28.12.2017

DBV-Präsident Rukwied ist
"Dinosaurier des Jahres 2017"

Preis für Joachim Rukwied - Collage: Samy - Creative-Commons-Lizenz Namensnennung Nicht-Kommerziell 3.0
Die Umwelt-Organisation NABU vergibt den "Dinosaurier des Jahres" diesmal an Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen "Bauern"-Verbandes DBV. Rukwied und der Lobby-Verband der deutschen Agro-Industrie streiten die Verantwortung der industriellen Landwirtschaft für das Artensterben ab und Rukwied verteidigt laut NABU beharrlich ein Milliarden Euro teures Subventions-System, das zulasten von Natur, LandwirtInnen und SteuerzahlerInnen geht.

Rukwied selbst ist ein Profiteur des deutschen Höfesterbens. Ab 1987 beteiligte er sich als Partner einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) am elterlichen Hof in Eberstadt im Landkreis Heilbronn, der damals 80 Hektar Land und 25 Milchkühe umfaßte. Zum Vergleich: Die durchschnittliche Hofgröße in Baden-Württemberg lag 2010 bei 32 Hektar, der Bundesdurchschnitt bei 56 Hektar. Er übernahm den Hof 1994 und bewirtschaftet heute insgesamt 290 Hektar - nach anderen Angaben fast 350 Hektar, wobei weitere 240 Hektar - nach anderen Angaben 285 Hektar - Pachtfläche aus der Beteiligung an einer Ackerbau-GbR hinzu kommen. Seit 1975 ist die Zahl der Bauernhöfe in Deutschland von über einer Million auf 285.000 gesunken - ein deutliches Zeichen des durch das Profit-Prinzip erzwungenen "Wachsen oder Weichen".

Die Konzentration der in Deutschland landwirtschaftlich genutzten Fläche in immer weniger Händen wird durch eine Subventionspolitik forciert, die vorrangig den großen industriellen Agro-Betrieben zugutekommt (Siehe hierzu auch unseren Artikel v. 28.08.13). Der NABU kritisiert, daß Rukwied mit dieser im Interesse Weniger durchgesetzten Politik, die über den Lobby-Verband DBV und willfährige Partei-PolitikerInnen exekutiert wird, die Zukunft vieler Bäuerinnen und Bauern aufs Spiel setzt.

Der NABU hatte bereits 2001 Rukwieds Vorgänger an der DBV-Spitze, Gerhard Sonnleitner, mit dem Dinosaurier-Preis für dessen hartnäckigen Kampf gegen die Agrar-Wende bedacht. Seither habe sich laut NABU nichts verbessert, im Gegenteil. "Der Zustand von Wiesen und Weiden hat sich dramatisch verschlechtert, die Bestände von Feldvögeln wie Kiebitz und Feldlerche befinden sich ungebremst im freien Fall," erklärte heute NABU-Präsident Olaf Tschimpke.

Das Szenario des "stummen Frühlings" sei keine Panikmache der NaturschützerInnen, sondern werde in großen Teilen unserer Agrarlandschaft zunehmend Realität. "Rebhuhn, Feldhamster und vielen anderen ehemaligen Allerweltsarten fehlt inzwischen der Lebensraum. Sie drohen auszusterben. Gleichzeitig verlieren wir die auch für die Landwirtschaft wichtigen Insekten als Bestäuber und Regulatoren von Schädlingen," so Tschimpke. Die industrielle Landwirtschaft zerstört ihre eigene Grundlage und damit am Ende auch die Lebensgrundlage der Menschheit.

Das Motto des diesjährigen "Bauern"-Tages lautete "Gemeinsam Zukunft gestalten". Doch der Präsident des angeblichen Bauern-Verbandes hat nach Ansicht des NABU bislang weder erkennen lassen, daß er an einem ernsthaften Dialog mit NaturschützerInnen interessiert ist, noch an einer zukunftsfähigen Politik. "Stattdessen werden wissenschaftliche Studien, die das Insektensterben belegen, vom DBV kleingeredet und relativiert. Statt ökologische Herausforderungen anzunehmen, propagiert Rukwied, die Branche sei bereits nachhaltig – wenn es denn Umweltprobleme gäbe, dann seien dafür andere Entwicklungen schuld," kritisiert Tschimke.

