Rund sieben Tonnen des giftigen Schwermetalls Quecksilber verteilen deutsche Kohle-Kraftwerke feinverteilt über Europa. Dies geht aus geht aus einem Gutachten des Hamburger Instituts für Ökologie und Politik hervor.
Bei Säuglingen und Kleinkindern kann Quecksilber Gehirnschäden verursachen - bei Erwachsene Krebs und Nervenleiden. Von der deutschen Industrie stammen insgesamt rund zehn Tonnen Quecksilber-Emissionen pro Jahr. Auf diesem Level können europaweit nur die dreckigen polnischen und griechischen Kohle-Kraftwerke mithalten. Schon Mitte 2014 war bekannt, daß etwa das deutsche Braunkohle-Kraftwerk Neurath beim nordrhein-westfälischen Grevenbroich neben klimaschädlichen Kohlendioxid-Emissionen von über 33 Millionen Tonnen pro Jahr zusätzlich über 500 Kilogramm giftiges Quecksilber und Quecksilberverbindungen in die Umwelt bläst (Siehe unseren Artikel v. 22.07.14). Ein von Greenpeace in Auftrag gegebenes Gutachten kam 2013 zu dem Ergebnis, daß deutsche Kohle-Kraftwerke jährlich rund 3.100 vorzeitige Todesfälle in Europa verursachen (Siehe unseren Artikel v. 3.04.13).
Kohle wird in Deutschland mit jährlich rund 13 Milliarden Euro ähnlich hoch wie Atomenergie (9 Milliarden Euro pro Jahr) subventioniert. Mit rund 430 Millionen Tonnen Kohlendioxid pro Jahr stammt mehr als die Hälfte der deutschen Kohlendioxid-Emissionen aus den fossilen Kraftwerken der Energiewirtschaft. Da die Quecksilber-Emissionen eng mit den Kohlendioxid-Emissionen korrelieren, ergibt schon eine einfache Dreisatz-Rechnung auf der Basis der Emissionen des Kraftwerks Neurath, daß die energiebedingten Quecksilber-Emissionen Deutschlands insgesamt bei rund sieben Tonnen pro Jahr liegen müssen. Und weil das flüchtige Quecksilber aus den Schloten der Kohle-Kraftwerke oft zwölf Monate lang in der Atmosphäre verbleibt, verteilt es sich weiträumig.
Und ebenfalls schon lange bekannt ist, daß die Umwelt-Standards bei den Quecksilber-Emissionen "zufällig" - also: politisch statt naturwissenschaftlich festgelegt vor dem Hintergrund der Faktoren Profit und Kohle-Qualität - in den USA höher als in Deutschland sind. Jenseits des Atlantik gilt für Braunkohle-Kraftwerke ein Grenzwert von 0,004 mg/Nm³ im Monatsmittel. Würde dieser Grenzwert in Deutschland eingeführt, dürfte keines der über 50 Kohle-Kraftwerke am Netz bleiben. Die deutsche Atom- und "Umwelt"-Ministerin Barbara Hendricks versucht sich bislang damit herauszureden, daß schärfere Grenzwerte in der EU noch nicht hätten durchgesetzt werden können.
Dabei gibt es ein in Deutschland entwickeltes Verfahren, mit dem die Emission von Quecksilber aus Kohle-Kraftwerke drastisch gesenkt werden kann. Schon im Jahr 2000 präsentierte Bernhard W. Vosteen, zu dieser Zeit Ingenieur bei Currenta, einem Tochterunternehmen von Bayer und Lanxess, dieses Verfahren. Vosteen gründete ein eigenes Beratungs-Unternehmen, um die Technik weltweit zu vermarkten. In den USA hatte er Erfolg.
Beim Vosteen-Verfahren wird die Kohle vor dem Einblasen in die Kessel mit einer Bromlösung besprüht. Bei der Verbrennung der Kohle verbindet sich das Quecksilber zu Quecksilberbromid, so daß das giftige Metall dann zu mehr als 99 Prozent herausgefiltert werden kann. Dieses Verfahren könnte auch bei der Klärschlamm- und Müll-Verbrennung eingesetzt werden und ebenso in Holzkraftwerken, die ebenfalls Quecksilber emittieren. In Deutschland wird das Vosteen-Verfahren immerhin in zwei Sondermüll-Verbrennungsanlagen in Dormagen und Krefeld und in zwei Klärschlamm-Verbrennungsanlagen in Bottrop und Karlsruhe eingesetzt. Die Abscheide-Rate beträgt 99,99 Prozent. Die Kosten für die Unternehmen liegen nach Aussagen der Forscherin Barbara Zeschmar-Lahl je nach Kraftwerksgröße und gewählter Technologie im niedrigen einstelligen Millionen-Euro-Bereich. Bislang aber sehen sich die Energie-Versorger RWE, E.on, Vattenfall und EnBW keinem politischen Druck ausgesetzt, ihre Kraftwerke nachzurüsten. Profit zählt mehr als Menschenleben und Gesundheit.
Zweckmäßiger als Filtertechnik wäre - nicht zuletzt im Sinne des Klimaschutzes - ein sofortiger Ausstieg aus der Kohleverstromung. Deutschland könnte schon längst zu 100 Prozent mit Strom aus erneuerbaren Energien versorgt werden - den politischen Willen vorausgesetzt. Eine im Jahr 2008 veröffentlichte Untersuchung konnte beweisen, daß eine Umstellung auf 100 Prozent Erneuerbare technisch innerhalb von 8 Jahren zu realisieren ist (Siehe unseren Artikel v. 15.03.08). Diese basierte auf einem Ausbau-Stand der Erneuerbaren, die 2008 einen Anteil von 15 Prozent an der Stromproduktion erreicht hatten. Beim Ausbau-Stand von mittlerweile 33 Prozent (2015) schrumpft die technisch nötige Umstellungs-Phase von 8 auf weniger als 6 Jahre.
Nebenbei: Auch wenn sich manche Partei-PolitikerInnen heute wieder als "grün" zu profilieren versuchen, steht anhand der Zahlen fest: Der Ausbau der Erneuerbaren wurde in der "rot-grünen" Ära zwischen 1998 und 2005 unter Kanzler Gerhard Schröder ebenso gebremst wie in den Jahren danach unter Kanzlerin Angela Merkel.
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
Allianz kappt Kohle-Finanzierung
aus Profit-Gründen (24.11.15)
Daumen runter für RWE
Rote Zahlen und Desaster in GB (12.11.15)
Greenpeace-Studie zu Kosten der Braunkohle:
15 Milliarden Euro pro Jahr (11.11.15)
E.on mit roten Zahlen
Was wird aus Rückstellungen? (10.11.15)
Gabriel spendiert
zusätzliche Subventionen (4.11.15)
Witz der Woche / Karikatur von Samy
Gabriel, der Moses auf dem Scherbenhaufen (4.11.15)
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Lobbycontrol protestiert (2.11.15)
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investiert in schwarzes Loch (21.10.15)
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