8.10.2009

Niederländisches Parlament beschließt
Abzug aus Afghanistan bis Ende 2010

Nach 8 Jahren Krieg in Afghanistan beschloß das niederländische Parlament am Dienstag abend mit großer Mehrheit den Abzug des Militärs aus Afghanistan bis Ende 2010. Zwei der drei an der Regierungs-Koalition beteiligten Parteien stimmten mit der Opposition.

Ob dieser parlamentarische Beschluß durchgesetzt werden kann, bleibt abzuwarten. Die "christdemokratische" neoliberale Partei des niederländischen Ministerpräsident Jan-Peter Balkenende steht unverbrüchlich zur Eskalations-Strategie des US-amerikanischen Präsidenten Barack Obama. Ein Beschluß des niederländischen Parlaments ist im Gegensatz beispielsweise zum Deutschen Bundestag nicht für die Regierung bindend. So ist auch zu erklären, daß an der Regierung beteiligte Parteien in Deutschland nie mit der Opposition abstimmen, auch wenn dies ihren programmatischen Zielen entsprechen würde.

Niederländische Truppen sind in Afghanistan mit 1.400 SoldatInnen beteiligt, die im Süden des Landes an Kampfeinsätzen beteiligt sind. Bislang kamen 21 ums Leben.

In Kanada sind bislang keine Tendenzen erkennbar, von dem schon früher gefaßten Beschluß abzuweichen, bis Ende 2011 aus Afghanistan abzuziehen. Die 2.500 kanadischen SoldatInnen sind überwiegend in der Provinz Kandahar stationiert, die als Hochburg der Taliban gilt. Seit Beginn des Afghanistan-Krieges kamen mehr als 130 KanadierInnen ums Leben.

Die britische neoliberale "Labour"-Regierung unter Gordon Brown steht auch in der Frage des Afghanistan-Einsatzes vor einem Dilemma. Während die Mehrheit der BritInnen unverändert den Abzug fordert, verlangt das Militär eine Verstärkung der Truppen. Nur 37 Prozent der BritInnen unterstützen laut Umfragen den Afghanistan-Krieg, während 56 Prozent sich für einen Abzug aussprechen. General David Richards, der neue Chef der Streitkräfte, will das britische Kontingent von derzeit 9000 SoldatInnen um mindestens 1000 verstärken. Britisches Militär kämpft vor allem in der südafghanischen Provinz Helmand. Bislang wurden mindestens 200 britische SoldatInnenen getötet.

Auch in den USA ist trotz des "Charismas" von Barack Obama die Zustimmung zum Afghanistan-Krieg laut aktuellen Umfragen mit 39 Prozent an einem Tiefpunkt angekommen. Selbst bei den AnhängerInnen der "rebublicans" die immer noch mehrheitlich den Krieg unterstützen, hat die Begeisterung in den vergangenen zwei Wochen um acht Prozentpunkte abgenommen. Dennoch berät Barack Obama derzeit mit Kongreßmitgliedern und Spitzenmilitärs eine massive Truppenaufstockung.

In Deutschland lehnt eine Mehrheit der Bevölkerung den Afghanistan-Krieg von Beginn an ab. Dennoch wird die "schwarz-rot-grün-gelbe" Kriegs-Einheitsfront (mit Ausnahme der Linkspartei) im Deutschen Bundestag voraussichtlich im November sowohl einer Verlängerung des Mandats als auch einer Erhöhung der Truppenstärke von 4.500 auf 7.000 zustimmen.

Im achten Kriegs-Jahr hat die Taliban-Führung am Mittwoch ein deutliches Friedensangebot an die Interventions-Staaten formuliert. "Wir hatten und haben nicht die Absicht, irgendwelchen Staaten der Welt, einschließlich Europas, Schaden zuzufügen", heißt es auf deren Internet-Seiten. "Unser Ziel ist die Unabhängigkeit unseres Landes und der Aufbau eines islamischen Staates." Zugleich werden die USA und Europa gewarnt: "Solltet ihr weiterhin das Land der stolzen und gläubigen Afghanen unter dem Vorwand eines Kriegs gegen den Terror kolonialisieren wollen, so solltet ihr wissen, daß unsere Beharrlichkeit nur zunehmen wird und daß wir zu einem langen Krieg bereit sind." Auch die Sowjetunion mußte nach einer 10-jährigen Besetzung des Landes (1980 bis 1989) erkennen, daß Afghanistan nicht zu beherrschen ist.

Opium-Produktion in Afghanistan

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

Siehe unsere Artikel zum Thema:

      Massaker in Afghanistan?
      Regelverletzung bei Bombardierung? (10.09.09)

      Afghanistan-Krieg: ZivilistInnen getötet
      bei Bombardierung zweier Tanklaster? (7.09.09)

      Afghanistan:
      Sayed Parvez Kambakhsh ist frei (6.09.09)

      Afghanistan-Krieg: 'Welthungerhilfe' kritisiert
      Vermischung von Aufbauhilfe und Militäreinsatz (16.08.09)

      Aufbauhilfe oder Unterdrückung?
      Afghanistan und die westlichen Milliarden (31.03.09)

      Wegen angeblicher Gotteslästerung mit Todesstrafe bedroht
      ai kämpft für Freilassung des 23-jährigen afghanischen
      Journalistik-Studenten Sayed Parvez Kambakhsh (22.10.08)

      Sozialabbau und Afghanistan (4.08.08)

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