25.03.2013

Niedersachsen
"Rot-Grün" bricht
Wahlversprechen zu Gorleben

Niedersachsen: Der grüne Lack blättert ab
Wie unschwer vorherzusehen hat die neue niedersächsische Landes- regierung unter Ministerpräsident Stephan Weil das Wahlversprechen gebrochen, sie werde sich für eine "Endlagersuche ohne Gorleben" einsetzen. Als "Kompromiß" wird nun angepriesen, daß keine weiteren CASTOR-Behälter mit hochradioaktivem Müll nach Gorleben transportiert werden sollen. Doch gerade dies wird die zukünftige Arbeit der Anti-AKW-Bewegung erschweren.

Bei der Landtagswahl in Niedersachsen im Januar 2013 hatten die Pseudo-Grünen den WählerInnen im Wendland versprochen, sich nicht auf eine Endlagersuche unter Einbeziehung Gorlebens einzulassen. Der Spitzen-Kandidat der "S"PD, Stephan Weil, hatte im Wahlkampf eine Endlagersuche, bei der der Salzstock Gorleben im Rennen bleibt, rigoros ausgeschlossen. Noch in den Koalitionsvertrag hatten "S"PD und Pseudo-Grüne den Satz geschrieben: "Gorleben ist ungeeignet und muß aufgegeben werden." Doch eine klare Verpflichtung, sich - wie versprochen - für eine "Endlagersuche ohne Gorleben" einzusetzen, war in diesem Papier schon nicht mehr zu finden (Siehe unseren Artikel vom 8.02.13).

Der neue Ministerpräsident Weil schien es bis vor kurzem sogar weit eher als der pseudo-grüne Koalitionspartner mit der Aussage Ernst zu meinen, er wolle den Salzstock in Gorleben von vornherein aus einer neuen Endlagersuche ausschließen. Doch der neue niedersächsische Umweltminister Stefan Wenzel hatte sich bereits zuvor der Linie von Altmaier, Gabriel und Trittin angepaßt. Bundes-Atom-Minister Peter Altmaier hatte in "vertraulichen" Gesprächen mit seinen Vorgängern Sigmal Gabriel ("S"PD) und Jürgen Trittin (Pseudo-Grüne) längst die Weichen gestellt und so wird Gorleben in die bald offiziell verkündete "Endlagersuche" einbezogen werden.

Euphemistisch heißt es nun in den Mainstream-Medien, mit dieser Entscheidung sei einem "urgrünen Anliegen" gedient: Denn nun könne die "Endlagersuche im gesamtgesellschaftlichen Konsens" organisiert werden. Beiseite geschoben wurden damit die Forderungen von Umwelt-Organisationen und Anti-AKW-Bewegung. Deren Position lautet unverändert: "Über das Atommüll-Dilemma kann nicht durch ein Festschreiben eines Endlagersuchgesetzes hinweggetäuscht werden. Die Ereignisse um das Atommüll-Lager ASSE II und die willkürliche Entscheidung eines »Endlagers« Gorleben sind nicht aufgearbeitet, die politisch Verantwortlichen wurden nicht zur Verantwortung gezogen. Die Stilllegung aller Atomanlagen ist zwingend notwendig vor der Suche nach Standorten für die Lagerung von Atommüll."

Bundes-Atom-Minister Altmaier hat sich mit der niedersächsischen Landesregierung auf drei Punkte geeinigt: Zuerst wird ein Endlagersuchgesetz einvernehmlich von "Schwarz-Rot-Gelb-Grün" im Bundestag verabschiedet. Zweitens darf als schmückendes Beiwerk eine aus den Reihen von Parteien, Verbänden und Gewerkschaften zu besetzende Enquetekommission bis 2015 Mindestanforderungen und Ausschlußkriterien für die Wahl eines Endlagers erarbeiten. Schon heute ist unschwer vorherzusehen, daß diese Kriterien genügend wachsweich formuliert werden, damit Gorleben am Ende als "Endlager" in Frage kommt. Und drittens wird der niedersächsischen Regierung als vermeintliches Entgegenkommen zugesichert, daß keine weiteren CASTOR-Behälter mit hochradioaktivem Müll nach Gorleben transportiert werden.

Letzteres zeugt von der politisch-taktischen Finesse Altmaiers. Denn Altmaiers Kalkül zielt dabei darauf ab, daß der Anti-AKW-Bewegung die Organisierung des Protests bei CASTOR-Transporten zu Zwischenlagern in verschiedenen Teilen Deutschlands erheblich schwerer fallen wird. Der Widerstand gegen die CASTOR-Transporte nach Gorleben hat Tradition und motivierte selbst im kalten und windigen November immer Zehntausende, zu Blockaden ins Wendland zu kommen.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) kritisiert den vermeintlichen Kompromiß als "unausgegoren" und "wenig hilfreich". Solange der Salzstock in Gorleben nicht endgültig von der Endlagersuche ausgeschlossen werde, sei nichts gewonnen, erklärte BUND-Vorsitzender Hubert Weiger. Gorleben müsse "endlich als erwiesenermaßen geologisch ungeeigneter und politisch verbrannter Standort von der Endlagersuche ausgenommen" werden. Mit der Einbeziehung des Standorts Gorleben werde der notwendige breite gesellschaftliche Diskurs von vornherein belastet.

