Die österreichische Umwelt-Organisation Global 2000 hat für ihren Naturkosmetik-Check das Angebot von Drogerie-Märkten, Bio-Supermärkten und Reformhäusern getestet. Dabei schnitten die natürlichen Produkte sehr gut ab. Doch nicht alles, was als "Bio" daherkommt, ist auch Bio.
Naturkosmetik erfreut sich seit Jahren einer wachsenden Nachfrage. Einer der Hauptgründe - so ergab eine groß angelegte Befragung von KundInnen durch Global 2000 - ist, daß viele KonsumentInnen hormonell wirkenden Chemikalien in Kosmetika ablehnen.
Die österreichische Umwelt-Organisation stand einer nahezu unüberschaubaren Vielfalt an Marken und Labels gegenüber. Ihre TesterInnen fanden allein 60 Naturkosmetik-Marken. Über 300 Naturkosmetik-Produkte nahm Global 2000 genauer unter die Lupe. Diese warben mit insgesamt einer Unzahl verschiedener Siegel, unter denen Global 2000 lediglich 12 als verläßliche Naturkosmetik-Standards einstufte.
Vorweg zur Begriffs-Erklärung: Biokosmetik erhebt den Anspruch, nur Rohprodukte aus kontrolliert biologischem Anbau, Wildsammlung oder natürlich vorkommende mineralische Rohstoffe zu verwenden. Dies ist also ein Teilbereich des Gesamt-Angebot an Naturkosmetik. Letztere garantiert nur den Verzicht auf Rohstoffe aus der chemischen Produktion.
Von allen Kosmetikmarken, die in die nähere Auswahl gelangten, untersuchte Global 2000 – soweit verfügbar – mindestens fünf, mitunter auch mehr Artikel. Im Test waren somit insgesamt 317 Artikel. Überprüft wurde zunächst anhand der auf der Verpackung ersichtlichen Liste der Inhaltsstoffe sowie anderer Kennzeichnungen (Zertifikate, diverse Claims):
- Ist das Produkt als Naturkosmetik oder Biokosmetik deklariert?
- Welche Zertifikate bzw. Labels sind auf der Verpackung bzw. am Produkt ersichtlich und was sagen diese aus?
- Werden auf der Verpackung Aussagen gemacht, die auf eine pflanzliche, natürliche oder organisch-biologische Herkunft der Inhaltsstoffe hinweisen? Und sind diese Claims eindeutig oder suggestiv ?
- In welchem Kontext wird das Produkt am Point of Sale angeboten? Steht es bei den konventionellen Kosmetika, oder in der Naturkosmetik-Abteilung, im Reformhaus oder im Bioladen?
- Scheinen auf der Liste der Inhaltsstoffe hormonell wirksame Chemikalien auf?
Als Naturkosmetik eingestuft wurden schließlich Marken, die entweder eines der zwölf identifizierten Bio- & Naturkosmetik-Zertifikate aufweisen oder auf der Verpackung bzw. Internet-Seite solche bezeichnet werden und eine Produkt-Analyse diesbezüglich keine Einwände ergab. Von den 60 Marken, welche die Global 2000-TesterInnen auf Basis obiger Kriterien als Naturkosmetik identifizierten, waren sämtliche 317 überprüften Artikel frei von hormonell wirksamen Inhaltsstoffen und anderen synthetischen Konservierungsmitteln, Duft- oder Farbstoffen.
Insgesamt tragen 260 der 317 überprüften Naturkosmetik-Produkte (82 Prozent) eines oder mehrere der zwölf Bio- & Naturkosmetik-Zertifikate. Die drei häufigsten sind Natrue (35 Prozent), gefolgt von BDIH (28 Prozent) und Ecocert (9 Prozent). Zudem fanden sich noch zahlreiche andere Zertifikate und Labels, die sich nicht auf die Frage Natur- oder konventionelle Kosmetik beziehen, sondern beispielsweise auf die Abwesenheit von Inhaltsstoffen tierischen Ursprungs, die Freiheit von Tierversuchen, oder auf diverse ökologische Aspekte wie die CO₂-Bilanz.
