Wien (LiZ). Seit dem Sturz der österreichischen rechtsextremen Regierung unter Kanzler Sebastian Kurz im Mai dieses Jahres und der Einrichtung einer Übergangsregierung, stehen die Abgeordneten des Bundesparlaments nicht mehr unter der disziplinierenden Kuratel einer Regierungs-Koalition. Die SPÖ ergriff jetzt die Gelegenheit, um ein Gesetz zum Verbot der Pestizids Glyphosat durchzubringen. Die rechtsextreme FPÖ stimmte am gestrigen Dienstag zu, während die Kurz-Partei ÖVP empört kundtat, der Gesetzesbeschluß sei ein "Schlag ins Gesicht der Bauern, die den Wirkstoff sachgerecht anwenden." Es ist jedoch zu erwarten, daß das Gesetz von der EU-Kommission gekippt wird.
Österreich ist nun zumindest vorübergehend der erste Staat in der EU, der ein Verbot des krebserregenden Herbizids Glyphosat beschlossen hat. Glyphosat ist ein ursprünglich vom US-amerikanischen Chemie- und Agro-Konzern Monsanto auf den Markt gebrachtes Herbizid, dessen weltweiter Einsatz in den Jahren 2000 bis 2014 von 155 auf 747 tausend Tonnen gesteigert und damit nahezu verfünffacht wurde (Siehe unseren Artikel v. 17.03.18. In den USA wird Glyphosat seit den 1970-er Jahren unter dem Markennamen Roundup verkauft. Der deutsche Bayer-Konzern übernahm Monsanto im Juni 2018 für 63 Milliarden US-Dollar, steht nun aber wegen Glyphosat verstärkt unter Druck. Inzwischen hat Bayer in den USA den dritten Prozeß wegen Krebs durch Glyphosat verloren. Allein bei dem Urteil vom Mai 2019 sprach sich ein Gericht für Schadensersatz und Strafzusatzzahlungen in Höhe von 2,05 Milliarden US-Dollar aus.
In der EU ist Glyphosat nach einer umstrittenen Entscheidung im November 2017 weiterhin zugelassen. Die deutsche Bundesregierung hatte im zuständigen EU-Ministerrat für die von der EU-Kommission vorgeschlagene Verlängerung der Zulassung bis Ende 2022 gestimmt. Zuvor hatte es eine sogenannte Europäische Bürgerinitiative (EBI) zum Verbot von Glyphosat gegeben, die im Oktober 2017 die erforderliche Zahl von über einer Million Unterschriften vorlegen konnte. Die EU-Kommission bestätigte am 6. Oktober 2017 die Erfüllung der Kriterien, sprach sich aber dennoch für die Verlängerung der Glyphosat-Zulassung aus. Danach setzte sich auch der EU-Ministerrat über das Votum der EU-BürgerInnen hinweg.
In Österreich hat nun das Bundesparlament, der sogenannte Nationalrat, dem Gesetzentwurf der SPÖ zum Verbot von Glyphosat zugestimmt. Auch in Österreich ist laut Umfragen eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung für dieses Verbot.
Nun ist es aber so, daß Österreich - solange es Mitgliedsstaat in der EU ist - an die Entscheidungen auf EU-Ebene gebunden ist. Daher muß Österreich jährlich auch einen zweistelligen Millionenbeitrag für EURATOM und damit die Subventionierung der Atomenergie leisten, obwohl Österreich 1978 den Atomausstieg realisiert hat. Und so dürfen EU-Staaten auch nur in absoluten Ausnahmefällen ein Verbot eines auf EU-Ebene zugelassenen Pestizids verhängen. Eine solche Ausnahme dürfte juristisch nicht zu begründen sein. Der Chemie-Konzern Bayer tat bereits die Erwartung kund, die EU-Kommission werde das österreichische Gesetz anfechten.
Rechtlich hat die EU-Kommission drei Monate Zeit, das Gesetz zu kippen: August, September und Oktober. Wohl kaum zufällig soll das Glyphosat-Gesetz in Österreich erst im November in Kraft treten. Im August sind auch in Österreich Sommerferien.
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace feierte dennoch den österreichischen Gesetzesbeschluß als "historischen Meilenstein". Allerdings wurde bereits im März 2018 ein entsprechendes Glyphosat-Verbot des österreichischen Bundeslandes Kärnten von der EU-Kommission gekippt. Auch in Vietnam wurde Glyphosat verboten. Wann dieses Verbot jedoch greift, ist fraglich, da in dem vietnamesischen Gesetz erlaubt wurde, Restbestände aufzubrauchen. Zwischenzeitlich gab es auch in Sri Lanka ein Glyphosat-Verbot. Die Regierung fiel aber wieder um.
Besonders in Südamerika spielt Glyphosat eine große Rolle, da dort unter anderem genmanipuliertes Soja großflächig angebaut wird. Dieses ist gegen das Pestizid resistent, kann also nur im Doppelpack mit Glyphosat angebaut werden. Alle anderen Pflanzen werden durch das Spritzen mit Glyphosat vernichtet - theoretisch. Denn immer stärker verbreiten sich glyphosat-resistente Unkräuter.
Während die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Glyphosat bereits 2015 als "wahrscheinlich krebserregend" eingestufte, beurteilt die mit der europäischen Chemie-Industrie verfilzte EU-Zulassungsbehörde EFSA Glyphosat nach wie vor als sicher.
