15.09.2014

Festung Europa
Massenmord im Mittelmeer

Flüchtlinge - Hunger ist Mord
Nach wie vor sterben unzählige Menschen infolge der Ausbeutung Afrikas und der dort systematisch erzeugten Armut. Das europäische Grenzregime blockt die hierdurch ausgelösten Flüchtlingsströme unbarmherzig ab. Allein in den vergangenen Tagen ertranken offenbar rund 500 Flüchtlinge im Mittelmeer.

Die Zahl der im Mittelmeer ertrinkenden Flüchtlinge nimmt stetig weiter zu. Nach Schätzungen von Hilfsorganisationen könnten bis zu 700 in den vergangenen Tagen im Mittelmeer um Leben gekommen sein. Die italienische Regierung streitet mit der EU-Bürokratie um die Kosten der Rettungs-Mission 'Mare Nostrum'.

Überlebende der Flüchtlings-Katastrophe vom Wochenende berichteten, daß ihr Boot mit einem anderen zusammengestoßen sei. Vermutungen wurden laut, daß Schlepper den Zusammenstoß mutwillig herbeigeführt hätten. Allein hierbei soll es nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) rund 500 Menschen ertrunken sein. Nach den bislang vorliegenden Informationen sollen die Ertrunkenen vor allem aus Syrien, Palästina, Ägypten und dem Sudan gekommen sein.

Eine zweite Flüchtlings-Katastrophe ereignete sich am Wochenende in der Nähe der libyschen Küste, wo ein Boot mit rund 250 Flüchtlingen unterging, von denen am Sonntag nur 36 lebend gerettet werden konnten. "Es treiben viele Leichen im Meer," berichtet ein Sprecher der libyschen Küstenwache. Es handele sich um "einen Akt des Massenmords", heißt es in dem IOM-Bericht.

Das Flüchtlings-Boot sei nahe der Hafenstadt Tadschura rund 20 Kilometer östlich der libyschen Hauptstadt Tripolis gekentert. Libyen ist derzeit in Nordafrika die am stärksten frequentierte Durchgangsstation für Flüchtlinge aus Afrika und Syrien, um übers Mittelmeer nach Europa zu gelangen. Weil es an Patrouillenschiffen mangele, sei auch die Suche nach Überlebenden schwierig, hieß es aus Tripolis.

Seit dem durch militärischen Einsatz der NATO herbeigeführtenSturz des Diktators Muammar al Gaddafi im Jahr 2011 (Siehe unseren Artikel v. 20.10.11) streiten rivalisierende Milizen in dem Wüstenland, das fünfmal größer ist als Deutschland, um die Macht. Die bewaffneten Konflikte in dem ölreichen Land nähern sich immer mehr einem Bürgerkrieg, nachdem es offenbar mißglückt ist, ein USA-höriges Marionetten-Regime einzusetzen. Mit den von der "Festung Europa" gut bezahlten Diensten des Diktators Gaddafi als Grenzwächter gegen die afrikanischen Flüchtlingsströme sind auch die Grenzkontrollen an der Küste weitgehend verschwunden. Dies ermöglicht Schleuser-Organisationen, Tag für Tag Flüchtlinge mit meist kaum seetüchtigen Booten für die Überfahrt nach Europa auszustatten.

Seit Januar starben im Mittelmeer bereits annähernd 2.500 Flüchtlinge - viermal mehr als im Vorjahr, in dem das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) insgesamt rund 600 tote "Boatpeople" registrierte. Es ist allerdings anzunehmen, daß die tatsächliche Zahl der Todesopfer höher ist, da nicht alle Boots-Havarien bekannt werden. Die Statistiken stützen sich auf Berichte von Überlebenden, Hinterbliebenen, Küstenwacht und Hilfsorganisationen.

Die meisten Flüchtlings-Boote nehmen Kurs auf das naheliegende Italien, wo seit Jahresbeginn bereits mehr als 100.000 "Boatpeople" ankamen. Die mörderische Situation könnte sich demnächst sogar noch weiter verschlechtern. Seit knapp einem Jahr versucht die italienische Regierung mit der Rettungs-Mission 'Mare Nostrum' Flüchtlingen zu helfen. Italienische Fregatten und Schnellboote holen regelmäßig Schiffsbrüchige aus dem Mittelmeer. Zuletzt rettete die Besatzung der Fregatte 'Euro' vor Sizilien 600 Flüchtlinge. Unter den Geretteten befand sich eine hochschwangere Frau aus Gambia, die kurz danach auf der Fregatte ein Kind zur Welt brachte.