Ob das "Linsengericht", für das sich "Rot-Grün" zu dem Deal mit Altmaier verlocken ließ, am Ende tatsächlich serviert wird, ist im übrigen recht fraglich. Denn die Gesellschaft für Nuclearservice (GNS), die seit Jahren ins Geschäft mit Atommüll-Transporten involviert ist, vertritt den Standpunkt, daß bislang nur das oberirdische Zwischenlager bei Gorleben eine Genehmigung für die Lagerung der aus den Plutonium-Fabriken La Hague und Selleafield in den kommenden Jahren zum Transport nach Deutschland vorgesehenen Glaskokillen besitzt. In den zwölf Zwischenlagern an den AKW-Standorten hingegen dürften nur abgebrannte Brennelemente aus den jeweiligen Reaktoren gelagert werden. Hinzu kommt ein politischer Grund, der alsbald ins Gewicht fallen könnte. Mit CASTOR-Transporten zu den deutschen AKW-Standorten könnte die dortige Bevölkerung aus ihrem Dornröschenschlaf geweckt werden - und der Verdacht könnte aufkeimen, daß diese "Zwischenlager" schleichend zu Endlagerstandorten mutieren.

Im Februar hatte Greenpeace noch das Versprechen von "Rot-Grün" bejubelt: "Eine wichtige Hürde in Richtung bundesweiter offener Endlagersuche ist genommen: SPD und Grüne haben sich in Niedersachsen darauf geeinigt, daß Gorleben als Standort aus der Endlagersuche für hochradioaktive Abfälle ausgeschlossen werden soll."

Ausnahmsweise kann einmal der Aussage eines "gelben" Politikers kaum widersprochen werden: Stefan Birkner bezeichnete den Kurswechsel von "Rot-Grün" als "unverhohlene Wählertäuschung". Zugleich begrüßte er das Ergebnis.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      "Rot-Grün" in Niedersachsen
      Ist das "Nein" zu Gorleben glaubwürdig? (8.02.13)

      Niedersachsen bleibt schwarz
      Kein Lichtblick für Gorleben (20.01.13)

      "Schwarz-Gelb" schafft Grundlage für Atommüll-Export
      AtomkraftgegnerInnen kritisieren Dammbruch (4.01.13)

      Bundes-Atom-Minister Altmaier sagt:
      "Ich stoppe Gorleben!" (30.11.12)

      Bau-Stop in Gorleben
      Bürgerinitiative feiert Sensation (13.11.12)

      Greenpeace: Gorleben als Endlager
      genügt nicht einmal behördlichen Sicherheitsstandards (26.09.12)

      Im Salz unter Gorleben
      wird illegal weitergebaut (20.08.12)

      BI Lüchow Dannenberg warnt
      vor neuem Endlagersuchgesetz (29.07.12)

      Transparente Schweizer Endlager-Suche?
      Illusion um Benken geplatzt (2.07.12)

      Endlagersuche in der Schweiz
      20 "Standortareale" - ein Ziel: Benken (19.01.12)

      Gorleben: Atomarer Irrweg wird fortgesetzt
      Weitere CASTOR-Transporte angekündigt (7.06.12)

      "Versuchs-Endlager" Asse II
      Rückholung des Atommülls weiter verzögert
      BfS bereitet stattdessen Flutung vor (31.05.12)

      BUND fordert Transparenz bei Endlagersuche
      Transparenz bei einer Farce? (22.02.12)

      Endlagersuche in der Schweiz
      20 "Standortareale" - ein Ziel: Benken (19.01.12)

      Röttgen verplappert sich:
      Illegaler Bau im Gorlebener Salzstock (2.01.12)

      Geologe warnt
      vor geplantem "Endlager" Gorleben (13.12.11)

      Bergung des Atom-Mülls aus Asse II
      weiter verzögert
      Bundes-"Umwelt"-Ministeriumn betreibt Obstruktion (8.12.11)

      Strahlen-Skandal Gorleben
      Wissenschaftlicher Dienst des Bundestages
      widerspricht Landesregierung (20.11.11)

      Genehmigung für CASTOR-Transport
      trotz Strahlen-Skandal (31.10.11)

      Strahlen-Skandal in Gorleben
      Grenzwert am Zaun bereits seit 2003 überschritten (30.09.11)

      Radioaktiver Müll in Gorleben
      hohe Strahlenbelastung am Zaun (25.08.11)