Mit fast 40 Prozent ist die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der größte Posten des EU-Haushalts. Sie ist jedoch aus der Sicht der Umwelt-Verbände hochgradig ineffizient und überwiegend umweltschädlich. Zu diesem Ergebnis kommt nicht nur eine aktuelle Fitness-Check-Studie der europäischen Umweltverbände, auch der Europäische Rechnungshof bestätigt, daß selbst die jährlich zwölf Milliarden Euro des sogenannten 'Greening' der GAP keine nennenswerte Wirkung für die Umwelt entfalten.

Der NABU sieht in den 2018 beginnenden Verhandlungen über die künftige GAP eine große Chance für eine Reform hin zu einer wirklich umweltfreundlichen Ernährungs- und Landnutzungspolitik. Mit der Studie "Fit, fair und nachhaltig – Vorschläge für eine Neuausrichtung der Agrarpolitik" hat der NABU bereits vor einem Jahr Berechnungen präsentiert, wie sich mit hohen Umwelt-, Tierschutz- und Qualitätsstandards die Natur schützen ließe und man gleichzeitig den LandwirtInnen ausreichend hohe Einkommen sichern könnte. Dafür müssten die bisherigen Pauschal-Subventionen pro Fläche gestoppt werden. Im Gegenzug können LandwirtInnen durch Maßnahmen für die Artenvielfalt ein attraktives Zusatzeinkommen beziehen.

"Wir verlangen das Ende der Blockadehaltung des Deutschen Bauernverbandes. Ich fordere Herrn Rukwied ausdrücklich zum Gespräch und Austausch auf," so NABU-Präsident Tschimpke. Der NABU will nach eigenen Worten den öffentlichen Druck weiter erhöhen. Unter dem Motto "Der Agrarindustrie die Stirn bieten" demonstrieren der NABU und viele Weitere am 20. Januar in Berlin für gesunde und umweltfreundliche Lebensmittel.

Mit dem "Dinosaurier des Jahres", einer 2,6 Kilogramm schweren Nachbildung einer Riesenechse, zeichnet der NABU seit 1993 Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens aus, die sich durch besonders rückschrittliches öffentliches Engagement in Sachen Natur- und Umweltschutz hervorgetan haben. Preisträger 2016 war Bayer-Chef Werner Baumann für dessen angestrebte Fusion von Bayer und Monsanto. Rukwied hatte Anfang Dezember die durch die deutsche Bundesregierung unterstützte weitere Zulassung des Monsanto-Pestizids Glyphosat in der EU begrüßt.

 

 

Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      Artenvielfalt und Profit in der Landwirtschaft
      Eine agrarökologische Untersuchung (22.08.17)

      Nitrat: "Schwarz-Rot" versucht der
      Klage der EU zu entgehen (17.02.17)

      Hormongifte in Lebensmitteln
      Gefährliche Rückstände aus Pestizid-Einsatz (16.12.16)

      Bio-Landwirtschaft wächst
      sogar in Deutschland ein wenig (14.10.16)

      Boom bei Bio-Lebensmitteln in den USA
      mit Schattenseite (17.06.16)

      Glyphosat in konventionellem Wein
      und Traubensaft (12.05.16)

      Nitrat im Grundwasser
      EU verklagt Deutschland (28.04.16)

      Kein Bio-SojaDrink mehr in Pfandflaschen
      Nur noch im umweltschädlichen Tetra-Pack (27.04.16)

      Feminismus und Agrar-Wende
      passen gut zusammen (8.03.16)

      Glyphosat in vielen Lebensmitteln
      Bundesregierung verharmlost Pestizid (27.02.16)

      Pestizid in deutschen Bieren
      Rein trotz Glyphosat? (25.02.16)

      Global 2000: Naturkosmetik-Check
      Frei von hormonell wirksamen Stoffen (21.02.16)