Am 15. August hatte der italienische Innenminister Angelino Alfano gesagt, sein Land sei stolz, daß so viele Leben hätten gerettet werden können. Zugleich forderte er, die nicht geringen Kosten für 'Mare Nostrum' müsse die EU und ihre Grenzschutzagentur Frontex übernehmen. Doch daraus dürfte nichts werden, denn schon in den vergangenen Jahren ließ die Mehrzahl der europäischen Regierungen die Flüchtlinge lieber ertrinken, als Geld für deren Rettung bereit zu stellen.

Das UNHCR weist darauf hin, daß viele jener, die ihr Leben auf dem Meer riskieren, Flüchtlinge sind, "welche vor Konflikten, Gewalt und Verfolgung fliehen". Die meisten stammen aus Krisenstaaten oder aus Dürreländern der afrikanischen Sahelzone. Diese "dramatische Situation" erfordere einen verstärkten Einsatz der Europäischen Union, erklärte das UNHCR. Die Flüchtlings-ExpertInnen warnten vor der "zunehmenden Krise an Europas Außengrenzen".

Doch nach wie vor ist in den deutschen Mainstream-Medien nichts über die Ursachen der massenhaften Flucht aus Afrika zu erfahren (Siehe hierzu unseren Artikel v. 3.10.13). Allenfalls wird die wohlfeile Forderung nach mehr "Entwicklungshilfe" abgesondert. Es wäre denn wohl doch zu peinlich, zur Sprache zu bringen, daß an Rohstoffen das Tausendfache in US-Dollar aus Afrika abgesaugt wird als per "Entwicklungshilfe" dorthin fließt.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      Festung Europa
      Flüchtlinge aus Niger in Sahara verdurstet (31.10.13)

      Mord an Flüchtlingen
      Barroso auf Lampedusa ausgebuht (9.10.13)

      Festung Europa
      Über 60 Flüchtlinge ermordet (3.10.13)

      Festung Europa
      Tödliche Mauer am Bosporus (11.12.12)

      Hunger und Kapitalismus
      "Der Süden finanziert den Norden" (17.10.12)

      Festung Europa
      Die NATO und der Tod von 63 Bootsflüchtlingen (5.04.12)

      Festung Europa
      Bollwerk am Bosporus geplant (1.01.11)

      Festung Europa
      Grenzregime am Bosporus verstärkt (2.11.10)

      Festung Europa
      Libyen als EU-Grenzposten (29.06.09)

      Berlusconi: Besser in Afrika verhungern
      als in Italien interniert (20.05.09)

      Verfahren gegen Lebensretter in Italien
      Stefan Schmidt und Elias Bierdel von 'Cap Anamur' vor Gericht
      (17.05.09)

      Italien schiebt afrikanische MigrantInnen ab
      Proteste zum Teil scheinheilig (9.05.09)

      Festung Europa: Mehr als 300 Flüchtlinge
      im Mittelmeer ertrunken (31.03.09)

      Ausbeutung durch die Industrie-Nationen
      Eine Nahaufnahme aus Burkina Faso (11.03.09)

      Weitere Proteste auf Lampedusa
      Italiens Asylpolitik unverändert unmenschlich (18.02.09)

      Weiter Demonstrationen auf Lampedusa
      gegen europäische Abschottungs-Politik (28.01.09)

      Protest gegen Festung Europa
      MigrantInnen auf Lampedusa demonstrieren
      gegen Lager-Bedingungen (24.01.09)

      Positive Wende in Australien:
      Ende der menschenverachtenden Asylpolitik (28.07.08)

      Festung Europa
      Menschenverachtende Politik gegen Flüchtlinge (20.06.08)

      Flüchtlingselend und Artenschwund in Nordafrika
      Führt Tierschutz zu mehr Menschenschutz? (22.01.08)

      Frontex und die toten Flüchtlinge
      Immer mehr Leichen im Mittelmeer (25.12.07)

      Europa, schäme dich!
      Flüchtlingselend im Mittelmeer (28.05.07)

      Eine mörderische Weltordnung
      Ceuta und Melilla (21.10.05)

      ai: "deutsche Asylpolitik verantwortungslos" (25.05.05)

      Festung Europa fordert Tote
      Mehr Leichen als Krabben in den Netzen (26.03.05)

      Tag des Flüchtlings 2004:
      Europa macht dicht! (30.09.04)

      Menschenverachtender Umgang
      mit Flüchtlingen beim FdAaF-Bundesamt (3.06.04)

      Zuwanderungsgesetz
      oder Abschottungsgesetz? (27.05.04)

      Nach wie vor werden in Deutschland
      Kinderrechte mit Füßen getreten (16.01.04)

      60 Tote infolge europäischer Unchristlichkeit (22.12.03)

      Sind Sie darauf stolz, Herr Schily? (13.01.03)

      Europa hat eine Verantwortung (11.10.00)

 

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