6.11.2016

AKW Leibstadt für 1 Franken
Nationalrat offenbart Alpiq-Misere

Strahlende Schweiz, Lichtshow am Bundeshaus Bern
Mit einem vertraulichen Protokoll des Schweizer Nationalrats, das wohl versehentlich publik wurde, offenbart dieser die Finanz-Misere des AKW-Betreibers Alpiq: Insgeheim bot Alpiq das AKW Leibstadt für einen Schweizer Franken zum Kauf an.

Aus dem geheimen Kommissions-Protokoll des Schweizer Nationalrats mit Sitz in Bern geht zudem hervor, daß Alpiq offenbar auch das defizitäre AKW Gösgen dem französischen Strom-Konzern und AKW-Betreiber EdF zum symbolischen Kaufpreis von einem Franken anbot. Doch EdF lehnte dankend ab. Es stellt sich daher die Frage, ob Alpiq - ebenso wie der gleichfalls defizitär arbeitende Schweizer Strom-Konzern und AKW-Betreiber Axpo (Siehe hierzu unseren Artikel v. 19.12.14) - seine Atomkraftwerke nur deshalb weiterhin betreibt, um nach der Volksabstimmung über einen "geordneten Atomausstieg" am 27. November gegebenenfalls Milliarden-Beträge an Entschädigungen abkassieren zu können.

Im Juni 2015 war übrigens zudem publik geworden, daß das AKW Leibstadt 2014 infolge zu hoher Produktions-Kosten einen Verlust von 75,6 Millionen Schweizer Franken verursachte (Siehe hierzu unseren Artikel v. 20.06.15). Zu verdanken ist dies den erneuerbaren Energien, die für sinkende Strompreise (allerdings nicht für die EndverbraucherInnen) sorgten. Die Produktions-Kosten, mit denen das AKW Leibstadt Strom erzeugt, lagen offenbar um 0,8 Rappen über dem durchschnittlichen Strompreis in der Schweiz.

Nebenbei bemerkt: Eine mehrheitliche Zustimmung bei der Volksabstimmung über einen "geordneten Atomausstieg" hätte zur Folge, daß von den fünf Schweizer Atom-Reaktoren (in vier Atomkraftwerken) nur die ältesten drei - die beiden Atom-Reaktoren des AKW Beznau und der des AKW Mühleberg - bis Ende 2017 stillgelegt würden. Das AKW Gösgen (Inbetriebnahme: 1979) dürfte jedoch bei einer dann beschlossenen und garantierten Laufzeit von 45 Jahren bis 2024 und das AKW Leibstadt (Inbetriebnahme: 1984) sogar bis 2029 am Netz bleiben - sofern sich nicht zuvor der nächste Super-GAU in einem der weltweit über 400 in Betrieb befindlichen Atomkraftwerken ereignet.

Und noch etwas sollte vor der am 27. November in der Schweiz stattfindenden Volksabstimmung zu denken geben: Eine Betriebsdauer von 45 Jahren ist - ganz ohne jedweden Beschluß - schon heute so etwas wie die faktische Obergrenze. Nach offiziellen Daten wurden weltweit 169 Atom-Reaktoren stillgelegt oder wurden bei Katastrophen - wie der im Schweizer Lucens 1969 oder bei der des Atom-Reaktors A im AKW Gundremmingen 1977 oder 1979 Harrisburg oder 1986 Tschernobyl oder 2011 die drei von Fukushima - zerstört. Die "westlichen" Atom-Reaktoren waren auf 25 Jahre Betrieb ausgelegt. Weltweit aber waren die meisten der 157 heute stillgelegten Atom-Reaktoren nur 24 Jahre in Betrieb. Und nur drei Atom-Reaktoren weltweit haben - bis jetzt - mehr als 45 Jahre durchgehalten.

Die Schweizer Atomstrom-Produktion erwirtschaftet mittlerweile jährlich einen Verlust von über zwei Milliarden Schweizer Franken. Bei einem "erzwungenen Atomausstieg" - ob geordnet oder auch nicht - stehen Forderungen von fünf Milliarden Schweizer Franken im Raum - pro Atom-Reaktor. So ist auch nicht verwunderlich, daß Alpiq-Präsident Jens Alder laut vorliegendem Geheim-Protokoll gegenüber den RegierungsvertreterInnen sagte, er hoffe darauf, daß bei der Volksabstimmung ein "Ja" für den "geordneten Atomausstieg" herauskommt. Offenbar geht es Alder nicht um Jahreszahlen wie 2024 oder 2029, sondern um einige Milliarden "Gottfried Stutz".

