Seit 2003 kennt die Mehrweg-Quote nur noch eine Richtung: abwärts. Und dies, obwohl 1991 in der Verpackungsverordnung ein Grenzwert von 72 Prozent festgelegt wurde, unter den sie nicht sinken dürfe. Seit den Zeiten von Anti-Umwelt-Minister Jürgen Trittin sorgen alle Minister dieses Fachbereichs, Sigmar Gabriel (2005 - 2009), Norbert Röttgen (2009 - 2012), Peter Altmaier (2012 - 2013) und mittlerweile Barbara Hendricks dafür, daß es immer schneller bergab geht.
Dabei bestünde laut Gesetz die Aufgabe dieser Damen und Herren darin, umweltschädliche Verpackungen wie etwa TetraPak und Plastikflaschen zurückzudrängen. Doch um das Zerstörungswerk am umweltverträglichen Mehrweg-System abzuschließen, plant Anti-Umwelt-Ministerin Barbara Hendricks nun, den 1991 eingeführten - und eh nie beachteten - Grenzwert ersatzlos zu streichen.
Würden alle alkoholfreien Getränke ausschließlich in Mehrweg- statt in Einweg-Flaschen abgefüllt, dann könnten jedes Jahr 1,25 Millionen Tonnen des Klimagases CO₂ vermieden werden. Doch seit über zehn Jahren verharrt Deutschlands Ausstoß an Klimagasen bei über 900 Millionen Tonnen pro Jahr. Von 2015 auf 2016 war er sogar wieder gestiegen. Dies ist der Kommentar der Realität zu den angeblich völkerrechtlich verbindlichen Klima-Versprechen des ach so historischen Klima-Gipfels COP 21 im Herbst 2015 in Paris. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte dort mit warmen Worten versprochen, die Treibhausgas-Emissionen zu senken. Doch eine Bevölkerung die mehrheitlich zu Belustigungen wie GNTM oder DSDS auf dem Vulkan tanzt, darf nichts Besseres erwarten.
Nun sollen in die novellierte Verpackungs-Verordnung erneut Luftnummern hineingeschrieben werden - beispielsweise die Zielvorgabe, die Recycling-Fähigkeit von Verpackungen zu verbessern. Dabei ist im Falle TetraPak längst klar, daß diese Getränke-Verpackung mit der dreischichtige Wandung aus Karton, Alu und Plastikinnenfolie nicht recyclingfähig ist. Obwohl Fachleuten dies von Anfang an klar war, würde die Lüge vom TetraPak-Recycling jahrelang aufrechterhalten und flog in der Öffentlichkeit erst im Mai 2015 auf (Siehe hierzu unseren Artikel v. 25.05.15).
Laut einer Analyse der Deutschen Umwelt Hilfe (DUH) trägt der von Hendricks vorgelegte Entwurf für eine novellierte Verpackungs-Verordnung "faktisch nichts zur Abfallvermeidung bei". Die DUH kritisiert, daß die "von Hendricks vorangetriebene Einweg-Politik zu immer größeren Abfallbergen und zur Verschwendung wertvoller Ressourcen" führt. Schon jetzt werden für mehr als 17 Milliarden Einweg-Plastikflaschen pro Jahr über 600.000 Tonnen Rohöl und Erdgaskondensate verbraucht und mehr als elf Milliarden Kilowattstunden Energie eingesetzt. Mit dieser Energiemenge können alle EinwohnerInnen Berlins mit Strom versorgt werden.
Aktuell ist nun auch der Hersteller des weltweit verkauften braunen Zuckerwassers, Coca-Cola, aus dem Mehrweg-System ausgestiegen. Auch die Branche der Bio-Lebensmittel verhält sich alles andere als umweltverträglich: So findet sich mittlerweile in den Regalen kein SojaDrink mehr in der Mehrweg-Flasche (Siehe hierzu unseren Artikel v. 27.04.16). Auch der Anteil von in der klimaschädlichen Dose abgefüllten Getränke wächst ständig - und die Parteien-Politik schaut gnädig zu, während sie zugleich sonntags heuchlerisch von der Umwelt predigt.
Effektiv könnte der Irrweg in die Sackgasse der Einweg-Verpackungen politisch leicht beendet werden: Es müßte nur auf alle umweltschädlichen Verpackungen eine Abgabe erhoben werden, mit der die externalisierten Kosten ausgeglichen würden. Unter externalisierten Kosten sind jene Kosten zu verstehen, die der Umwelt und zukünftigen Generationen aufgebürdet werden und wodurch umweltschädliche Produkte billiger erscheinen als umweltverträgliche. Denn dann wären umweltschädliche Produkte auch im Regal als die teureren zu erkennen. Doch solch eine politische Lösung wird solange unmöglich sein, solange die Parteien-Politik stärker von Konzernen als von Wahlen gelenkt wird - sprich: Solange das Wirtschaftssystem kapitalistisch ist und solange keine wirkliche Demokratie durchgesetzt wird.
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
30 Plastiktüten in totem Wal
Artenvernichtung funktioniert effektiv (2.02.17)
Wegwerfbecher - "BackWerk bewegt sich!"
Robin Wood hofft auf Erfolg (2.12.16)
Papierverschwendung in Deutschland
auf Rekordniveau (5.09.16)
Schmuh mit Einweg
DUH wirft Lidl Verbrauchertäuschung vor (27.05.16)
Kein Bio-SojaDrink mehr in Pfandflaschen
Nur noch im umweltschädlichen Tetra-Pack (27.04.16)
Dosen-Flut überwindet
ökologische Bedenken (18.02.16)
Hendricks schützt Plastiktüten
nach Vorbild des Klima-Gipfels von Paris (21.12.15)
Plüschtiere? Giftmüll für Kinder
Zwei Drittel der Ware "mangelhaft" (26.11.15)
Bluff von Tetra Pak & Co. aufgedeckt
Getränke-Kartons nicht umweltfreundlich (25.05.15)
Hormone aus der Getränke-Dose
DUH warnt vor Gesundheitsgefahr (3.02.15)
Coffee to go - Cup to garbage
Das Problem Einmal-Becher (25.11.14)
Dinosaurier des Jahres 2013
für die Einweg-Lobby (27.12.13)
Trittins Erbe:
Mehrweg weitgehend zerstört (5.11.12)
Hormone aus der Dose
Bisphenol A in Bier und Softdrinks (24.02.10)
Mehrweg stirbt
Nabu präsentiert Vorschlag zu Einweg-Steuer (1.11.09)
Müllverbrennungsanlage Schelklingen abgelehnt
Klagt der Energie-Konzern Vattenfall? (14.08.09)
Letzte Rettung für Mehrweg-System?
Neue Abgabe auf Einweg-Flaschen gefordert (16.04.09)
Hormone im Mineralwasser
Plastikflaschen nach wissenschaftlicher Studie in der Kritik
(12.03.09)
Überkapazitäten bei deutschen Müllverbrennungsanlagen
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(3.03.09)
Müllverbrennungsanlage TREA Breisgau
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Abwärme nach wie vor weitgehend ungenutzt (6.02.09)
Mehrweg-Quote bei Getränkeflaschen sinkt weiter
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Müllverbrennungsanlage
in Bremgarten? (27.01.01)
Umwelt-Papier