16.09.2015

Thunfisch und Quecksilber
EU-Kommission will Grenzwert lockern

Thunfisch-Dose - Collage: Samy
Thunfisch ist bereits heute so stark mit dem Nervengift Quecksilber belastet, daß bei Einhaltung des geltenden Grenzwerts rund 50 Prozent der Fänge nicht verkauft werden dürften. Nun beabsichtigt die EU-Kommission eine Anhebung des Grenzwerts von einem auf zwei Milligramm Quecksilber pro Kilogramm Fisch.

Damit würde der Fischerei-Industrie gestattet, in Zukunft 85,5 Prozent der Thunfisch-Fänge zu vermarkten. Laut Informationen der VerbraucherInnen-Organisation foodwatch soll die Entscheidung über die Anhebung des Grenzwerts bereits am 21. September mit einer ExpertInnen-Kommission beraten werden. Die EU-Kommission will den VerbraucherInnen so eine deutlich höhere Dosis des Nervengifts zumuten.

foodwatch fordert die EU-Kommission auf, von einer Lockerung der Grenzwerte abzusehen. Dazu startete foodwatch heute unter www.quecksilber-aktion.foodwatch.de eine Unterschriften-Aktion. Die EU-BürokratInnen stellen sich mit ihren Plänen an die Seite des deutschen Wirtschaftsministers und Vize-Kanzlers Sigmar Gabriel, der die Klimazerstörung und Umweltverschmutzung der großen Strom-Konzerne mit ihren Stein und Braunkohle-Kraftwerken deckt. Die deutschen Kohle-Kraftwerke stoßen jährlich mehr als sechs Tonnen Quecksilber aus. Allein das deutsche Braunkohle-Kraftwerk Neurath bläst jährlich über 500 Kilogramm giftiges Quecksilber und Quecksilberverbindungen in die Umwelt (Siehe unseren Artikel v. 22.07.14).

So sind nicht nur Meeresfische einer immer stärkeren Quecksilber-Vergiftung ausgesetzt - selbst in Österreich sind Forellen, Karpfen und Saiblinge stark mit Quecksilber belastet (Siehe unseren Artikel v. 7.10.14). In Süßwasser-Fischen aus Elbe, Rhein und Donau sind die Quecksilber-Grenzwerte dauerhaft und flächendeckend überschritten. Doch die "Umwelt"- und Atom-Ministerin Barbara Hendricks assistiert ihrem "roten" Partei-Chef und verkündet auf der Internet-Seite ihres Ministeriums, daß im Hinblick auf die Quecksilber-Grenzwerte eine "gesundheitliche Gefährdung der Allgemeinbevölkerung" nicht zu erwarten sei.

"Risiken und Nebenwirkungen verfehlter Industrie- und Umweltpolitik werden mit voller Wucht an Schwangere und Kleinkinder weitergereicht," erklärte Matthias Wolfschmidt von foodwatch heute (Mittwoch) in Berlin. Er wies zudem darauf hin, daß der Quecksilber-Grenzwert für hochbelastete Raubfische wie Thunfisch und Arten wie Schwert-, und Haifisch schon heute deutlich höher als bei anderen Lebensmitteln liegt. In den Körpern sich räuberisch ernährender Arten am Ende der Nahrungskette reichert sich Quecksilber an. "Quecksilber ist ein für den Menschen hochgiftiges Schwermetall. Es wird etwa von Kohlekraftwerken in die Luft oder als Bestandteil von Agro-Chemikalien in Böden und Gewässer freigesetzt. Im Meer wird daraus das 100-fach giftigere Methyl-Quecksilber, welches von Fischen aufgenommen wird. Die Verschmutzung der Weltmeere mit dem Nervengift birgt ein gravierendes gesundheitliches Risiko," so Wolfschmidt.

Seit langem ist bekannt, daß Quecksilber selbst in geringen Dosen Entwicklungsstörungen des Fötus und bei Erwachsenen eine Reihe von Nervenstörungen zur Folge haben kann. Dennoch orientiert sich die Höhe der Quecksilber-Grenzwerte an Profit-Interessen und damit an der tatsächlichen Belastung der Fische: Trotz der hohen Quecksilber-Meßwerte soll ausreichend Fisch für den Markt zugelassen werden. Dem Arbeitspapier der Kommission zufolge soll nun einerseits der Quecksilber-Grenzwert bei Raubfischen von einem auf zwei Milligramm pro Kilogramm Fisch verdoppelt werden. Im Gegenzug plant die EU-Kommission eine Verschärfung der Grenzwerte bei anderen Fisch-Arten von derzeit 0,5 auf 0,1 Milligramm pro Kilogramm Fisch.

