PolitikerInnen handeln entgegen ihren Versprechungen
Wie bereits anhand einer WWF-Studie im April1 zu erkennen war, schmilzt das Eis der Arktis in diesem Jahr noch schneller als in den vergangenen. 2007 war der arktische Eis-Schild um 20 Prozent geringer als je zuvor gemessen.
Bereits vor wenigen Tagen wurde bekannt, daß der arktische Eis-Schild bereits das Minimum von 2007 erreicht hat (Internetseite der US-amerikanischen Polar Research Group der University of Illinois). Inzwischen ist klar, daß auch dieses Jahr einen Negativ-Rekord zeitigt. Zudem stellten WissenschaftlerInnen von der International Siberian Shelf Study Expedition fest, daß auch der Meeresboden am Nordpol zu tauen beginnt. Dadurch wird das klimaschädigende Gas Methan frei.
In diesem Sommer ist es nun soweit: Erstmals sind Nordost- und Nordwestpassage in der Arktis zugleich eisfrei. Der Seeweg um den Nordpol läßt sich ohne Eisbrecher befahren.
Immer deutlicher wird, daß es sich bei den Vorgängen in der Arktis bereits um eine Kettenreaktion handelt: Das Meerwasser absorbiert das Sonnenlicht viel stärker als die weiße Eisdecke. Das Wasser erwärmt sich noch stärker, weshalb auch mehr Eis schmilzt.
Das Fatale ist, dass das Schmelzen weitaus schneller voranschreitet, als alle Computersimulationen vorhergesagt haben. "Die Arktis reagiert früher und empfindlicher als die Modelle das vorhersagen", sagt Karsten Smid, Klima-Experte bei Greenpeace.
Steigende Temperaturen in Sibirien führen zum Auftauen der Permafrostböden. Dabei werden bereits seit einigen Jahren immer größere Mengen des treibhauswirksames Methan freigesetzt. Dies heizt die globale Erwärmung weiter an. Methan ist wie Kohlendioxid ein Treibhausgas. Jedoch ist es im Vergleich zu Kohlendioxid 21 mal so klimawirksam. Dadurch tauen die Meeresböden immer stärker, weshalb noch mehr Methan frei wird.
"Bei dem Schmelzen der arktischen Eismassen und dem auftauenden Permafrostboden sehen wir jeweils Rückkopplungseffekte, die in bisherigen Klimaprognosen nicht berücksichtigt werden", meint Smid. WissenschaftlerInnen befürchten daher, daß das Weltklima durch das frei werdende Methan endgültig kippen könnte. Die Temperaturen würden so innerhalb weniger Jahrzehnte stark ansteigen.
Greenpeace fordert, dass die globale Erwärmung auf weit unterhalb von zwei Grad Celcius gegenüber dem vorindustriellen Niveau begrenzt wird. Die deutsche Bundeskanzlerin redet zwar von Klimaschutz, handelt jedoch permanent dem zuwider: So versucht sie nun zusammen mit ihren EU-Kollegen die zwei Grad-Schwelle auf Temperaturwerte der 90er Jahre zu beziehen und schiebt die Skala damit um ein halbes Grad nach oben.
Die Konsequenz aus den Schreckensmeldungen der Wissenschaftler kann nur sein, den Ausstoß von klimaschädlichen Treibhausgasen so schnell und drastisch wie möglich zu senken. "Wer in dieser Situation noch daran denkt neue Kohlekraftwerke zu bauen oder zu genehmigen, hat den Ernst der Lage nicht verstanden", so Klima-Experte Karsten Smid.
Unbeeindruckt zeigt sich Bundeskanzlerin Merkel nach wie vor gerne bei Grundsteinlegungen für neue Kohlekraftwerke zusammen mit den Managern der Strom-Konzerne RWE und Vattenfall - zuletzt Anfang September in Hamm. Nirgendwo sonst werden in Europa so viele Kohlekraftwerke gebaut oder geplant wie in Deutschland.
Nach wie vor ist die Kohlendioxid-Konzentration in der Atmosphäre der primäre Indikator für den Klimawandel. Hier gilt ein Wert von 450 ppm (Millionstel Volumentanteile) als kritische Grenze, die nicht überschritten werden sollte. Es handelt sich um einen "point of no return", dessen Überschreiten vermutlich zu einem nicht mehr aufzuhaltenden Kippen des globalen Klimas führt. Als nächstes steht vermutlich Moorburg bei Hamburg auf ihrem Terminkalender.
Diesen Grenzwert zu vermeiden wurde als Aufgabe der internationale Staatengemeinschaft in der UN-Klimaschutzrahmenkonvention festgelegt. Der renommierte Klimaforscher James E. Hansen vertritt allerdings die Position, daß 450 ppm schon deutlich zu viel sind und die atmosphärische Konzentration langfristig unter das Niveau von 385 ppm abgesenkt werden muß. Vor Beginn der industriellen Revolution hatte sie rund 270 ppm betragen. Derzeit steigt der Wert um knapp zwei ppm pro Jahr.
Kohlendioxid-Konzentration gemessen auf dem Vulkan Mauna Loa auf Hawaii.
Weil die Meßstation weitab von Quellen und Senken und mit 3.400 Metern Höhe über dem Meeresspiegel in der freien Troposphäre gelegen ist, gilt sie als Referenz, der die durchschnittliche Kohlendioxid-Konzentration in der Atmosphäre widerspiegelt.
Weiterhin emittiert die kapitalistische Wirtschaft weltweit täglich 70 Millionen Tonnen Treibhausgase und Verschmutzung in die Erdatmosphäre. Die Versprechungen von PolitikerInnen haben sich über mittlerweile zwei Jahrzehnte als irreal, deren Handlangerdienst für die Konzerne dagegen als real erwiesen.
Eine Wende in der Klimapolitik kann nur durch die Überwindung des Kapitalismus und den Aufbau einer demokratischen Wirtschaftsordnung erreicht werden.
REGENBOGEN NACHRICHTEN
Anmerkungen
1 Siehe hierzu:
WWF: Eis der Arktis schmilzt schneller als erwartet
Bereits im Sommer 2013 eisfrei? (25.04.08)
Arktis-Eis schmilzt dramatisch schnell
Mit Vollgas in die Klimakatastrophe (2.09.07)
Nordpol schmilzt
Klimakatastrophe rückt näher (19.09.06)
Siehe auch unsere Artikel:
Alte Wälder schlucken mehr Kohlendioxid
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WWF: Eis der Arktis schmilzt schneller als erwartet
Bereits im Sommer 2013 eisfrei? (25.04.08)
Klimaforscher James Hansen: Erde an kritischem Punkt (6.04.08)
Emissionshandel kein Instrument für Klimaschutz:
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