Mitteln geführt werden. Eine Auseinandersetzung auf der inhaltlichen Ebene ist ausgeschlossen, denn sonst würde das damit verfolgte Ziel erkenntlich und der Schuß könnte nach hinten losgehen. Gerade vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Weltwirtschaftskrise, die bis zur Bundestagswahl standhaft geleugnet und in eine "Finanzkrise" umgedeutet wurde, in Anbetracht des guten Abschneidens der Linkspartei mit dem offiziellen Wahlergebnis von 12 Prozent und ihrem Durchbruch im Westen erscheint den Verteidigern der bestehenden Ordnung diese Partei - wohl leider zu unrecht - als eine große Gefahr.

Bis 2013 soll die Linkspartei reif geschossen werden für eine Regierungsbeteiligung. Die dahinter stehende Strategie ist so offensichtlich wie die vor der Bundestagswahl im Jahr 1998: Damals sollte "Rot-Grün" die Regierungsgeschäfte übernehmen und für die Durchsetzung zweier Kriege, den in der Nachkriegszeit einschneidendsten Sozialabbaus und für eine als "Atom-Ausstieg" verbrämte Bestandsgarantie für die Atom-Wirtschaft verantwortlich zeichnen. Auch wenn der alte Hilmar Kopper, früherer Chef der Aufsichtsräte von DaimlerChrysler und Deutscher Bank, so tat, als habe er nichts geahnt, verriet er in einem Interview mit dem 'Hamburger Abendblatt' im November 1999 doch mehr, als den deutschen Eliten lieb sein dürfte: "Wenn Sie mich vor anderthalb Jahren gefragt hätten, ob ich mir eine aktive Beteiligung der Bundesregierung auf dem Balkan unter rot-grüner Beteiligung vorstellen könnte, dann hätte ich Sie für nicht recht gescheit gehalten. Genauso aber kam es. Und es konnte nur von der rot-grünen Regierung kommen, sonst hätten wir in diesem Land eine Revolution gehabt. Ähnliches gilt wohl auch für die Veränderung des Sozialstaates. Wahrscheinlich müssen die heiligen Kühe von denen geschlachtet werden, die an ihrer Aufzucht am aktivsten beteiligt waren."

Parteien waren und bleiben auch in Zukunft Spielbälle in den Händen der Mächtigen, die es nicht nötig haben, auf der Regierungsbank zu sitzen, sondern stattdessen bestimmen, wer dort sitzen darf. Dies wird auch so bleiben - gleichgültig, ob es den Mächtigen gelingt, Oskar Lafontaine ins Abseits zu stellen und die Linkspartei umzuformen oder diese Partei klein zu halten. Dies realistisch und ungeschminkt zu erkennen, muß nun allerdings keineswegs heißen, daß Resignation und politische Abstinenz die unausweichliche Konsequenz wäre. Parteipolitik und damit Stellvertreter-Politik hat schon immer dazu gedient, die Mehrheit der Bevölkerung politisch passiv und unmündig zu halten. Ein gesellschaftlicher Umbruch - auch ein gewaltfreier - hat jedoch in der Geschichte immer nur dann stattgefunden, wenn eine Mehrheit der Menschen politisch aktiv wurde und die eigenen Geschicke in die Hand nahm.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

* Wir verwenden die Bezeichnung 'Linkspartei' statt deren selbstgewähltem Namen "Die Linke.", da wir den damit verbundenen Alleinvertretungsanspruch als anmaßend zurückweisen. Ebenso wird in unseren Artikeln durch die Schreibweisen "CD"U, "CS"U, "S"PD, "FD"P, "Grüne" etc. auf die in Parteibezeichnungen übliche Vorspiegelung politischer Inhalte, die deren tatsächlicher Politik wiedersprechen, hingewiesen. So war es in frühreren Zeiten auch durchaus korrekt, wenn in manchen Publikationen die Schreibweise "DDR" mit den von Linken gerne ironisch als Tüttelchen bezeichneten Anführungszeichen gepflegt wurde, auch wenn dies nicht selten reaktionär motiviert war.

