1.12.2009

Wald-AIDS in Baden-Württemberg:
Oettinger legt desaströsen
"Waldzustandsbericht" vor

Haupt-Verursacher Massentierhaltung weiter verleugnet

Schwarzwald AIDS - also eine Immunschwäche aufgrund äußerer Einwirkungen - macht den Wäldern in Deutschland zunehmend zu schaffen. In Baden-Württemberg mußte nun Ministerpräsident Günther Oettinger bei der jährlichen Vorstellung des "Landes- Waldzustandsberichts" eine Zunahme der Waldschäden um 7 Prozent eingestehen. Während die negative Einwirkung auf die Waldböden durch "sauren Regen" aus Kohlekraftwerken, Straßenverkehr und Hausheizungen reduziert werden konnte, wuchs die Belastung durch Ammoniak-Emissionen aus der Massentierhaltung um so stärker. Die Landesregierung versucht dies jedoch nach wie vor totzuscheigen und auch aus den Mainstream-Medien ist hierüber mit gelegentlichen Ausnahmen nichts zu erfahren.

Ministerpräsident Oettinger und der baden-württembergische Landwirtschaftsminister Peter Hauk behaupteten heute dreist, die Zunahme der Waldschäden sei "durch den Klimawandel" verursacht worden. Daß die Erhöhung der Durchschnittstemperaturen auch in Baden-Württemberg auf lange Sicht den Wäldern zu schaffen machen wird, so denn nicht rechtzeitig gegengesteuert wird, sei hier nicht in Abrede gestellt. Auch in diesem Bereich trägt die baden-württembergische Landesregierung mit ihrer extremen Verhinderungspolitik gegen Erneuerbare Energien in hohem Maße schuld für eine immer gefährlicheren Entwicklung. Da in den Wälder in diesem Sommer wegen ausreichenden Regenfälle jedoch keineswegs Hitzeschäden zu verzeichnen waren, muß die Erklärung der Landesregierung, der Klimawandel sei schuld, als billige Ausflucht und als Ablenkungsmanöver von der Hauptursache der zu beobachtenden Immunschwäche gewertet werden.

Die Ammoniak-Emissionen aus der Landwirtschaft, die in den vergangenen Jahren weiter zunahmen, hätten längst durch entsprechende Maßnahmen reduziert werden können. So wird seit Jahren von NaturschützerInnen gefordert, daß strengen Auflagen über die Höchstzahl an Viehbestand pro Hoffläche erlassen werden. Denn nur wenn der zur Verfügung stehende Boden die Gülle des Viehbestandes auch aufnehmen kann, kann diese Quelle zunehmender Ammoniak-Emissionen gestopft werden.

Statt dessen wird die massive Subventionierung der agroindustrielle Landwirtschaft - insbesondere der Massentierhaltung - unbeirrt fortgesetzt. Ammoniak-Emissionen und die Überdüngung der Felder mit Gülle sind die Folge. Durch Wind und Regen wird der Chemikalien-Cocktail aus den landwirtschaftichen Betrieben in die Wälder verfrachtet. Das Wurzelgeflecht der Bäume und die dort lebenden Mikroorganismen, die für das Überleben der Bäume unabdingbar sind, werden mehr und mehr geschädigt. Von dieser Anklage ausgenommen kann lediglich die Ökolandwirtschaft werden, die feste Bestandsobergrenzen pro Fläche einhält.

Der Anteil der Waldflächen mit erheblichen Schäden steig laut "Waldschadensbericht" in den vergangenen zwölf Monaten um sieben auf insgesamt 42 Prozent an. Der Verlust an Nadeln und Blättern im Wald liegt demnach gegenüber dem Vorjahr mit 25,6 Prozent wieder auf dem Niveau von 2007. Nur noch rund ein Viertel des Baumbestandes kann als gesund bezeichnet werden.

Weiterhin steht die Buche an der Spitze der geschädigten Baumarten. In einer Art "letztem Aufbäumen" produzieren die Buchen eine extreme Masse an Bucheckern, um das Überleben der Art langfristig zu sichern. Die Substanz, die für die Produktion der Frucht aufgebracht wird, fehlt den Buchen dann allerdings für die Ausbildung der Blätter. Besondere Sorge macht ForstwissenschaftlerInnen, daß sich solche Jahre mit extremer Bucheckern-Produktion mittlerweile häufen. Auch der jammervolle Zustand der Eichen hat sich in den baden-württembergischen Wäldern weiter verschlechtert.

Als Konsequenz will die Landesregierung an der Kalkung von Waldböden festhalten, blendet jedoch weiterhin den Haupt-Schadensverursacher Landwirtschaft aus. Bekannt dürfte das Problem der Ammoniak-Emissionen allerdings intern durchaus sein. Dies läßt sich daraus schließen, daß im "Waldschadensbericht" zumindest "Stickstoffeinträge" erwähnt werden, die es zu vermeiden gelte. Völlig abwegig ist es im übrigen, wenn die Landesregierung ankündigt, den Wald "mit mehr Eichen oder Douglasien fit" machen zu wollen. Neben der Buche ist die Eiche die Laubbaum-Art, die von Wald-AIDS am stärksten betroffen ist und die bei Wassermangel und Hitze infolge klimatischer Veränderungen äußerst sensibel reagiert.

Hier ein statistischer Überblick entsprechend den jährlichen Daten der Bundesregierung:

Waldschäden von 1983 bis 2008

vergrößerte Grafik: hier

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      Baden-Württemberg: Wald liefert 37 Prozent weniger Gewinn
      Wald-AIDS, Nachwirkungen von Sturm Lothar
      und Klimawandel spürbar (21.08.09)

      Trotz Wald-AIDS:
      Deutsche Forstwirtschaft nicht nachhaltig (21.07.09)

      "Waldzustandsbericht" 2008 veröffentlicht
      Wald-AIDS verschlimmert sich schleichend (21.02.09)

      Wald-AIDS auch in den USA
      Sterberate in 20 Jahren verdoppelt (24.01.09)

      Wald-AIDS:
      Elende Zustände in Baden-Württemberg (18.11.08)

      Wald-AIDS wird beschwiegen
      Mainstream-Medien leugnen weiterin Hauptverursacher (19.03.08)

      Wald-AIDS im Jahr 2007
      und das Elend der Politik (30.01.08)

      Wald-AIDS in Baden-Württemberg
      Nur drei Jahre seit 1983 waren schlimmer... (24.11.07)

      Wald-AIDS im Jahr 2006
      Haupverursacher Landwirtschaft (25.01.07)

      Straßenverkehr subventioniert
      Bahnverkehr stranguliert (15.07.06)

      Seehofer will die jährlichen
      "Waldschadensberichte" canceln (14.07.06)

      Wald-AIDS im Jahr 2005
      Der Waldzustandsbericht und die Ursachen (22.01.06)

      Der Wald hat AIDS
      "Rot-Grün" schaut zu (18.03.05)

      Wald-AIDS so schlimm wie nie zuvor (8.12.04)

      Wald-AIDS - Zustand schlimmer als 1983 (19.10.04)

      WWF sieht "Rot-Grün" auf dem Holzweg
      "Holz-Charta" offenbart Mißachtung der Wälder (3.09.04)

      Der Wald hat AIDS
      Aktuelle Befunde am Krankenbett (28.06.04)

      Auch "Rot-Grün" kann nicht länger leugnen:
      Dem Wald geht's immer schlechter (12.12.03)

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      Waldsterben virulent (29.08.03)

      Künast zum Haartest? (15.07.03)

 

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