Forderung nach Offenlegung einer geheimen Studie
zur Rückholbarkeit des radioaktiven Mülls
Auf Initiative mehrerer Bürgerinitiativen findet heute im Magdeburger Rathaus der Morsleben-Kongreß statt. Die Umwelt-Organisation 'Robin Wood' fordert unter anderem die Offenlegung eines bislang geheimen Gutachtens des Bundesamtes für Strahlenschutz aus dem Jahr 2005 über die Rückholbarkeit des radioaktiven Mülls aus dem maroden Bergwerk.
'Robin Wood' fordert, daß vor der gegenwärtig geplanten Schließung des Endlagers, das nur für schwach- und mittelradioaktiven Müll genehmigt ist und in das illegal auch hochradioaktiver Müll eingelagert wurde, umfassend und ergebnisoffen geprüft wird, wie mit dem Atommüll in Morsleben umzugehen ist. Dies schließe auch die Prüfung der Option ein, den Atommüll aus dem einsturzgefährdeten Lager zu bergen.
Neben dem bislang nicht veröffentlichten Gutachten über die Rückholbarkeit des radioaktiven Mülls sollen auch weitere Geheim-Gutachten wie jenes zur Standfestigkeit der Morslebener Stollen, das im Oktober dieses Jahres fertigestellt worden war, veröffentlicht werden.
Die Entscheidung, in dem zerklüfteten, ehemaligen Salzbergwerk Atommüll abzukippen, hatte Anfang der 1970er Jahre noch das "DDR"-Regime getroffen. Nach bundesdeutschem Recht hätte ein Endlager an diesem Standort ebensowenig wie ein Endlager in Gorleben genehmigt werden dürfen. Die nach dem Anschluß der "DDR" zuständige Landesregierung und die Genehmigungsbehörde in Sachsen-Anhalt hatten die bestehenden Sicherheitsdefizite mehrfach dargelegt und einen Stop für weitere Einlagerungen aus westdeutschen Atomkraftwerken gefordert. Diese Forderung hatte die damalige Bundes-"Umwelt"-Ministerin und jetzige Bundeskanzlerin Angela Merkel vom Tisch gewischt. Dabei hatte nicht nur die Landesregierung in Magdeburg Bedenken. Selbst der vom Bundes-"Umwelt"-Ministerium unter Merkel beauftragte Göttinger Geologe Prof. Dr. Herrmann hatte angesichts der Sicherheitsmängel dringend empfohlen, die Einlagerung von noch mehr Atommüll zu stoppen.
All dies ignorierte Merkel. In einem Schreiben vom 26.1.1995 an die damalige Umweltministerin von Sachsen-Anhalt, Heidrun Heinecke, teilte Merkel lapidar mit: "Die Ergebnisse mehrjähriger Prüfungen des Bundes zur Sicherheit des Endlagers Morsleben weisen aus, daß keine Sicherheitsmängel existieren, die einen Einlagerungsstopp rechtfertigen könnten." Und sie ging sogar noch einen Schritt weiter. "Die Prüfungsergebnisse und Betriebserfahrungen", schrieb Merkel, "geben Anlaß zu der Überlegung, die für die Anlaufphase des Einlagerungsbetriebs vorsorglich durch den Betreiber selbst gesetzten Beschränkungen aufzugeben."
Aus westdeutschen AKW wurden weitere tausende Kubikmeter radioaktiver Müll eingelagert. Von den insgesamt 37.000 Kubikmeter Atommüll, der in Morsleben eingelagert wurde, stammt fast zwei Drittel, 22.300 Kubikmeter, aus westdeutschen AKW. Mittlerweile ist unstrittig, daß dieses Bergwerk nicht als atomares Endlager taugt. 1998 stoppte das Oberverwaltungsgericht Magdeburg die weitere Einlagerung in Morsleben. WissenschaftlerInnen hatten Merkel 1996 ausdrücklich vor der unterirdischen Lagerung von Atommüll in Morsleben und einer daraus resultierenden radioaktiven Verseuchung des Grundwassers gewarnt. Merkel informierte die Öffentlichkeit damals nicht über diese Bedenken, sondern ordnete an, "weiterhin kostengünstig Atommüll aus Westreaktoren ins Endlager Morsleben in Sachsen-Anhalt zu verkippen." Im Jahr 2001 wurde bekannt, daß tonnenschwere Brocken sich von der Decke der Stollen lösen und auf die Atommüll-Fässer zu fallen drohen. Die Einlagerungskammern mußten umgehend mit Salz verfüllt werden. Doch für ein geeignetes Verfahren, um das gesamte Bergwerk dauerhaft standfest und dicht zu machen, gibt es bis heute kein Konzept.
"Es ist unverantwortlich, die Kette an Fehlern, die in Morsleben gemacht wurden, fortzusetzen und das Lager jetzt ohne weitere Prüfung samt dem darin liegenden Atommüll mit Beton zu verfüllen", sagt Dirk Seifert, Energiereferent von 'Robin Wood'. Die Organisation fordert die "sicherste, nicht die billigste Lösung" und appelliert alle Bürger und Bürgerinnen jetzt Einwendungen gegen das Verfahren vorzubringen.
Die Planunterlagen liegen noch bis zum 21. Dezember 2009 aus.
Einwendungslisten können unter
www.robinwood.de/morsleben
herunter geladen werden.
REGENBOGEN NACHRICHTEN
Anmerkungen
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