Ein Treffen nicht nur für Computerfreaks
Mittlerweile zum neunten Mal fand der "Easterhegg" des Chaos Computer Clubs (CCC) über die Ostertage und diesmal in Hamburg statt. Die schon fast traditionelle jährliche Veranstaltung bietet Workshops zu vielen aktuellen Themen rund um Computer-Technik und Programmierung und trotz mehr als 250 TeilnehmerInnen eine fast familiäre Atmosphäre.
In einem der Workshops ging es darum, zu zeigen, wie leicht DECT-Telefone abgehört werden können. (Die Annahme, nur schnurlose Telefone arbeiteten mit DECT-Standard, stimmt leider nicht. Auch schnurgebundene Telefone können diese Technik eingebaut haben - und müssen dies noch nicht einmal im Benutzerhandbuch deklarieren.) Mit überall problemlos erhältlichen Hardware-Bauteilen und Standard-Software kann ein mit DECT-Telefon geführtes Gespräch je nach Stärke der umgebenden Wände in einem Umkreis von wenigen Kilometern belauscht werden.
Dem CCC geht es allerdings nicht darum, solche Sicherheitslücken zu eigenen Zwecken auszunützen oder gar Geheimdiensten entsprechende Informationen zur Verfügung zu stellen. Dies wäre auch schlecht möglich, wenn sie veröffentlicht werden. Allgemein anerkannt ist in der "Hackerszene" der ethische Grundsatz, mit der Technik verantwortungsvoll umzugehen und niemandem zu schaden. "Die Leute wollen nur Lücken finden, um diese zu schließen - und nicht, um sich dadurch einen Vorteil zu ergattern," meinte eine der Teilnehmerinnen.
Die überwiegend in Englisch formulierten Bezeichnungen der Workshops müssen Computer-Laien kryptisch erscheinen, verbergen jedoch nicht selten Themengebiete, die auch unter politischen und gesellschaftlichen Gesichtspunkten konfliktträchtig sind. So behandelte der Workshop "dangers of the semantic web" die aktuelle Entwicklung, die Bedeutung von Worten und Sätzen insbesondere im Internet für Computer verwertbar zu machen. Hierbei sollen die Informationen im Web von Maschinen interpretiert und automatisch weiterverarbeitet werden können. Die eingesetzten Verfahren, welche die Daten auswerten, wurden vorgestellt und diskutiert. Dabei stand die Gefahr im Zentrum, die all denjenigen droht, die ihre politische Meinung äußern und über die dann geheime Persönlichkeitsprofile angelegt werden können.
Auch für Netzwerk-Spezialisten hat der Easterhegg immer einiges zu bieten: Im Wokshop "Designing Networkprotocols and Applications" wurden die neuesten Routing Simulationsprogramme vorgestellt und ihre Unterschiede erklärt. Als einer der interessantesten Testbenches wurde DES-SERT angesehen, welches sehr umfangreiche Netzsimulationen ermöglicht.
Insgesamt wurden beim Easterhegg an drei Tagen 29 Workshops angeboten. Im Eintrittspreis war ein Frühstücksbuffet inbegriffen, wobei das "früh" sehr großzügig ausgelegt wurde. Die TeilnehmerInnen waren überwiegend im Alter zwischen zwanzig und dreißig Jahren und ältere Mitglieder des CCC meinten, die Atmosphäre des Eastehegg sei heute so, wie die der CCC-Kongresse früher mal war: "Entspannt, eher familiär, man kennt sich." Der Nostalgiefaktor wurde dadurch unterstützt, daß der Easterhegg diesmal in demselben Hamburger Gebäude, im Eidelstedter Bürgerhaus, stattfand, wo der CCC von 1984 bis 1997 seine Kongresse abgehalten hatte bevor nach Berlin gewechselt wurde. So hatten nun auch "Nachwuchs-Chaoten" die Chance, den Kongreß-Anfängen nachzuspüren.
REGENBOGEN NACHRICHTEN
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
wikileaks.de gesperrt
Beginn der Internet-Zensur in Deutschland? (11.04.09)
Greenpeace in Frankreich bespitzelt
Kam der Auftrag von EdF? (1.04.09)
Hausdurchsuchung bei Inhaber der Domain wikileaks.de
Aktionismus gegen Kinderpornographie
als Vorwand für politische Zensur (25.03.09)
Ohne V-Leute würde NPD zusammenbrechen
Baden-Württembergs Innenminister Rech plaudert (8.03.09)
Bundesverfassungsgericht stoppt Wahl-Computer
Die Manipulierbarkeit von elektronischen Speichersystemen,
'Wikipedia' und Internet-Umfragen (3.03.09)
Aktionismus gegen Kinderpornographie
zielt auf Zensur des Internets
Im Visier ist das letzte Kommunikationsfeld
für freie linke Nachrichten (1.02.09)
Schweizer Atomwaffen-Skandal
Zehn Millionen Dollar von der CIA
Regierungs-Akten beseitigt (26.08.08)
Neues "Verbraucherinformationsgesetz"
ist eine Farce (29.07.08)
"Ausforschungs-Paragraphen"
Bundestags-Abgeordnete Ulla Jelpke fordert Streichung (24.07.08)
ELENA - Eine gigantische Datenbank
soll Angaben von 40 Millionen Beschäftigten umfassen (26.06.2008)
ARD-Magazin 'Report':
Meldedaten im Internet frei zugänglich (23.06.2008)
Telekom schnüffelte in Eigenregie
Staatsanwaltschaft ermittelt (24.05.2008)
Big Brother hört mit
Zahl der Abhör-Aktionen nimmt weiter zu (20.05.2008)
Bundesverfassungsgericht präsentiert größte
Mogelpackung aller Zeiten: Das virtuelle Grundrecht (28.02.2008)
Bald alle Deutsche in "Superdatei" erfaßt?
Datenschutzbeauftragter kritisiert Pläne für Bundesmelderegister
(12.02.08)
30.000 klagen gegen Vorratsdatenspeicherung
Sensibilität wächst wie zu Zeiten des Volkszählungsboykotts 1987
(2.01.08)
Datenschutz - mehr Löcher als Käse
BKA speichert IP-Adressen (27.11.07)
15.000 in Berlin gegen Stasi 2.0 (23.09.07)
Wie die Bundeswehr ihre Daten schützt
Daten über "rot-grüne" Kriegseinsätze vernichtet (25.06.07)
Frankreichs Regierung von US-Geheimdienst abgehört
"Blackberry" mit Hintertürchen (21.06.07)
Bundesverfassungsgericht:
Abhören von El-Masri-Anwalt war verfassungswidrig (16.05.07)
Staatliches Hacken privater Computer bereits seit 2005
Im Vergleich zu Schily ist Schäuble ein Waisenknabe (25.04.07)
Der 'spiegel' enthüllt:
Totalüberwachung der Konten (21.11.04)
Mabuse und Mielke im Jenseits blaß vor Neid
Neues "rot-grünes" Telekommunikationsgesetz (26.01.04)
"Rot-Grün" im Überwachungswahn (8.05.03)
Stasi-Mielkes Auferstehung (23.02.01)