Hannover (LiZ). Der Medien-Konzern Madsack versucht, bei der 'Hannoverschen Allgemeinen Zeitung' (HAZ) seinen Profit auf Kosten der RedakteurInnen zu erhöhen. Diese sollen künftig nur noch in der tariflosen Gesellschaft der Heimatzeitungen angestellt werden. Bei Bundes-Arbeitsminister Hubertus Heil zeigt sich ein eklatanter Widerspruch zu seinen öffentlichen Aussagen.
Die Redaktionen von HAZ und Heimatzeitungen wurden vom Verleger, dem Medien-Konzern Madsack, darüber informiert, daß sie künftig in einem Gemeinschaftsbetrieb zusammenarbeiten werden und Neuanstellungen nur noch über die tariflose Gesellschaft erfolgen sollen. "Das ist der Anfang vom endgültigen Abschied Madsacks aus der Tarifbindung," kritisieren der DJV-Landesvorsitzende Frank Rieger und die dju-Landessprecherin Annette Rose. "Der Vorsitzende der Madsack-Konzerngeschäftsführung, Thomas Düffert, wird nicht müde, den Lokaljournalismus zur Königsdisziplin zu erklären. Eine königliche Bezahlung würde wohl kein Lokalredakteur verlangen, eine faire aber schon." Düffert ist auch Vize-Präsident des Bundes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), der mit den Gewerkschaften die Tarife abschließt.
Die Verlagsgesellschaft Madsack GmbH & Co. KG (auch Madsack Mediengruppe) ist nach öffentlich vorliegenden Informationen derzeit das fünftgrößte Verlagshaus Deutschlands. Die Medien-Konzentration ist in Deutschland weit fortgeschritten: Die sechs größten Verlage decken im Segment der Kaufzeitungen mittlerweile rund 98 Prozent der verkauften Zeitungen ab. Zu den Top 6 gehören in absteigender Reihenfolge der Axel-Springer-Konzern (sogenannte BILD-Zeitung, Die Welt, Fakt), die Südwestdeutsche Medienholding (Stuttgarter Zeitung, Stuttgarter Nachrichten, Süddeutsche Zeitung, Schwäbischer Bote,…), die Funke Mediengruppe (WAZ, Thüringer Allgemeine, Hamburger Abendblatt, Berliner Morgenpost…), an vierter Stelle die Verlagsgruppe Ippen (Münchner Merkur, Hessische Allgemeine, tz, Westfälischer Anzeiger, Frankfurter Rundschau…), an fünfter Stelle Madsack (HAZ, Leipziger Volkszeitung, Ostsee-Zeitung, Märkische Allgemeine Zeitung,…) und an sechster Position DuMont (B.Z., Berliner Kurier, Mitteldeutsche Zeitung, Kölner Stadt-Anzeiger, Express, Hamburger MoPo,…).
In Hannover wird jetzt ein Schritt vollzogen, der schon in Rostock, Lübeck und Süd-Niedersachsen zu Zwei-Klassen-Gesellschaften in den Redaktionen geführt hat. RedakteurInnen mit guten tarifgebundenen Altverträgen und JungredakteurInnen, die bis zu 20 Prozent weniger verdienen, arbeiten dort zusammen. "Daß Madsack diesen Schritt ausgerechnet im 125. Jubiläumsjahr, das unter dem Motto »Herzschlag unserer Heimat« steht, vollzieht, kann nur zynisch genannt werden," kommentierte Frank Rieger.
Die Mitteilung im Hause Madsack kam für die HAZ-RedakteurInnen überraschend. Chefredakteur Hendrik Brandt hatte sie vormittags zu einer Themen-Konferenz, einem sogenannten Herbst-Update, bei einer Tasse Kaffee eingeladen. Der Knaller kam am Schluß. Da eröffnete er den KollegInnen, daß künftig HAZ und Heimatzeitungen ein Betrieb seien. Da die Heimatzeitungen tariflos sind, werde man Neueinstellungen nur noch über die Gesellschaft der Heimatzeitungen vornehmen.
Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die Rolle von Bundes-Arbeitsminister Hubertus Heil ("S"PD). Die "S"PD-eigene Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft hält 23 Prozent am Madsack-Konzern. Weder von dieser Seite noch von Hubertus Heil war zur Tarifflucht des Madsack-Konzerns auch nur ein Mucks zu hören. An anderer Stelle hingegen hatte der "rote" Minister in jüngster Zeit des Öfteren eine stärkere Tarifbindung deutscher Unternehmen gefordert.
Anmerkungen
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