Im schwedischen AKW Forsmark ereignete sich am Donnerstagvormittag infolge eines internen Stromausfalls ein schwerer Störfall. Ein Reaktor mußte mit dem Notstromaggregat versorgt werden. Der Störfall wurde entsprechend der von der Strahlensicherheitsbehörde (SSM) festgelegten dreistufigen Gefahrenskala in die höchste Gefahrenstufe eingeordnet.
Ein schwedischer Behördensprecher sagte am gestrigen Donnerstag gegenüber Radio Schweden: "Das AKW Forsmark ist nicht für diese Art von Vorfällen konstruiert." Die automatische Schnellabschaltung war durch den Stromausfall blockiert, so daß der Reaktor manuell heruntergefahren werden mußte. Dennoch behauptet die SSM, eine Gefahr für die Umgebung habe nicht bestanden. Ein Zeitpunkt für das Wiederhochfahren des Reaktors sei aber vorerst nicht in Sicht.
Am 25. Juli 2006 war es im AKW Forsmark zu einem Beinahe-GAU gekommen. Auch damals war die interne Stromversorgung zusammengebrochen und zudem konnte die Notstromversorgung erst mit erheblicher Zeitverzögerung manuell in Gang gesetzt werden. Lars-Olov Höglund, der als langjähriger Chef der Konstruktionsabteilung des schwedischen Vattenfall-Konzerns für deren Atomkraftwerk in Forsmark zuständig war und den Reaktor in- und auswendig kennt, kommentierte: "Es war ein reiner Zufall, daß es zu keiner Kernschmelze kam. (...) Wäre der Reaktor nur sieben Minuten länger nicht unter Kontrolle gewesen (...) Das ist die gefährlichste Geschichte seit Harrisburg und Tschernobyl." (Siehe unseren Artikel v. 3.08.06)
Das Betriebspersonal und die Leitung des AKW Forsmark nahm die Ereignisse vom 25. Juli 2006 offenbar auf die leichte Schulter, denn bereits im Oktober 2006 registrierte ein zunächst interner Bericht unhaltbare Zustände. Unzählige Pannen mit "potentiell" katastrophalen Folgen, Alkohol im Dienst und eine laxe Einstellung gegenüber den Sicherheitsvorschriften listen Forsmark-TechnikerInnen darin auf. Der Leiter des AKW Forsmark hielt den internen Bericht drei Monate lang unter Verschluß bis er im Januar 2007 den Medien zugespielt wurde (siehe unseren Artikel v. 30.01.07).
Die Zustände in schwedischen Atomkraftwerken scheinen sich bis heute nicht gebessert zu haben. So wurde etwa im schwedischen AKW Ringhals vor knapp einem Jahr Sprengstoff entdeckt (siehe unseren Artikel v. 21.06.12). Im November 2011 wurde mit über einem halben Jahr Verspätung bekannt, daß im Reaktordruckbehälter des AKW Ringhals ein Staubsauger vergessen worden war und dies zu einem Brand geführt hatte. Und im Juli 2007 wurden mehrere betrunkene Bauarbeiter auf dem Gelände des AKW Ringhals festgenommen.
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
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