4.05.2004

Tropenholz und Öko-Lüge

Pro Wildlife kritisiert Öko-Siegel

In einem heute veröffentlichten Bericht kritisiert die Umwelt- Organisation 'Pro Wildlife' diverse Öko-Siegel. Auch das von der Bundesregierung und einigen Umweltverbänden geförderte Öko-Siegel FSC sei nicht zuverlässig.1 "Fazit unserer Analyse ist: Umweltbewußte Verbraucher vertrauen auf Ökosiegel, obwohl es derzeit kein zuverlässiges Label gibt, das die Naturverträglichkeit eines Tropenholzproduktes gewährleisten kann," erklärt Dr. Sandra Altherr von 'Pro Wildlife. Wie auch 'Netzwerk Regenbogen' immer wieder hervorgehoben hat, wurden die deutschen VerbraucherInnen durch Öko-Siegel bei Tropenholz lediglich verunsichert. Als Information blieb im Gedächtnis hängen, daß Tropenhölzer wieder guten Gewissens gekauft werden könnten.

Forschungen zeigten zudem, daß der Markt für "Ökoprodukte" sehr beschränkt ist. Die Hälfte der KonsumentInnen in Deutschland achten zwar auf Produkte mit Öko-Siegel, aber nur ein Drittel würde 5 Prozent mehr dafür bezahlen. Diese Statistiken berücksichtigen allerdings noch keineswegs das im Alltag oft wechselhafte Verbraucherverhalten. Selbst hartgesottene umweltbewußte VerbraucherInnen entscheiden sich oft für ein günstigeres Produkt ohne Öko-Siegel. Der Markt ist als Instrument, um die Veränderungen hin zu eine nachhaltige Waldwirtschaft herbeizuführen, ungeeignet.

Mit einer aktuellen Umfrage hat 'Pro Wildlife' diese Befunde bestätigt. Rund 59 Prozent der Befragten hielten das FSC-Siegel für vertrauenswürdig, 41 Prozent auch die Angabe "Kontrollierter Plantagenanbau". Mit Ausnahme von Teak und Mahagoni wissen die KundenInnen oftmals nicht, welche Hölzer aus den Tropen kommen. Balau. Iroko oder Meranti werden nicht als Tropenhölzer erkannt, Produkte entsprechend unkritisch gekauft.

Wenig bekannt ist auch, daß Tropenholz-Plantagen keineswegs ökologisch unbedenklich sind, sondern häufig dramatische Auswirkungen auf die Umwelt haben: Primärwälder werden eigens für die Anlage von Plantagen gerodet und Monokulturen laugen die nährstoffarmen Tropenböden aus. Hoher Pestizid-Einsatz belastet das Grundwasser, schnell wachsende tiefwurzelnde Kulturpflanzen (wie beispielsweise Eukalyptus) senken den Grundwasserspiegel.

Zudem hat Tropenholz mit Öko-Siegel, das an eine umweltbewußte Eliteschicht in den Industriestaaten verkauft wird, nur wenig Einfluß auf die weltweite Dynamik des Holzhandels. In Brasilien wird 85 Prozent des Holzes aus dem Amazonas-Gebiet auf Binnenmärkten verbraucht. Es sind diese Märkte, die zur Unterstüzung des illegalen Holzeinschlags in der Region beitragen, der auf 80 Prozent geschätzt wird. Und BrasilianerInnen mit geringem Einkommen können sich den Luxus einer Auswahl nach Öko-Siegel nicht leisten.

Der Bericht von 'Pro Wildlife' über die Vernichtung der Tropenwälder und die Folgen für die verschiedenen Affenarten gibt einen Überblick über die nach wie vor zerstörerische Holzwirtschaft in Indonesien, Malaysia, Kamerun und der Demokratischen Republik Kongo. Darüber hinaus wurden diverse Öko-Siegel und Herstellerangaben zur Herkunft von Tropenhölzern analysiert. Die wichtigsten Ergebnisse der Studie sind: Alle sechs Menschenaffen-Arten (Sumatra- und Borneo Orang-Utan, Schimpanse, Bonobo, Westlicher und Östlicher Gorilla) sowie zahlreiche weitere vom Aussterben bedrohte Primaten (beispielsweise Nasenaffen, Drills, Preuss-Meerkatzen) leiden direkt an den Folgen des unverminderten Holzeinschlags.

Holzeinschlag und Wilderei sind zudem eng miteinander verflochten. Wilderer nutzen die Erschließung unzugänglicher Waldgebiete durch die Holzfällerstraßen. Sie versorgen die Holzfällercamps mit Fleisch - vielerorts sind Affen die bevorzugte Beute. Das gewilderte Fleisch wird mit Holztrucks zu den Absatzmärkten in den Städten transportiert.

 

Klaus Schramm

 

Anmerkungen:

1 Siehe auch unseren Artikel
    'Zertifizierte Tropenhölzer - ein gefährlicher Irrweg' (14.04.03)

Siehe auch unsere weiteren Artikel:

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