52 Naturkosmetik-Produkte (16 Prozent) wiesen keine Zertifikate auf. Oftmals handelte es sich dabei um kleinere Marken, die auf eine kostenpflichtige Zertifizierung verzichten und stattdessen auf ihren Internet-Seiten bzw. auch auf den Produkten auf ihren Naturkosmetik-Standard hinweisen.
Insgesamt kommt Global 2000 zu dem Ergebnis: "Auf Naturkosmetik ist Verlaß." Getrübt wird dieses Bild jedoch von Trittbrettfahrern. Denn: Der Begriff »Naturkosmetik« ist kein gesetzlich definierter Standard. Es gibt - anders als im Falle von Bio-Lebensmitteln - kein einheitliches, geschütztes Label. Offenbar nutzen einige Kosmetik-Hersteller und Händler diese unübersichtliche Situation, um ihren Produkten ein "grünes Mäntelchen" umzuhängen.
Global 2000 kritisiert, daß renommierte Marken wie Lush, Bodyshop oder Yves Rocher mit einem Image von Naturnähe operieren. Rund ein Viertel der über 500 von Global 2000 Befragten sahen diese Produkte fälschlich als echte Naturkosmetik an.
Lush beispielsweise beschreibt seine Kosmetika auf der eigenen Internet-Seite als "handgemacht mit frischem Obst, Gemüse und ätherischen Ölen" und verwendet angeblich "keine" oder "sehr wenig" Konservierungsstoffe. Tatsächlich jedoch enthalten zahlreiche Lush-Produkte Konservierungsstoffe aus der Gruppe der Parabene, die aufgrund ihrer hormonähnlichen Wirkung äußerst umstritten sind.
Auch Bodyshop hat in seinen Produkten hormonell wirksame Parabene und hormonell wirksame UV-Filter. Dennoch präsentiert sich Bodyshop auf seiner Internet-Seite mit einem grünen Image. Dort ist von "Inhaltsstoffe(n) natürlichen Ursprungs und aus 'grüner Chemie'" zu lesen. Dies muß als Irreführung der KonsumentInnen gewertet werden.
Yves Rocher wiederum trägt "Die Pflanzen-Kosmetik" sogar in seinem Markennamen und bezeichnet sich darüber hinaus als "Österreichs Nr.1 in Pflanzenkosmetik". Doch die Liste der Inhaltsstoffe liest sich mitunter wie ein Chemie-Lexikon: Ethylhexyl Methoxycinnamte, Methylparaben, Ethylparaben sind Beispiele für ganz und gar nicht pflanzliche Inhaltsstoffe, die in Yves-Rocher-Kosmetik-Produkten enthalten sind.
Eine weitere Irreführung der KonsumentInnen stellten Global-2000-TesterInnen in manchen Reformhäusern sowie in der großen Naturkosmetik-Abteilung des Drogeriemarkts Müller fest: Dort fanden sich unter anderem Kosmetikmarken wie Dr. Grandel oder Rausch, die sich beim näheren Hinschauen als konventionelle Kosmetik mit problematischen Inhaltsstoffen entpuppten. In diesem Fall ergab die parallel erfolgte Befragung von KundInnen sogar einen Anteil von rund 30 Prozent, die die beiden Marken Dr. Grandel oder Rausch für Naturkosmetik hielten, obwohl sie die Voraussetzungen dafür in Wirklichkeit nicht im Entferntesten erfüllen.
Kosmetik-Produkte der Marken Dr. Grandel und Rausch enthielten hormonell wirksame Inhaltsstoffe. Dabei handelt es sich um Stoffe, die aufgrund gesundheitlicher Bedenken auch in der konventionellen Kosmetik umstritten sind. In zwei Produkten der Marke Rausch und in einem Produkt der Marke Dr. Grandel fand Global 2000 sogar die in der EU verbotenen Konservierungsstoffe Isopropylparaben bzw. Isobutylparaben. Global 2000 erstattete daher Anzeige.
Enttäuschend für die Global-2000-Kosmetik-TesterInnen war auch, daß in sehr vielen Reformhäusern, in denen eigentlich ausschließlich Natur- und Biokosmetik erwartet wäre, teilweise ganz andere Produkte feilgeboten wurden. Und dies, ohne sie klar von Naturkosmetik-Produkten abzugrenzen.
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
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