      Atommüll-Endlager in Deutschland?
      EU macht Druck (20.07.11)

      Atommüll-Endlager in der Schweiz?
      Unmögliches soll realistisch erscheinen (12.07.11)

      13. CASTOR nach Gorleben
      angekündigt (3.06.11)

      Atom-Ausstieg in der Schweiz?
      Regierung versucht Volksverdummung (26.05.11)

      Gorlebener Salzstock vielfach angebohrt
      Der Berg schlägt zurück (15.04.11)

      Stark erhöhte Radioaktivität
      im "Versuchs-Endlager" Asse II (14.04.11)

      Drei Monate Denkpause
      auch für Gorleben? (30.03.11)

      "Versuchs-Endlager" Asse II
      Wasserzutritt verdoppelt (15.12.10)

      Erhöhte Krebs-Rate
      um das "Versuchs-Endlager" Asse II (25.11.10)

      Parteitag der Pseudo-Grünen
      Gorleben als Verhandlungsmasse (21.11.10)

      Neue wissenschaftliche Studie:
      AKW und tote weibliche Embryos (19.11.10)

      Akten über Explosion im Jahr 1969
      Erdgas unter Gorleben (13.09.10)

      Weiterer Erfolg des Gorleben-Widerstands:
      Verwaltungsgericht Lüneburg stoppt Datensammlung (4.09.10)

      CASTOR-GegnerInnen siegen
      vor Bundesverfassungsgericht (26.08.10)

      Der Endlager-Schwindel
      Greenpeace veröffentlicht Akten zu Gorleben (13.04.10)

      In Asse II wird probegebohrt
      Weitere Zeitverzögerung vor der Rückholung (27.03.10)

      Einsturzgefahr im "Versuchs-Endlager" Asse II
      Atommüll wird rückgeholt (15.01.10)

      Endlager-Standort Gorleben
      Bei der Auswahl spielte Geologie kaum eine Rolle (10.01.10)

      "Versuchs-Endlager" Asse II:
      Mit Spezialbeton Hohlräume verfüllt (8.12.09)

      "Versuchs-Endlager" Asse II:
      Decke eingestürzt (9.10.09)

      "Versuchs-Endlager" Asse II:
      Rückholung des Atommülls laut Bundesamt möglich (2.10.09)

      Verstärkter Laugeneinbruch
      im "Versuchs-Endlager" Asse II (18.09.09)

      Skandal-Serie Asse II: Noch mehr Plutonium
      im "Versuchs-Endlager" (29.08.09)

      Skandal-Serie Asse II:
      Hochradioaktiver Müll im "Versuchs-Endlager"?
      MONITOR veröffentlicht Siemens-Unterlagen (24.07.09)

      Skandal-Serie Asse II:
      Erneuter Fund radioaktiver Lauge (15.07.09)

      Skandal-Serie Asse II:
      Nun auch noch Sprengstoff (26.06.09)

      Desinformation in der 'Badischen Zeitung'
      Die Schweizer Endlager-Suche (18.06.09)

      Asse II: Strom-Konzerne drückten
      die Sicherheits-Standards (3.06.09)

      Asse II: Mehr radioaktiver Müll als vermutet
      Greenpeace findet Hinweise auf zu niedrige Angaben
      in den Inventar-Listen (7.05.09)

      Asse II: Einsturzgefahr in Kammer 7 akut
      (29.04.09)

      Asse II diente auch der Bundeswehr als Atomklo
      Endlager-Skandal nimmt immer neue Dimensionen an (24.04.09)

      Asse II: Auch Fässer mit Pestiziden,
      Arsen und Blei im "Versuchs-Endlager" Asse II (15.04.09)

      Versuchslager Asse II
      Wer hat den radioaktiven Müll produziert? (23.02.09)

      Lauge aus Atommüll-Lager Asse erneut nach 'Mariaglück'
      Dringend nötige Rückholung weiter verzögert (7.02.09)

      Einsturzgefahr im Atommüll-Lager Asse
      Seit Dezember nicht veröffentlicht (15.01.09)

      Demo gegen Schweizer
      Atom-Endlager in Benken (20.09.08)

      Asse II: Der Wechsel zum BfS ist nur Pop
      Rückholung des radioaktiven Mülls bislang nicht geplant (5.09.08)

      Gefahr durch atomares Versuchslager Asse II nicht länger geleugnet
      Atom-Minister Gabriel: "Zustände in Asse sind unhaltbar"
      Wird das Bergwerk geräumt? (2.09.08)

      Verdacht auf hochradioaktiven Müll im Versuchslager Asse II
      "Brennstäbe in Blechdosen" (29.07.08)

      Skandal-Grube Asse II
      Eindringendes Wasser radioaktiv kontaminiert (12.06.08)

      Endlager-Pläne in Ton zerbröseln
      Konsequenzen für Benken (Schweiz) und Bure (Frankreich)
      (4.01.08)

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