Die Gesamtsumme der deutschen Agrar- Subventionen betrug im Jahr 2002 rund 1,34 Milliarden Euro. Allein über die deutschen Behörden wurden im Rech- nungsjahr 2004/2004 Agrar-Subventionen in Höhe von insgesamt 439 Millionen Euro in Deutschland verteilt. Manche der Empfänger bekommen mehr, andere weniger. 2006 hatte die Umwelt- Organisation Greenpeace bei den zuständigen deutschen Behörden beantragt, die Namen der Empfänger mit den größten Zuwendungen offenzulegen. Zunächst ohne Erfolg. Die deutsche Bundesregierung wollte mit allen Mitteln eine Veröffentlichung der Liste verhindern.
Greenpeace klagte auf Herausgabe. Am 27. Mai 2009 entschied das Bundes- verwaltungsgericht, daß die Subventions- Empfänger veröffentlicht werden müssen. Doch es dauerte weitere zehn Tage, bis die Listen endlich bei Greenpeace eingingen. Nach etlichen Telefonaten und juristischen Scharmützeln erhielt Greenpeace am Montag endlich die Namen der 35 größten Empfänger von Agrarexportsubventionen. Allerdings sind die Agrarexport- subventionen nur ein kleiner Teil der gesamten Subventionen für den Agrar-Bereich. Zehn Tage lang hatte sich die zuständige Behörde des Finanz- ministeriums geweigert, die Listen herauszurücken - obwohl sie laut Urteil des Bundesverwaltungsgerichts dazu verpflichtet war.
Damit ist nun geklärt, daß alle SteuerzahlerInnen das Recht haben, zu erfahren, wer Steuergelder erhält und wie viel. Die Zwangssolidarität zwischen Großagrariern und Agro-Konzernen auf der einen Seite, die mit jährlichen Subventionen in Millionenhöhe gemästet werden und kleinen BäuerInnen auf der anderen, denen weniger zum Leben bleibt als Hartz-IV-EmpfängerInnen, droht nun auseinander zu brechen. Besonders umstritten sind die Agrarexport- subventionen. Diese können in Entwicklungsländern verheerende Folgen für die Landwirtschaft haben, wenn dort produzierte Lebensmittel durch subventionierte Ware aus der EU verdrängt wird und die LandwirtInnen dadurch ihre Existenz verlieren.
An oberster Stelle auf der nun offengelegten Subventions-Liste stehen Firmen wie Europas größter Zuckerhersteller Südzucker mit Sitz in Mannheim. Der Konzern erhielt im Rechnungsjahr 2004/2005 82 Millionen Euro. Er exportiert aus Rüben hergestellten Zucker. Dieser europäische Rübenzucker ist deutlich teurer als Rohrzucker, wie er in Brasilien, Indien oder Südafrika produziert wird. Anstatt aber die erlaubte Zuckererzeugungsmenge (Zuckerquote) in der EU zu senken, wurde zu viel Zucker produziert, heruntersubventioniert und auf den Weltmärkten verscherbelt - zum Leidwesen vieler Staaten.
Mit 60,8 Millionen Euro folgt das Hamburger Agrarhandelshaus August Töpfer, das zum US-Multi Archer Daniels Midland gehört. Dieser Konzern ist in Deutschland vor allem als Lieferant von Agrodiesel bekannt. Und wie nicht anders zu erwarten liegt Deutschlands größte Molkerei, Nordmilch, mit 22,4 Millionen Euro in dieser Sparte an der Spitze. Im Rechnungsjahr 2003/2004 entfielen auf Nordmilch sagar 52 Millionen Euro. Damit bestätigt sich die alte Bauernregel: Der Teufel scheißt immer auf den größten Haufen. Dabei zahlt Nordmilch an die MilcherzeugerInnen mit derzeit 22 Cent pro Kilogramm die niedrigsten Preise in ganz Deutschland.
Neben den Zuckerexporteuren sind es vor allem Molkereien wie Nordmilch, Müllermilch, Campina und Zott, die Millionenbeträge aus Steuergeldern erhalten haben, während am anderen Ende der Hierarchie kleine MilcherzeugerInnen gezwungen werden, ihre Höfe aufzugeben. Auf dem Milchmarkt herrscht eine ähnliche Situation wie beim Zucker: In der EU gibt es eigentlich eine Milchmengenbegrenzung (Milchquote). Sie soll angeblich verhindern, daß teure Überschüsse produziert werden. Doch statt die Milchmenge, welche die Milchbauern erzeugen dürfen, dem tatsächlichen Bedarf anzupassen, wurde die Quote immer weiter erhöht. Die teuren Überschüsse sind ähnlich wie beim Zucker nur mit Hilfe von Subventionen auf den Weltmärkten absetzbar. Eine widersinnige und letztendlich für MilcherzeugerInnen in anderen Ländern gefährliche Regelung.
Mit der Veröffentlichung der Listen gerät diese üble Praxis nun unweigerlich in die öffentliche Diskussion.
REGENBOGEN NACHRICHTEN
Anmerkungen
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(29.01.09)
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