Klagt der Energie-Konzern Vattenfall?
Das Regierungspräsidium Tübingen hat im Fall der in Schelklingen (Alb-Donau-Kreis) geplanten Müllverbrennungsanlage die Ablehnung durch Bürgerentscheid und Gemeinderat bestätigt und so dem Energie-Konzern Vattenfall eine herbe Niederlage bereitet.
Im vergangenen September hatte eine Mehrheit bei einem Bürgerentscheid in Schelklingen (Alb-Donau-Kreis) den geplanten Bau einer Müllverbrennungsanlage abgelehnt. Der Gemeinderat hatte den Entscheid im Januar mehrheitlich bestätigt. Ein Bebauungsverfahren für das betreffende Gelände wurde eingeleitet und so konnte - solange dieses Verfahren läuft - dort nichts gebaut werden. Der Energie-Konzern Vattenfall, der zusammen mit der Firma HeidelbergCement den Bau der Müllverbrennungsanlage betreibt, hatte dagegen eine Ausnahmegenehmigung beantragt.
Am 15. Juni hatte Vattenfall beantragt, die verweigerte Zustimmung der Schelklinger Bevölkerung durch die Kommunalaufsicht zu ersetzen. Doch das Landratsamt lehnte es ab, "das zweimal verweigerte Einvernehmen im Zuge der Rechtsaufsicht zu ersetzen." Nach Ansicht des Landratsamtes hatte der Gemeinderat keine rechtswidrigen Beschlüsse gefaßt. Die Behörde führt einige Gründe für ihre Entscheidung auf: Für den vorgesehenen Standort bestehe kein Bebauungsplan, zudem befinde er sich im Außenbereich. Das Kraftwerk sei aber kein baurechtlich privilegiertes Vorhaben. Zudem stelle es eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange dar. Das gemeindliche Einvernehmen zu verweigern, sei daher rechtens. Weiter teilt das Landratsamt mit, bestehe kein öffentliches Interesse, um als Rechtsaufsichtsbehörde im Sinne von Vattenfall aktiv zu werden. Das Unternehmen könne, um seine Interessen durchzusetzen, immer noch Rechtsmittel einlegen.
Nun hat auch das Regierungspräsidium Tübingen die Ablehnung durch Bürgerentscheid und Gemeinderat bestätigt und so dem Energie-Konzern Vattenfall eine herbe Niederlage bereitet. Es begründete seine Entscheidung damit, daß das Bauplanungsrecht der Genehmigung entgegenstehe. Laut Vattenfall habe das Regierungspräsidium aber bestätigt, daß die geplante Anlage umwelttechnisch nicht zu beanstanden sei und dem Stand der Technik entspreche.
Für den Energie-Konzern Vattenfall, der sein "Bürgerbüro" in Schelklingen enttäuscht schloß, geht es um ein Projekt mit einem Volumen von 100 Millionen Euro. Nach Angaben von Vattenfall wären jährlich rund 450.000 Euro Gewerbesteuer in die Gemeindekasse geflossen. Die Müllverbrennungsanlage wurde als Heizkraftwerk geplant und sollte sogenannte Ersatzbrennstoffe - also hauptsächlich Kunststoffmüll aus dem gelben Sack - verbrennen. Laut Vattenfall sollten jährlich rund 200.000 Tonnen Gewerbemüll aus ganz Süddeutschland in Schelklingen verbrannt werden. Vattenfall kündigte an, seine Interessen vor Gericht weiterzuverfolgen. Zuständig wäre dann das Verwaltungsgericht in Mannheim.
In Schelklingen wird daher über mögliche Kosten infolge eines Gerichtsverfahrens diskutiert. Der Gemeinderat der 'Freien Wähler', Hans Merkle, erklärte: "Wir sehen in den Folgekosten die größte Gefahr. Wie die Stadt das dann bezahlen soll, ist unklar." Auch der "CD"U-Gemeinderat Franz Müller warnt vor hohen Kosten durch langwierige Gerichtsprozesse.
Stefan Auer von der Bürgerinitiative 'Pro Schelklingen' indes sieht etwaigen Klagen von Vattenfall gelassen entgegen: Er glaubt auch nicht, daß Gerichtskosten die Stadt in den Ruin treiben werden. "Wenn Vattenfall klagt, dann erstmal gegen das Land Baden-Württemberg, weil das Regierungspräsidium die Entscheidung getroffen hat", erklärt Auer. Siegfried Gerlach vom Kommunal- und Prüfungsdienst des Landratsamts Alb-Donau bestätigt dies. Bis es überhaupt zu einem solchen Verfahren kommen würde, streiche mindestens ein Jahr ins Land, meint Auer.
Dennoch hat die Stadt Schelklingen 300.000 Euro für den Fall eines Gerichtsverfahrens im Haushalt eingeplant. "Das ist viel zu hoch angesetzt", meint Auer. "Das Geld brauchen wir nie und nimmer. Trotzdem sollte dieser Posten auf keinen Fall angerührt werden." Im Übrigen seien die Gerüchte, die Stadt Schelklingen habe keinen Rechtsschutz, falsch.
REGENBOGEN NACHRICHTEN
Anmerkung
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