Neue Enthüllungen aus dem Fundus des Whistleblowers Edward Snowden belegen, daß der US-amerikanische Geheimdienst NSA täglich mehrere Millionen Fotos aus dem Internet und anderen Quellen sammelt. Die Fotos werden zur Optimierung digitaler Gesichtserkennung genutzt.
Wieder einmal sind Informationen aus den von Edward Snowden kopierten Geheim-Dokumenten an die Öffentlichkeit gelangt. Demnach wertet der NSA täglich Millionen von Fotos mit den Gesichtern unverdächtiger BürgerInnen aus. Als Quellen werden sogenannte soziale Netzwerke im Internet angezapft und ebenso die Fotos von Visa-Anträgen eingescannt. Dies dient offenbar der Optimierung digitaler Gesichtserkennungs-Software. Ziel der NSA sei es dabei, das Auffinden von Zielpersonen rund um die Welt zu perfektionieren.
Laut einem Geheim-Dokument aus dem Jahr 2011 sind 5,5 Prozent der abgeschöpften Bilder für die Gesichtserkennung geeignet - ob das primäre Bild-Material bereits nach einer automatisierten Vorauswahl etwa zwischen Landschaftsfotos und Gesichtsfotos eingegrenzt ist oder ob sich die Prozent-Angabe auf unselektiertes Bild-Material bezieht, ist allerdings unklar. Eine von der 'New York Times' befragte NSA-Sprecherin erklärte, der Geheimdienst habe keinen Zugriff auf Fotos aus Führerscheinen oder Pässen von US-BürgerInnen. Für die Verwendung solcher Fotos benötige die NSA eine gerichtliche Genehmigung. Allerdings erhielt die Zeitung keine Auskunft auf die Frage, ob die NSA Zugang zur Datenbank des US-Außenministeriums hat, in der Fotos zu Visa-Anträgen gespeichert werden und ob er Fotos aus Internet-Netzwerken oder Iris-Scans abschöpft.
Die veröffentlichten Geheim-Dokumente deuten darauf hin, daß die NSA schon heute Iris-Scans von AusländerInnen sammelt wie sie etwa bei der Einreise in die USA aufgenommen werden. So heißt es in einem Text aus dem Jahr 2010: "Wir sind nicht nur hinter traditioneller Kommunikation her (...) sondern dem vollen Arsenal, das alle Spuren digital nutzt, die eine Zielperson im Netz hinterläßt, um biografische und biometrische Informationen zu sammeln."
Die wichtigste Gesichtserkennungs-Software der NSA, die seit vier Jahren im Einsatz ist, trägt offenbar die Bezeichnung 'Tundra Freeze' und kann laut dem Beispiel in einem der Geheim-Dokument eine Person auch erkennen, wenn sie sich die Haare abrasiert. Allerdings heißt es an anderer Stelle, daß Bärte das Programm 'Tundra Freeze' verwirren können. Neben eigenen Programmen soll die NSA auch kommerzielle Programme nutzen - darunter solche der Firma PittPatt, einem Tochter-Unternehmen von Google.
Die NSA ist nicht die einzige US-Behörde mit einer Sammelwut auf Portrait-Fotos. Die Bundespolizei FBI kündigte kürzlich an, eine umstrittene Gesichter-Datenbank deutlich auszubauen. Bis 2015 soll sie mehr als 50 Millionen Porträt-Fotos enthalten.
Aus den seit Juni 2013 Dank Edward Snowden an die Öffentlichkeit gelangten Informationen geht hervor, daß die NSA ebenso wie der britische Geheimdienst GCHQ und andere "westliche" Geheimdienste ein totalitäres Bespitzelungs-System aufgebaut haben und in einem - zumindest für DurchschnittsbürgerInnen - bislang ungeahnten Ausmaß Daten über alle BürgerInnen ohne irgendwelche Verdachtsmomente sammeln. Hierbei werden die internationalen Kommunikations-Kanäle angezapft und die Dienste privater Konzerne wie Microsoft, Google, Facebook, Yahoo, Acrobat und etlicher anderer - mit oder ohne deren Zustimmung - in Anspruch genommen. Diese totalitäre Überwachung gefährdet den gesamten Bestand bürgerlicher Freiheitsrechte und birgt die Gefahr einer neuartigen Form der Diktatur.
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
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