Hunderttausende gingen in Frankreich auf die Straße, um gegen die geplante Heraufsetzung des Rentenalters von 60 auf 62 Jahre zu protestieren. Streiks und Demonstrationen führten zu Verkehrsbehinderungen. Drei von fünf Hochgeschwindigkeitszügen fielen aus sowie drei von vier Schnellzügen. An den Hauptstadtflughäfen Charles de Gaulle und Orly fiel bis zum Abend jeder vierte Flug aus. Es ist der stärkste Protest seit Jahren gegen den vom französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy vorangetriebenen Sozialabbau.
Der in Nationalversammlung eingebrachte Gesetz-Entwurf sieht nicht nur die Erhöhung des gesetzlichen Rentenalters vor. Auch die Lebensarbeitszeit soll heraufgesetzt werden. Laut Umfragen unterstützen 63 Prozent der FranzösInnen die Streiks und Proteste gegen die von Sarkozy als wichtigstes Vorhaben seiner Amtszeit bezeichneten "Renten-Reform." Die geplante Lastenverteilung sei unsozial, lautet der häufigste Vorwurf.
Nach offiziellen Zahlen demonstrierten allein in Paris 450.000 Menschen. Das Innenministerium in Paris gab die Zahl der TeilnehmerInnen mit mehr als einer Million an; die Gewerkschaften sprachen sogar von mindestens zweieinhalb Millionen Menschen. Die hohe Beteiligung speist sich nicht zuletzt aus dem Unmut über den Rechtsruck der Sarkozy-Regierung, die ihre schwachen Umfrage-Ergebnisse mit Angriffen auf die in Frankreich lebenden Roma auszugleichen hoffte. Am vergangenen Wochenende hatten sich in Paris Zehntausende an Märschen gegen die Abschiebung von Roma beteiligt.
Neu ist auch, daß die großen französischen Gewerkschaften gemeinsam zu Protesten und Streiks aufriefen. In Marseille, Lyon, Bordeaux und Straßbourg folgten weit über 500.000 Menschen dem Aufruf. Die Streikbeteiligung in den Schulen betrug 55 Prozent, bei der Staatsbahn SNCF lag sie bei 52 Prozent und bei der Post bei knapp 40 Prozent. Etwa 35.000 Beschäftigte der 'France Telecom' traten in den Ausstand. Auch die Beschäftigten in den Krankenhäusern, bei den öffentlich-rechtlichen Medien sowie in Banken und der Industrie beteiligten sich am Streik. Es kam zu erheblichen Behinderungen im Flug- und Bahnverkehr.
Zuletzt hatten im Juni 1,92 Millionen FranzösInnen gegen die "Renten-Reform" protestiert, laut Polizei waren es 800.000 TeilnehmerInnen.
REGENBOGEN NACHRICHTEN
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
Frankreich: 1,92 Millionen
bei Demos gegen Sozialabbau (25.06.10)
Proteste gegen Sozialabbau
"Wir sind alle GriechInnen" (13.06.10)
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