foodwatch wertet diesen "Trick" jedoch als Manöver, mit dem die Öffentlichkeit getäuscht werden solle. Denn die Quecksilber-Belastung der kleineren, nicht-räuberischen Fische liegt in aller Regel unter 0,1 Milligramm pro Kilogramm Fisch. Hier würde der geplante Grenzwert also nicht zu einer niedrigeren Belastung der KonsumentInnen führen. Unterm Strich würde daher die Quecksilber-Aufnahme der VerbraucherInnen steigen. Wolfschmidt bezeichnet daher das Vorhaben der EU-Kommission als "perfides Ablenkungsmanöver, das allein der Wirtschaft hilft." Die EU-Kommission solle statt dessen Maßnahmen ergreifen, um den Einsatz von schwermetallhaltigen "Pflanzenschutz"-Mitteln schnellstmöglich zu verbieten und den Quecksilber-Ausstoß durch die Verbrennung von Kohle zur Energiegewinnung auf Null zu bringen. Dies könnte zugleich die durch Subventionen künstlich billig gehaltene Konkurrenz des Kohle-Stroms gegen die erneuerbaren Energien aus dem Markt verbannen und so die Sabotage an der Energie-Wende beenden.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      Bluff von Tetra Pak & Co. aufgedeckt
      Getränke-Kartons nicht umweltfreundlich (25.05.15)

      Bezeichnender Fehlstart beim Fracking
      in Dänemark (6.05.15)

      Landeshauptstadt Stuttgart mit Höchstmarke
      bei Feinstaub in Deutschland (25.04.15)

      Pestizide für Bienensterben ursächlich
      Industrielle Landwirtschaft zerstört Lebensgrundlagen
      (9.04.15)

      Greenpeace-Protest gegen Shell
      "Stoppt die Zerstörung der Arktis!" (7.04.15)

      "Probebohrung" am Bundeskanzleramt
      Protest gegen Fracking-Beschluß des Kabinetts (2.04.15)

      Gabriel liebt Fracking
      Gesetz nur Placebo (23.03.15)

      Urteil pro Bienenschutz
      BUND siegt gegen Bayer-Konzern (11.03.15)

      Vorreiter der Umweltzerstörung
      Bericht der Europäischen Umweltagentur (5.03.15)

      Robin Wood siegt vor Gericht
      über Polizei-Willkür (3.03.15)

      Verkehrs-Wende im Rückwärtsgang
      LkW-Verkehr verstärkt subventioniert (16.02.15)

      Wald-AIDS 2014
      Zustand zwischen Leben und Tod (11.02.15)

      Industrielle Landwirtschaft
      rottet Hamster aus (10.02.15)

      Vorprogrammierte Umwelt-Katastrophe
      Shell will vor Alaska nach Öl bohren (29.01.15)

      Zweiter Planet im Kofferraum?
      Bodenatlas 2015 wenig hoffnungsvoll (8.01.15)

      Erneuerbare bei 26 Prozent
      Wachstum weiterhin gebremst (27.12.14)

      Anti-Arbeitsplatz-Minister Gabriel:
      30.000 Jobs durch EEG-Sabotage vernichtet (25.10.14)

      Industrielle Landwirtschaft gefährdet Grundwasser
      Strenge Düngeverordnung gefordert (24.10.14)

      Industrielle Landwirtschaft tötet
      Fischsterben in der Elbe (24.07.14)

      Warnung vor Gentech-Landwirtschaft
      wegen steigendem Pestizideinsatz (26.06.14)

      Todeszonen der Ostsee weiten sich aus
      Bundesregierung untätig (17.06.14)

      Europas Flüsse stärker mit Chemie belastet
      als bislang angenommen (16.06.14)

      Industrielle Landwirtschaft treibt
      Klimakatastrophe voran (17.04.14)

      Bienensterben international
      Industrielle Landwirtschaft untergräbt Lebensgrundlagen (7.04.14)

      Wald-AIDS 2013
      Zustand schlechter - nicht besser (10.03.14)

      60.000 DemonstrantInnen
      gegen Flughafenbau in Nantes
      Umweltbewegung kontra P"S" (23.02.14)

      Agrar-Wende - Erneuern sich
      die Pseudo-Grünen von unten? (27.01.14)

      Das Aussterben der Bienen kann
      plötzlich und ohne Vorwarnung kommen (6.01.14)

      Honig darf verunreinigt werden
      Bundesverwaltungsgericht läßt Gen-Kontamination zu (25.10.13)

      Nitrat-Belastung im deutschen Grundwasser
      verschlechtert sich dramatisch (19.10.13)

      Flächenfraß
      Täglich 74 Hektar mehr Siedlungs- und Verkehrsfläche (13.10.13)

      Agrar-Subventionen
      BUND fordert Neuausrichtung (28.08.13)

      Jugend mag Bio
      23 Prozent kaufen häufig Bio-Lebensmittel (20.08.13)

      VGH-Urteil: Natürliches Mineralwasser
      darf Pestizide enthalten (2.08.13)

