Im August vergangenen Jahres hatten Neo-Nazis einen Molotow-Cocktail durch die geschlossene Fensterscheibe einer Flüchtlings-Unterkunft in Salzhemmendorf bei Hameln geworfen. Nun hat das Landgericht Hannover zwei Männer im Alter von 25 und 31 Jahren wegen versuchten Mordes zu Haftstrafen von acht und sieben Jahre verurteilt.
In der Nacht zum 28. August steckte der Brandsatz die Wohnung einer Frau aus Simbabwe in Brand, die dort zusammen mit ihren vier, acht und elf Jahre alten Kindern im Nebenraum schlief. Die von einem Nachbarn alarmierte Feuerwehr konnte die Flammen löschen, bevor sie auf andere Räume übergriffen. Die Familie blieb unverletzt und wird psychologisch betreut. Bei einem der beiden männlichen Täter handelt es sich um einen Feuerwehsmann, der im Laufe der Nacht selbst beim Löscheinsatz in der Flüchtlings-Unterkunft dabei war.
Auch eine Frau war auf der Seite der Neo-Nazis beteiligt. Die 24-jährige Deutsche kam mit einer Strafe von viereinhalb Jahre Gefängnis davon. Offenbar bestand vor Gericht kein Zweifel an der rechtsextremen Haltung der drei Beschuldigten. Diese hatten den nächtlichen Brandanschlag zwar zugegeben, zugleich aber bestritten, daß ihr Motiv Fremdenhaß war. Die beiden Männer wurden als Haupttäter, die Frau als Mittäterin eingestuft. Die 24-Jährige hatte die beiden zum Tatzeitpunkt betrunkenen Männer mit dem Auto zu der Flüchtlings-Unterkunft gefahren. Trotz deren hohe Alkoholspiegel billigte das Gericht den zwei Männern keine erhebliche Einschränkung ihrer Steuerungsfähigkeit zu. Sie seien vor und nach der Tat bemerkenswert koordiniert vorgegangen.
Die rechtsextreme Haltung der Angeklagten sah das Gericht unter anderem durch deren im Zuge der Ermittlungen sichergestellte elektronische Kommunikation belegt. Demnach hatten sich die Männer dort klar als Neo-Nazis organisiert und geäußert. Die Motive waren daher trotz des Leugnens offenkundig. Neben den im Strafrecht für Mord - in Abgrenzung zu Totschlag - geltenden Merkmal der "niedrigen Beweggründe" auf Grund von Fremdenhaß sahen die RichterInnen ein zweites Merkmal für Mord erfüllt: "Heimtücke". Dies ergibt sich laut Gericht aus der Tatsache, daß die Täter schlafende Opfer angriffen und ein "gemeingefährliches Tatwerkzeug" benutzten.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Staatsanwaltschaft und Verteidigung haben zunächst eine Woche Zeit, Revision gegen die Entscheidung einzulegen.
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
Flüchtlinge als Geheimdienst-Spitzel?
Kuhhandel aufgedeckt (30.01.16)
Österreich: Obergrenze für Flüchtlinge
Bundeskanzler Faymann färbt "S"PÖ braun (20.01.16)
Wagenknecht auf den Spuren Lafontaines
Flüchtlings-Obergrenze sei schon "fast erreicht" (13.01.16)
Gerüchte gegen Flüchtlinge...
verbreitet und geglaubt (19.11.15)
BKA: Kriminalität bei Flüchtlingen
nicht höher als bei Deutschen (13.11.15)
De Maizière contra Merkel?