      20.000 in Berlin
      gegen industrielle Landwirtschaft (16.01.16)

      Ausrottung der Vögel in Deutschland
      macht Fortschritte (30.10.15)

      Bienensterben, Pestizide und Gen-Mais
      US-Regierung unterdrückt Forschung (29.10.15)

      Pestizid-Fraß im US-Kongress
      Cafeteria serviert Neonicotinoide (8.08.15)

      Wachsender Widerstand in Ghana
      gegen "Monsanto-Gesetz" (1.06.15)

      March against Monsanto
      Hunderttausende demonstrieren weltweit (26.05.15)

      EU-Kommission pusht Gen-Technik
      19 genmanipulierte Pflanzen zugelassen (24.04.15)

      Pestizide für Bienensterben ursächlich
      Industrielle Landwirtschaft zerstört Lebensgrundlagen
      (5.03.15)

      Vorreiter der Umweltzerstörung
      Bericht der Europäischen Umweltagentur (5.03.15)

      Wald-AIDS 2014
      Zustand zwischen Leben und Tod (11.02.15)

      Industrielle Landwirtschaft
      rottet Hamster aus (10.02.15)

      "Wir haben es satt!"
      45.000 für eine Agrar-Wende (17.01.15)

      Zweiter Planet im Kofferraum?
      Bodenatlas 2015 wenig hoffnungsvoll (8.01.15)

      Industrielle Landwirtschaft gefährdet Grundwasser
      Strenge Düngeverordnung gefordert (24.10.14)

      Industrielle Landwirtschaft tötet
      Fischsterben in der Elbe (24.07.14)

      Warnung vor Gentech-Landwirtschaft
      wegen steigendem Pestizideinsatz (26.06.14)

      Todeszonen der Ostsee weiten sich aus
      Bundesregierung untätig (17.06.14)

      Europas Flüsse stärker mit Chemie belastet
      als bislang angenommen (16.06.14)

      Industrielle Landwirtschaft treibt
      Klimakatastrophe voran (17.04.14)

      Bienensterben international
      Industrielle Landwirtschaft untergräbt Lebensgrundlagen (7.04.14)

      Wald-AIDS 2014
      Zustand schlechter - nicht besser (10.03.14)

      Agrar-Wende - Erneuern sich
      die Pseudo-Grünen von unten? (27.01.14)

      Das Aussterben der Bienen kann
      plötzlich und ohne Vorwarnung kommen (6.01.14)

      Honig darf verunreinigt werden
      Bundesverwaltungsgericht läßt Gen-Kontamination zu (25.10.13)

      Nitrat-Belastung im deutschen Grundwasser
      verschlechtert sich dramatisch (19.10.13)

      Flächenfraß
      Täglich 74 Hektar mehr Siedlungs- und Verkehrsfläche (13.10.13)

      Agrar-Subventionen
      BUND fordert Neuausrichtung (28.08.13)

      Jugend mag Bio
      23 Prozent kaufen häufig Bio-Lebensmittel (20.08.13)

      VGH-Urteil: Natürliches Mineralwasser
      darf Pestizide enthalten (2.08.13)

      Chemie in Obst und Gemüse
      Nur Bio-Lebensmittel unbelastet (17.06.13)

      Phosphat-Dünger
      Industrielle Landwirtschaft ohne Zukunft (7.05.13)

      Bio-Lebensmittel: Die Produktion in Deutschland
      hinkt der Nachfrage hinterher (6.05.13)

      Bienen und Wildinsekten sind überlebenswichtig
      Industrielle Landwirtschaft ohne Zukunft (27.02.13)

      Dem deutschen Wald geht es schlechter
      als in den 1980er-Jahren (4.02.13)

      Pestizide vernichten Amphibien
      Umweltbundesamt fordert Beschränkungen (1.02.13)

      Demo in Berlin für Agrar-Wende
      25.000 erklären: "Wir haben es satt" (19.01.13)

      Umweltverbände: Aigners Pestizid-Aktionsplan
      ist "mangelhaft" (25.10.12)