      Chemie in Obst und Gemüse
      Nur Bio-Lebensmittel unbelastet (17.06.13)

      Phosphat-Dünger
      Industrielle Landwirtschaft ohne Zukunft (7.05.13)

      Bio-Lebensmittel: Die Produktion in Deutschland
      hinkt der Nachfrage hinterher (6.05.13)

      Bienen und Wildinsekten sind überlebenswichtig
      Industrielle Landwirtschaft ohne Zukunft (27.02.13)

      Dem deutschen Wald geht es schlechter
      als in den 1980er-Jahren (4.02.13)

      Pestizide vernichten Amphibien
      Umweltbundesamt fordert Beschränkungen (1.02.13)

      Demo in Berlin für Agrar-Wende
      25.000 erklären: "Wir haben es satt" (19.01.13)

      Umweltverbände: Aigners Pestizid-Aktionsplan
      ist "mangelhaft" (25.10.12)

      EU-Kommission versucht Gen-Honig
      durch die Hintertür einzuschmuggeln (24.10.12)

      Bio-Lebensmittel
      - nur ein Mythos? (4.09.12)

      Flächenfraß weiter lebensgefährlich
      BUND fordert Biotopverbund (17.07.12)

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      Volkswirtschaftlich kostengünstiger (30.04.12)

      Artenvernichtung
      Osterhase gefährdet? (4.04.12)

      Greenpeace deckt auf
      Pestizide in Obst und Gemüse (26.03.12)

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      Zustand der Buchen auf historischem Tiefpunkt (2.02.12)

      Gartenrotschwanz bald ausgerottet
      Vogel des Jahres 2011 (9.10.11)

      Merkel degradiert Wald zum Rohstofflieferanten
      Wald-AIDS in den Medien nahezu vergessen (21.09.11)

      Giftige Grünalgen an der bretonischen Küste
      Sarkozy: "Industrielle Landwirtschaft unschuldig" (29.07.11)

      Neu im Supermarkt:
      Pestizid-Cocktail mit Johannisbeeren
      Nur Bioläden stehen abseits (27.07.11)

      Uran im Trinkwasser
      foodwatch kritisiert neuen Grenzwert (29.11.10)

      Appell gegen Massentierhaltung
      Für eine Agrar-Wende (23.11.10)

      Die Ostsee stirbt
      Mord per Ackerbau und Viehzucht (27.07.10)

      Erfolg der Bio-Landwirtschaft
      mit Artenvielfalt statt Pestiziden (5.07.10)

      Greenpeace: Salate nach wie vor
      stark mit Pestiziden belastet (3.02.10)

      Bio-Landwirtschaft
      Option für Klimaschutz
      und Sicherung der Welternährung (26.01.10)

      Gentechnik erhöht Pestizidverbrauch in den USA
      US-Landwirtschaft benötigte 145.000 Tonnen mehr (18.11.09)

      Bundesregierung unterliegt:
      Liste der Agrar-Subventionen endlich öffentlich (9.06.09)

      Die Ostsee stirbt
      Immer weniger Schweinswale (28.01.09)

      Wald-AIDS auch in den USA
      Sterberate in 20 Jahren verdoppelt (24.01.09)

      Steigende Pestizidbelastung
      bei konventionellem Obst und Gemüse
      Politik fördert weiterhin einseitig agro-industrielle Landwirtschaft
      (24.07.08)

      Greenpeace prangert Chemie-Konzerne an
      Umweltgefahren durch Pestizide (16.06.08)

      Umweltverbrechen Mais-Anbau
      Nitrat und Pestizide verseuchen das Grundwasser (18.05.08)

      Bayer-Chemikalie Clothianidin gestoppt
      Zusammenhang mit Bienensterben nun doch nachgewiesen
      (17.05.08)

      Bayer-Chemikalie Clothianidin in toten Bienen
      Angeblich "kein klarer Zusammenhang" (9.05.08)

      Bio-Mandarinen deutliche besser
      Pestizid-Cocktail auf "normalen" Mandarinen (25.11.07)

      Die Ostsee stirbt
      Gabriel desinteressiert (15.11.07)

      Die Ostsee stirbt
      Deutschland schaut zu (28.09.07)

      Schmetterlinge in Deutschland
      80 Prozent vom Aussterben bedroht (13.04.05)

      Eisbär leidet unter Pestiziden (13.09.04)

      Paprika mit Pestiziden
      Greenpeace enthüllt fortlaufendes Versagen von Künast (2.07.04)

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      Nichts als heiße Luft (24.01.04)

      Bio-Landbau wächst (24.11.03)

      Obst- und Gemüse
      aus dem Bio-Laden (21.09.03)

      Bienensterben
      und noch ein Insektizid (14.08.03)

      Apollofalter
      the scream of the butterfly (19.05.03)

 

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