Polit-Kaspeletheater von Berlin (9.11.15)
Asylheime brennen
in BaWü und MecPomm (20.09.15)
"Kriegs-und Ausbeutungspolitik"
Offener Brief von Jürgen Todenhöfer (26.08.15)
Antirassistische Plakat-Aktion
in Freital (25.07.15)
Europa mordet
Heute: 700 im Mittelmeer
und Zehntausende in Afrika (19.04.15)
Europa mordet
Verhungern in Afrika
Ertrinken im Mittelmeer (15.04.15)
Fakten gegen Vorurteile
Mediendienst Integration regt zu Diskussion an (5.01.15)
Aktion gegen Festung Europa
Mit dem Bolzenschneider zur EU-Mauer (3.11.14)
NRW: Mißhandlungen von Asylsuchenden
Polizeigewerkschaft beklagt Staatsversagen (29.09.14)
Festung Europa
Massenmord im Mittelmeer (15.09.14)
Festung Europa
Flüchtlinge aus Niger in Sahara verdurstet (31.10.13)
Mord an Flüchtlingen
Barroso auf Lampedusa ausgebuht (9.10.13)
Festung Europa
Über 60 Flüchtlinge ermordet (3.10.13)
Festung Europa
Tödliche Mauer am Bosporus (11.12.12)
Hunger und Kapitalismus
"Der Süden finanziert den Norden" (17.10.12)
Festung Europa
Die NATO und der Tod von 63 Bootsflüchtlingen (5.04.12)
Statistik widerlegt Sarrazin-Thesen
Lohnt die Auseinandersetzung? (12.01.11)
Festung Europa
Bollwerk am Bosporus geplant (1.01.11)
Festung Europa
Grenzregime am Bosporus verstärkt (2.11.10)
Festung Europa
Libyen als EU-Grenzposten (29.06.09)
Berlusconi: Besser in Afrika verhungern
als in Italien interniert (20.05.09)
Verfahren gegen Lebensretter in Italien
Stefan Schmidt und Elias Bierdel von 'Cap Anamur' vor Gericht
(17.05.09)
Italien schiebt afrikanische MigrantInnen ab
Proteste zum Teil scheinheilig (9.05.09)
Festung Europa: Mehr als 300 Flüchtlinge
im Mittelmeer ertrunken (31.03.09)
Ausbeutung durch die Industrie-Nationen
Eine Nahaufnahme aus Burkina Faso (11.03.09)
Weitere Proteste auf Lampedusa
Italiens Asylpolitik unverändert unmenschlich (18.02.09)
Weiter Demonstrationen auf Lampedusa
gegen europäische Abschottungs-Politik (28.01.09)
Protest gegen Festung Europa
MigrantInnen auf Lampedusa demonstrieren
gegen Lager-Bedingungen (24.01.09)
Positive Wende in Australien:
Ende der menschenverachtenden Asylpolitik (28.07.08)
Festung Europa
Menschenverachtende Politik gegen Flüchtlinge (20.06.08)
Flüchtlingselend und Artenschwund in Nordafrika
Führt Tierschutz zu mehr Menschenschutz? (22.01.08)
Frontex und die toten Flüchtlinge
Immer mehr Leichen im Mittelmeer (25.12.07)
Europa, schäme dich!
Flüchtlingselend im Mittelmeer (28.05.07)
"Konzerne eignen sich die Welt an"
Interview mit Jean Ziegler (5.01.06)
Eine mörderische Weltordnung
Ceuta und Melilla (21.10.05)
ai: "deutsche Asylpolitik verantwortungslos"
(25.05.05)
Festung Europa fordert Tote
Mehr Leichen als Krabben in den Netzen (26.03.05)
Tag des Flüchtlings 2004:
Europa macht dicht! (30.09.04)
Menschenverachtender Umgang
mit Flüchtlingen beim FdAaF-Bundesamt (3.06.04)
Zuwanderungsgesetz
oder Abschottungsgesetz? (27.05.04)
Nach wie vor werden in Deutschland
Kinderrechte mit Füßen getreten (16.01.04)
60 Tote infolge europäischer Unchristlichkeit (22.12.03)
Sind Sie darauf stolz, Herr Schily? (13.01.03)
Europa hat eine Verantwortung (11.10.00)