Freiburg (LiZ). Im Nachgang einer umstrittenen Hausdurchsuchung im Januar beim freien und nicht-kommerziellen Radio Dreyeckland (RDL) siegten die RadiomacherInnen nun vor Gericht. Das Landgericht Karlsruhe lehnte gestern die Eröffnung eines Hauptverfahrens gegen RDL-Redakteur Fabian Kienert ab. Hintergrund war ein groteskes Ermittlungsverfahren gegen zwei RDL-Journalisten wegen vermeintlicher Unterstützung einer fiktiven verbotenen Vereinigung "linksunten.indymedia" nach § 85 StGB.
Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe hatte gegen Fabian Kienert wegen eines Berichts zum Verbot des Internetportals von "linksunten.indymedia" Anklage erhoben. Ihm wurde die Unterstützung des verbotenen – nur als juristische Fiktion existierenden – »Vereins« "linksunten.indymedia" vorgeworfen. Ausschlaggebend für die Ermittlungen war ein am 30.07.2022 veröffentlichter RDL-Beitrag (https://rdl.de/beitrag/ermittlungsverfahren-nach-indymedia-linksunten-verbot-wegen-bildung-krimineller) zur Einstellung der Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit dem "Linksunten"-Verbot.
Mit dem ausführlich begründeten Beschluß vom 16.05. stellt das Landgericht unmißverständlich klar, daß die Setzung eines Links auf die Archivseite von "linksunten.indymedia" im konkreten Fall keine Unterstützung der weiteren Betätigung einer verbotenen Vereinigung darstellt. Es fehle an Erkenntnissen dazu, dass "linksunten.indymedia" – in welcher Form auch immer – überhaupt noch weiterexistiere. Zudem gehörten Verlinkungen – je nach Gesamteindruck – zum geschützten Bereich der freien Berichterstattung aus Art. 5 GG. Das Landgericht bescheinigt der Staatsanwaltschaft ein problematisches Verhältnis zum Grundgesetz, in dem die "Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film" (Artikel 5, Absatz 1) gewährleistet wird.
Das Landgericht muß noch über die von einem weiteren RDL-Mitarbeiter sowie von RDL selbst eingelegten Beschwerden gegen die Durchsuchung der Privaträume der Journalisten sowie der Redaktionsräume und der Beschlagnahme von Arbeitsmitteln und Speichermedien entscheiden. Anwaltlich vertreten wird RDL von Angela Furmaniak, Lukas Theune und Sven Adam. Die Unterstützung durch die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) (siehe PM der GFF vom 17.05.23) unterstreicht die bundesweite Bedeutung des Falls für die Pressefreiheit.
Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2010, das die Durchsuchung des Freien Senderkombinats Hamburg (FSK) im Jahr 2003 für verfassungswidrig erklärt hatte, mußte "ein Gericht nun erneut Polizei und Staatsanwaltschaft daran erinnern, daß die Rundfunkfreiheit auch für freie Radios gilt" – so RDL in einer Stellungnahme.
Die Verteidigerin von Fabian Kienert, Angela Furmaniak, freute sich über die Entscheidung des Landgerichts: "Es ist wichtig, daß das Landgericht die Staatsanwaltschaft in die Schranken gewiesen hat. Kritik an staatlichem Handeln ist die grundlegende Aufgabe der Presse und darf nicht durch eine politisch motivierte Strafverfolgung ausgehebelt werden."
Fabian Kienert sagte: "Ich bin sehr erleichtert, daß das Landgericht Karlsruhe die Pressefreiheit verteidigt hat. Der Schaden ist damit aber nicht aus der Welt: Die Hausdurchsuchung hat meine Privatsphäre massiv verletzt und Journalistinnen und Journalisten sind verunsichert worden, wie sie über verbotene Organisationen berichten dürfen", kritisiert Fabian Kienert. Er hatte für Radio Dreyeckland die kurze und sachliche Meldung zur Einstellung des Verfahrens wegen der vermeintlichen "Bildung einer kriminellen Vereinigung" im Fall von "linksunten.indymedia" verfaßt..
Andreas Reimann, der ebenso wie Fabian Kienert direkt von der staatlichen Willkür betroffen war, vermutet, daß es der Staatsanwaltschaft und dem Freiburger Staatsschutz "offensichtlich von Anfang an um Einschüchterung und Ausforschung eines kritischen linken Mediums" gegangen sei. Reimanns Privatwohnung war wegen seiner Funktion als Verantwortlicher im Sinne des Presserechts ebenfalls durchsucht worden. Als Lehre aus dem Fall fordert David Werdermann (Gesellschaft für Freiheitsrechte): "Die vagen Strafnormen zur Unterstützung von verbotenen Organisationen müssen so ausgelegt werden, dass Presse- und Rundfunkfreiheit gewahrt werden."
RDL-Geschäftsführer Kurt-Michael Menzel betonte noch einmal: "Das Verfahren ist ein politischer Skandal, weil es offensichtlich war, daß es keine weitere Betätigung einer angenommenen Vereinigung »linksunten.indymedia« gab". Nach der Landgerichtsentscheidung, daß das Setzen von Links durch journalistische Medien auf eine Archivseite keine strafbare Unterstützung einer verbotenen Vereinigung darstellt, fordert er: "Die Staatsschutzabteilung der Karlsruher Staatsanwaltschaft mit ihrer anti-linken Agenda ist eine Gefahr für die Grundrechte und muß aufgelöst werden."
"Auch solchen Einschüchterungsversuchen der Staatsanwaltschaften ist es zu verdanken, daß Deutschland im Ranking der Pressefreiheit nicht mehr unter den ersten 20 Ländern liegt. Allein die Präsenz uniformierter Beamter in den Redaktionsräumen und die Drohung, sämtliche Datenträger zu beschlagnahmen, ist mit der Pressefreiheit unvereinbar. Radio Dreyeckland ist nun für die erlittenen Maßnahmen zu entschädigen," erklärte RDL-Anwalt Lukas Theune.
Radio Dreyeckland fordert eine ausführliche politische Aufarbeitung des Falls und die Löschung sämtlicher erhobener Daten im Beisein von Datenschutz-ExpertInnen.
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
Hausdurchsuchung bei Radio Dreyeckland
unter groteskem Vorwand (17.01.23)
"Die Energiepreise steigen"
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"Sieg für die Pressefreiheit"
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und die Fake-News vom Infra-Schall (6.05.21)
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nach finanziellen Zuwendungen von Bill Gates (8.01.20)
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