Investigativ-Recherche des BUND zeigt zweifelhafte Rolle des EU-Ausschusses für Regulierungskontrolle auf
Berlin (LiZ). Eine umfangreiche Recherche des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Corporate Europe Observatory und Friends of the Earth Europe (FoEE) hat die enorme Einflußnahme der Wirtschaftslobby auf das EU-Lieferketten-Gesetz aufgedeckt. Der Bericht ist seit heute (8.06.22) öffentlich. Er macht die höchst problematische Rolle des kommissionseigenen Ausschusses für Regulierungskontrolle (RSB) deutlich.
Das Lieferketten-Gesetz sollte dafür sorgen, daß europäische Unternehmen endlich grundlegende Menschenrechte und Umwelt-Standards einhalten. LobbyistInnen wirkten aber gezielt auf den RSB ein, um das Gesetz stark abzuschwächen. So wurden unter anderem Haftungsregelungen bis zur Unwirksamkeit verwässert.
2020 begann die EU-Kommission, die ersten Ideen für ein Lieferketten-Gesetz zu entwickeln. Es sah nach einem ambitionierten Vorhaben aus, insbesondere im Vergleich zu dem sehr schwachen deutschen Lieferketten-Gesetz, das weder eine Haftung für Unternehmen bei Verstößen gegen ihre Sorgfaltspflichten vorsieht noch eigenständige Umwelt-Sorgfaltspflichten enthält.
Nach mehreren Monaten Kommissionsarbeit wies der EU-Vorschlag vom vergangenen Februar jedoch verdächtig viele Schlupflöcher für Unternehmen auf. Er bietet ihnen zahlreiche Möglichkeiten, sich der Haftung zu entziehen und hat die Pflichten von Unternehmensleitungen enorm geschwächt. Außerdem ist die Gruppe der Unternehmen, die unter das Gesetz fallen, deutlich dezimiert. Darüber hinaus sind wesentliche Teile der Wertschöpfungs-Kette ausgenommen.
Antje von Broock, BUND-Geschäftsführerin äußert sich bestürzt über das Ergebnis der Einflußnahme: "Es ist erschreckend, wie erfolgreich die europäische Wirtschaftslobby in ihrem Ziel war, die eigene Verantwortung für den Schutz der Umwelt und der Menschenrechte zu schwächen. Die Vorgabe für den RSB, daß neue EU-Vorschriften die Wettbewerbsfähigkeit von europäischen Unternehmen nicht beeinträchtigen dürfen, spielt ihren Zielen dabei in die Hände."
Dabei ist nicht erst seit dem verheerenden Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza bei Dhaka in Bangladesch mit mehr als 1100 Toten und über 2000 Verletzten im Jahr 2013 klar, daß es eine gesetzliche Verpflichtung für Unternehmen geben muß, Menschenrechte und Umweltschutz zu garantieren. Auch die Jahrzehnte lange Verseuchung des Niger-Deltas durch die Öl-Förderung macht dies deutlich. "Angesichts der sich zuspitzenden Klimakatastrophe ist ferner unbegreiflich, daß Klimaschutzmaßnahmen in dem Gesetz fast gänzlich außen vor bleiben und keine Verpflichtungen für Emissionsreduktionsziele festgeschrieben werden," so Antje von Broock weiter.
Ungeachtet derart schwerer Menschenrechts-Verletzungen und Umwelt-Verschmutzungen blieb der Kommissions-Vorschlag den Unternehmen gegenüber auffallend milde. Im Hintergrund wurden alle Register der Lobbyarbeit gezogen. Das geht aus zahlreichen E-Mails, Briefen und Dokumenten hervor, die den Organisationen vorliegen. Einfluß nahm die Wirtschaftslobby auf das Lieferketten-Gesetz über den kommissionseigenen Ausschuß für Regulierungskontrolle RSB.
Der RSB setzt sich aus nicht gewählten BeamtInnen zusammen. Sie wachen darüber, daß neue EU-Rechtsvorschriften die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen nicht beeinträchtigen. Dieser Ansatz birgt jedoch die Gefahr, daß der soziale und ökologische Nutzen von Rechtsvorschriften den Interessen der Wirtschaft geopfert wird. Das ist im Fall des europäischen Lieferkettengesetzes geschehen, so die Bilanz des BUND.
Anmerkungen
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