      EU-Kommission versucht Gen-Honig
      durch die Hintertür einzuschmuggeln (24.10.12)

      Bio-Lebensmittel
      - nur ein Mythos? (4.09.12)

      Flächenfraß weiter lebensgefährlich
      BUND fordert Biotopverbund (17.07.12)

      Bio-Landwirtschaft
      Volkswirtschaftlich kostengünstiger (30.04.12)

      Artenvernichtung
      Osterhase gefährdet? (4.04.12)

      Greenpeace deckt auf
      Pestizide in Obst und Gemüse (26.03.12)

      Wald-AIDS greift um sich
      Zustand der Buchen auf historischem Tiefpunkt (2.02.12)

      Gartenrotschwanz bald ausgerottet
      Vogel des Jahres 2011 (9.10.11)

      Merkel degradiert Wald zum Rohstofflieferanten
      Wald-AIDS in den Medien nahezu vergessen (21.09.11)

      Giftige Grünalgen an der bretonischen Küste
      Sarkozy: "Industrielle Landwirtschaft unschuldig" (29.07.11)

      Neu im Supermarkt:
      Pestizid-Cocktail mit Johannisbeeren
      Nur Bioläden stehen abseits (27.07.11)

      Uran im Trinkwasser
      foodwatch kritisiert neuen Grenzwert (29.11.10)

      Appell gegen Massentierhaltung
      Für eine Agrar-Wende (23.11.10)

      Die Ostsee stirbt
      Mord per Ackerbau und Viehzucht (27.07.10)

      Erfolg der Bio-Landwirtschaft
      mit Artenvielfalt statt Pestiziden (5.07.10)

      Greenpeace: Salate nach wie vor
      stark mit Pestiziden belastet (3.02.10)

      Bio-Landwirtschaft
      Option für Klimaschutz
      und Sicherung der Welternährung (26.01.10)

      Gentechnik erhöht Pestizidverbrauch in den USA
      US-Landwirtschaft benötigte 145.000 Tonnen mehr (18.11.09)

      Bundesregierung unterliegt:
      Liste der Agrar-Subventionen endlich öffentlich (9.06.09)

      Die Ostsee stirbt
      Immer weniger Schweinswale (28.01.09)

      Wald-AIDS auch in den USA
      Sterberate in 20 Jahren verdoppelt (24.01.09)

      Steigende Pestizidbelastung
      bei konventionellem Obst und Gemüse
      Politik fördert weiterhin einseitig agro-industrielle Landwirtschaft
      (24.07.08)

      Greenpeace prangert Chemie-Konzerne an
      Umweltgefahren durch Pestizide (16.06.08)

      Umweltverbrechen Mais-Anbau
      Nitrat und Pestizide verseuchen das Grundwasser (18.05.08)

      Bayer-Chemikalie Clothianidin gestoppt
      Zusammenhang mit Bienensterben nun doch nachgewiesen
      (17.05.08)

      Bayer-Chemikalie Clothianidin in toten Bienen
      Angeblich "kein klarer Zusammenhang" (9.05.08)

      Bio-Mandarinen deutliche besser
      Pestizid-Cocktail auf "normalen" Mandarinen (25.11.07)

      Die Ostsee stirbt
      Gabriel desinteressiert (15.11.07)

      Die Ostsee stirbt
      Deutschland schaut zu (28.09.07)

      Schmetterlinge in Deutschland
      80 Prozent vom Aussterben bedroht (13.04.05)

      Eisbär leidet unter Pestiziden (13.09.04)

      Paprika mit Pestiziden
      Greenpeace enthüllt fortlaufendes Versagen von Künast (2.07.04)

      Agrar-Wende
      Nichts als heiße Luft (24.01.04)

      Bio-Landbau wächst (24.11.03)

      Obst- und Gemüse
      aus dem Bio-Laden (21.09.03)

      Bienensterben
      und noch ein Insektizid (14.08.03)

      Apollofalter
      the scream of the butterfly (19.05.03)

 

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