Siehe auch unsere Artikel:

      Brandenburg: Linkspartei auf Anpassungs-Kurs
      Neben Klima-Politik gehen auch soziale Inhalte über Bord (30.10.09)

      Brandenburg: Linkspartei fällt um
      Platzeck darf weiter klimaschädliche Braunkohle verstromen
      (19.10.09)

      Ramelow markiert Anpassungs-Kurs an "S"PD
      Anerkennung von NATO und Kapitalismus
      als Voraussetzungen für "Politikfähigkeit" (6.10.09)

      ...völlig desillusioniert von Wahlen
      Libertäre Gedanken zur Bundestagswahl 2009 (12.09.09)

      Kampagnen-Journalismus:
      'spiegel' verunglimpft Ulla Jelpke (8.09.09)

      Welcher Geist spukt durch die 'Zeit'?
      'Zeit'-Herausgeber Joffe produziert geistlose Atomkraft-PR (11.08.09)

      30 Jahre 'taz'?
      Kein Grund zu gratulieren! (17.04.09)

      Die Entwicklung der Grünen zur Kriegspartei
      und die Vorbereitung des Kosovo-Kriegs (24.03.09)

      Austrittserklärung von Christel Buchinger
      aus der Linkspartei (17.03.09)

      Europa und die Linkspartei
      Warum die Journaille vor Wut schäumt (28.02.09)

      Gericht bestätigt Recht von Ex-Terrorist
      Toilettenpapier unterlag gegen Christian Klar (12.02.09)

      Weitere Konzentration auf dem deutschen Zeitungsmarkt
      Kölner Konzern DuMont-Schauberg jetzt auf Platz 3 vor WAZ
      (8.01.09)

      Irland rettet Europas Zukunft
      Mainstream-Medien melden "Scherbenhaufen" (13.06.08)

      AKW-Propaganda in 'GEO'-Umfrage
      Kohlendioxid und Atomkraftwerke (2.05.08)

      Sozialabbau und Medien
      Medienmacht - wie und zu welchem Zweck
      wird das Bewußtsein manipuliert? (7.01.08)

      Lafontaine in Freiburg
      Wahre Worte, wenig Glaubwürdigkeit, schwache Resonanz (1.07.07)

      Lafontaine will die Systemfrage stellen
      Ist die neue "Linkspartei" antikapitalistisch? (17.06.07)

      Alpha-Mädchen statt Alpha-Männchen?
      Feministische Überlegungen zu einer 'spiegel'-Titelstory (31.05.07)

      Thema Mindestlohn im Bundestag
      Von einem Versuch, die SPD zu stellen (14.05.07)

      Parlamentarismus überzeugt immer weniger
      82 Prozent: Wir haben nichts zu melden (30.12.06)

      Bisky zum vierten Mal "düpiert"
      Wenn selbst ein ARD-Kommentar... (8.11.05)

      Wie lange noch
      bis "Rot-Rot-Grün"? (24.09.05)

      Badische Zeitung schaut weg bei Völkermord
      Botswana wird als "Musterländle" dargestellt... (3.06.05)

      Bündnis von PDS und WASG
      - eine historische Chance? (1.06.05)

      Lafontaines Sprung aus dem Tanker
      Vereinigung von WASG und PDS unter seiner Führung? (24.05.05)

      Gründung der ASG in Göttingen
      Sternstunde der Staatsgläubigkeit (22.01.05)

      sueddeutsche-online ahnungslos
      Castor-"Information" ohne jede Sachkenntnis (4.01.05)

      Warnung vor der Wut
      Peter Porsch von der PDS warnt... (1.08.04)

      Auferstehung
      der deutschen Sozialdemokratie? (5.07.04)

      Dokumentation der Austrittserklärung
      von Winfried Wolf aus der PDS (21.05.04)

      Nur verbalradikal oder antikapitalistisch?
      Wohin steuert 'attac'? (21.04.03)

      In der Linken knirscht's
      Mit oder gegen "Rot-Grün"? (19.01.03)

 

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