Nachträgliche Anmerkung (27.11.16):
Bei der Volksabstimmung über einen "geordneten Atomausstieg" stimmte heute eine deutliche Mehrheit mit »Nein«. Möglicherweise kommt der reale Atomausstieg in der Schweiz jedoch schneller, als er bei einem »Ja« für 45-jährige Laufzeiten erfolgt wäre. Dies wird sich in den Jahren 2024 und 2029 oder auch bereits in den kommenden vier Jahren zeigen.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      AKW Leibstadt bleibt bis Februar 2017
      vom Netz (6.10.16)

      Drohne über AKW Leibstadt
      macht Gefahr bewußt (9.08.16)

      INES-1-Fall im AKW Leibstadt
      nachträglich bekannt geworden (13.01.16)

      Reaktor-Stahl des AKW Beznau
      löchrig wie Emmentaler (8.10.15)

      AKW Beznau am Ende?
      14 Jahre vor "Atom-Ausstieg" (16.07.15)

      AKW Leibstadt unrentabel
      Atom-Ausstieg Dank roter Zahlen? (20.06.15)

      Rote Zahlen beim Schweizer AKW-Betreiber
      und Strom-Konzern Axpo (19.12.14)

      Reiche Schweiz - Uralte Atomkraftwerke
      Gefahrzeitverlängerung auf 60 Jahre (9.12.14)

      Löcher im AKW Leibstadt
      6 Jahre lang nicht entdeckt (11.07.14)

      Löcher im AKW Leibstadt
      Feuerlöscher falsch montiert (7.07.14)

      Radioaktiver Müll in Schweizer Wohngebiet
      Behörde schwieg 18 Monate lang (30.05.14)

      Schweizer Atomkraftwerke
      Gefahr für weite Teile Europas (14.02.14)

      Transparente Schweizer Endlager-Suche?
      Illusion um Benken geplatzt
      Rücktritt von KNS-Geologe Marcos Buser (2.07.12)

      Schweizer Uralt-AKW Beznau:
      Riß im Reaktordeckel? (19.06.12)

      Schweizer AKW Beznau:
      Reaktor II wegen Kühlproblem abgeschaltet (24.03.12)

      Atomkraftwerke
      Kernschmelz-Risiko unterschätzt (1.03.12)

      Schweizer AKW Beznau
      jetzt ältestes Atomkraftwerk der Welt (29.02.12)

      Endlagersuche in der Schweiz
      20 "Standortareale" - ein Ziel: Benken (19.01.12)

      Atommüll-Endlager in der Schweiz?
      Unmögliches soll realistisch erscheinen (12.07.11)

      AKW Mühleberg abgeschaltet
      Schwere Vorwürfe
      gegen Schweizer Atom-Aufsicht ENSI (4.07.11)

      Atom-Ausstieg in der Schweiz?
      Regierung versucht Volksverdummung (26.05.11)

      20.000 beim AKW Beznau
      Größte Schweizer Anti-AKW-Demo seit 25 Jahren (22.05.11)

      AKW Leibstadt
      Mitarbeiter verstrahlt (18.02.11)

      Schweizer Studie:
      AKW-Neubau unwirtschaftlich (8.06.10)

      5000 bei Schweizer Anti-AKW-Demo
      Für Abschaltung des AKW Gösgen und gegen neue AKW (25.05.10)

      Schlechte Noten für Schweizer Atomkraftwerke
      Verfahren gegen zwei AKW-Betreiber (6.05.10)

      Schweizer AKW Mühleberg bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag?
      Unbefristete Betriebsgenehmigung ohne BürgerInnenbeteiligung
      (22.12.09)

      August 2009: "Panne" im AKW Beznau
      Zwei Angestellte verstrahlt - bis heute verharmlost (9.11.09)

      Desinformation in der 'Badischen Zeitung'
      Die Schweizer Endlager-Suche (18.06.09)

      Patt bei Atomenergie in der Schweiz
      Hauptstadt Bern will auf erneuerbare Energien umsteigen
      (29.05.09)

      Demo gegen Schweizer
      Atom-Endlager in Benken (20.09.08)

      Endlager-Pläne in Ton zerbröseln
      Konsequenzen für Benken (Schweiz) und Bure (Frankreich)
      (4.01.08)

      'Stopp-Atom'-Allianz in der Schweiz gegründet
      Breites Bündnis unter Federführung von Greenpeace Schweiz
      (31.08.07)

      Neuformierung der Anti-Atom-Bewegung in der Schweiz
      Mehrjährige Kampagne gegen AKW-Neubau geplant
      Kein Kampf um Atomausstieg? (3.07.07)

      Benken: Schweizer Kirchenvertreter kritisieren
      geplantes Endlager für Atommüll (26.10.05)

      Schweiz: Alternativen zu Atom-Endlager Benken? (29.09.04)

      Demo gegen Atomares Endlager im Schweizerischen Benken
      (20.07.04)

      Atom-Mafia europaweit im Aufwind?
      Schweizer AKW-Pläne (26.04.04)

      Öko-Institut schadet Schweizer Atomkraft-GegnerInnen (3.02.04)

      Die Schweiz zwischen Atom und "direkter Demokratie" (10.03.01)

      Atomklo Würenlingen
      extreme Rechenfehler unfähiger Nuklearexperten (25.10.2000)

      Hier strahlt die Schweiz: Atomklo Hochrhein


      Die Geschichte der Atom-Unfälle
      Folge 7 der Info-Serie Atomenergie

 

neuronales Netzwerk