Auf dem Gelände des vom Super-GAU betroffenen AKW Fukushima Daiichi konnten Pfützen mit stark radioaktiv kontaminiertem Wasser nicht länger verborgen bleiben. Der nur noch mit enormen staatlichen Geldern am Leben gehaltene Betreiber-Konzern TEPCO sah sich nun gezwungen, die Hilfe der Internationalen Atomenergie Agentur (IAEA) anzufordern. Dies ist als Eingeständnis der Industrie-Nation Japan zu werten, daß sie die Folgen der Katastrophe nicht mehr allein bewältigen kann.
Das in den vergangenen Wochen bekannt gewordene Entweichen von radioaktiv kontaminiertem Wasser in den Pazifik mußte mittlerweile als schwerster Störfall auf der INES-Skala seit Beginn des Super-GAU eingestuft werden (Wir berichteten zuletzt am 8.08.13). Nachdem noch im Juli verlautbart wurde, es sei nicht bekannt, ob radioaktiv kontaminiertes Grundwasser ins Meer gelangt, mußte TEPCO einräumen, daß es sich um ein Volumen von mindestens 300 Tonnen kontaminiertem Grundwasser pro Tag handelt. Doch nach wie vor behauptet TEPCO nicht zu wissen, wo dieses Wasser austritt. Selbst die internationalen Wirtschafts-Zeitungen reagieren inzwischen alarmiert - die TEPCO-Aktie verzeichnete den mit Abstand größten Tagesverlust.
Auch die japanische Atomenergiebehörde NRA äußerte nun Zweifel, ob TEPCO der Herausforderung, die zerstörten Reaktoren sicher einzuschließen, gewachsen ist. Laut offiziellen Plänen sollen die Reaktoren sowie die nach wie vor stark wärmeabstrahlenden Kernschmelzen in den kommenden 40 Jahren "unter Vermeidung von Folgeschäden" beseitigt werden. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Bloomberg hat mindestens eines der vier Ausschuß-Mitglieder der NRA die Genauigkeit der von TEPCO gemeldeten Daten bezweifelt. Der Chef der NRA, Shunichi Tanaka, kritisierte den Fukushima-Betreiber wegen des austretenden Wassers so heftig wie noch nie. "Diese Krise übersteigt mit Sicherheit in gewissen Punkten die Fähigkeiten von TEPCO."
TEPCO räumte am 19. August ein, ein großes Leck in einem der provisorischen Auffangtanks für radioaktiv kontaminiertes Wasser festgestellt zu haben. Auf dem Gelände befinden sich 349 weitere Stahltanks mit einem Fassungsvermögen von jeweils 1.000 Tonnen, die ebenfalls beschädigt sein könnten. Das kontaminierte Wasser enthält unter anderem radioaktives Strontium, das Knochenschwund und Leukämie verursacht. Außerdem enthält es laut TEPCO "relativ wenig" Cäsium, aber Kobalt, Mangan und Antimon. Die Strahlung wurde mit 80 Millionen Becquerel je Liter angegeben. In den Pfützen seien Strahlungswerte von 100 Millisievert pro Stunde gemessen worden. Dies bedeutet, daß im Abstand von einem Meter von den Pfützen die zulässige Jahresdosis, die für japanische AKW-ArbeiterInnen angegeben wird, bereits nach 12 Minuten erreicht ist. Bei einem Aufenthalt über zehn Stunden werden bereits die weißen Blutkörperchen zerstört.
Der undichte Tank soll mittlerweile leergepumpt worden sein. Auch das radioaktiv kontaminierte Erdreich sei abgetragen worden, so TEPCO. Der Stromkonzern behauptet, daß Radioaktivität nicht von dort ins Meer gelangt sei. Der Tank steht etwa hundert Meter vom Pazifik entfernt in der Nähe von Reaktor 4. Und nach wie vor müssen zur Kühlung der stark wärmeabstrahlenden Kernschmelzen riesige Mengen Wasser in die Reaktor-Ruinen gepumpt werden.
Die Ringe der Stahltanks sind nur mit Bolzen verbunden und mit Hilfe von Gummi-Manschetten abgedichtet. TEPCO nannte eine Mindesthaltbarkeitsdauer der Tanks von fünf Jahren. ExpertInnen erachten diese Angabe als weitaus zu optimistisch. Seit Januar 2012 wurden selbst nach den Angaben von TEPCO bereits vier Lecks entdeckt. TEPCO versuchte, sich nun damit herauszureden, daß zu Patrouillen eingesetzte Angestellte bislang Wasserlachen übersehen hätten. Auch hätten diese nicht den Weisungen entsprechend die Wasserstände der Tanks kontrolliert.
Außerdem mußte TEPCO in den vergangenen Tagen eingestehen, daß zwölf Angestellte "überhöhten" Strahlendosen ausgesetzt waren. Sie tragen damit ein erhöhtes Krebsrisiko.
Unterdessen wurde bei weiteren sechs Kindern in der Region Fukushima nach einem Bericht des öffentlich-rechtlichen TV-Senders NHK Schilddrüsenkrebs diagnostiziert. Bisher wurden knapp 60 Prozent der rund 360.000 Minderjährigen untersucht. Dabei wurden mindestens 18 Krebserkrankungen festgestellt. Bei 25 Kindern und Teenagern besteht Verdacht auf Krebs. Das ÄrztInnen-Kommitee wollte jedoch bislang keinen kausalen Zusammenhang zwischen den Erkrankungen und dem Super-GAU bestätigen. Nicht nur die betroffenen Eltern und LehrerInnen sind über dieser Ignoranz empört. Selbst die Mainstream-Medien können nun nicht länger verschweigen, wie gefährlich die Lage in der Atom-Ruine Fukushima ist.
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
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Urananreicherungsanlage in Guangdong (14.07.13)
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(19.06.13)
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Trotz erfolgloser Propaganda bleibt Regierung auf Atom-Kurs
(19.04.13)
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