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
500 pestizidfreie Kommunen
Positiver Trend pro Artenschutz (2.07.19)
Vom Winde verweht:
Pestizide in der Luft im Vinschgau (9.03.19)
Bio-Lebensmittel als Krebs-Prophylaxe
Studie der Sorbonne (1.02.19)
Deal zwischen Lidl und Bioland
Niedergang der Bio-Lebensmittel-Branche (11.10.18)
Industrielle Landwirtschaft und Nitrat
Europäischer Gerichtshof verurteilt Deutschland
(21.06.18)
Teil-Erfolg beim Bienenschutz
EU-Verbot von 3 Neonicotinoiden (27.04.18)
Unser täglich Gift.
Pestizide - Die unterschätzte Gefahr (17.03.18)
DBV-Präsident Rukwied ist
"Dinosaurier des Jahres 2017" (28.12.17)
Artenvielfalt und Profit in der Landwirtschaft
Eine agrarökologische Untersuchung (22.08.17)
Nitrat: "Schwarz-Rot" versucht der
Klage der EU zu entgehen (17.02.17)
Hormongifte in Lebensmitteln
Gefährliche Rückstände aus Pestizid-Einsatz (16.12.16)
Nitrat: EU verklagt BRD
Zu viel Gülle im Grundwasser (7.11.16)
Gen-Pollen und Glyphosat häufig im Honig
"Ungenügend" für Honig von Aldi (1.11.16)
Bio-Landwirtschaft wächst
sogar in Deutschland ein wenig (14.10.16)
Boom bei Bio-Lebensmitteln in den USA
mit Schattenseite (17.06.16)
Falschspiel bei Glyphosat-Zulassung
Berlin schiebt Verantwortung auf EU (29.06.16)
Glyphosat in konventionellem Wein
und Traubensaft (12.05.16)
Nitrat im Grundwasser
EU verklagt Deutschland (28.04.16)
Kein Bio-SojaDrink mehr in Pfandflaschen
Nur noch im umweltschädlichen Tetra-Pack (27.04.16)
Feminismus und Agrar-Wende
passen gut zusammen (8.03.16)
Glyphosat in vielen Lebensmitteln
Bundesregierung verharmlost Pestizid (27.02.16)
Pestizid in deutschen Bieren
Rein trotz Glyphosat? (25.02.16)
Global 2000: Naturkosmetik-Check
Frei von hormonell wirksamen Stoffen (21.02.16)
20.000 in Berlin
gegen industrielle Landwirtschaft (16.01.16)
Ausrottung der Vögel in Deutschland
macht Fortschritte (30.10.15)
Bienensterben, Pestizide und Gen-Mais
US-Regierung unterdrückt Forschung (29.10.15)
Pestizid-Fraß im US-Kongress
Cafeteria serviert Neonicotinoide (8.08.15)
Wachsender Widerstand in Ghana
gegen "Monsanto-Gesetz" (1.06.15)
March against Monsanto
Hunderttausende demonstrieren weltweit (26.05.15)
EU-Kommission pusht Gen-Technik
19 genmanipulierte Pflanzen zugelassen (24.04.15)
Pestizide für Bienensterben ursächlich
Industrielle Landwirtschaft zerstört Lebensgrundlagen
(5.03.15)
Vorreiter der Umweltzerstörung
Bericht der Europäischen Umweltagentur (5.03.15)
Wald-AIDS 2014
Zustand zwischen Leben und Tod (11.02.15)
Industrielle Landwirtschaft
rottet Hamster aus (10.02.15)
"Wir haben es satt!"
45.000 für eine Agrar-Wende (17.01.15)
Zweiter Planet im Kofferraum?
Bodenatlas 2015 wenig hoffnungsvoll (8.01.15)
Industrielle Landwirtschaft gefährdet Grundwasser
Strenge Düngeverordnung gefordert (24.10.14)
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Fischsterben in der Elbe (24.07.14)
Warnung vor Gentech-Landwirtschaft
wegen steigendem Pestizideinsatz (26.06.14)
Todeszonen der Ostsee weiten sich aus
Bundesregierung untätig (17.06.14)
Europas Flüsse stärker mit Chemie belastet
als bislang angenommen (16.06.14)
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Klimakatastrophe voran (17.04.14)
Bienensterben international
Industrielle Landwirtschaft untergräbt Lebensgrundlagen (7.04.14)
Wald-AIDS 2014
Zustand schlechter - nicht besser (10.03.14)
Agrar-Wende - Erneuern sich
die Pseudo-Grünen von unten? (27.01.14)
Das Aussterben der Bienen kann
plötzlich und ohne Vorwarnung kommen (6.01.14)
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Bundesverwaltungsgericht läßt Gen-Kontamination zu (25.10.13)
Nitrat-Belastung im deutschen Grundwasser
verschlechtert sich dramatisch (19.10.13)
Flächenfraß
Täglich 74 Hektar mehr Siedlungs- und Verkehrsfläche (13.10.13)
Agrar-Subventionen
BUND fordert Neuausrichtung (28.08.13)
Jugend mag Bio
23 Prozent kaufen häufig Bio-Lebensmittel (20.08.13)
VGH-Urteil: Natürliches Mineralwasser
darf Pestizide enthalten (2.08.13)
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Dem deutschen Wald geht es schlechter
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Umweltverbände: Aigners Pestizid-Aktionsplan
ist "mangelhaft" (25.10.12)
EU-Kommission versucht Gen-Honig
durch die Hintertür einzuschmuggeln (24.10.12)
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Flächenfraß weiter lebensgefährlich
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Merkel degradiert Wald zum Rohstofflieferanten
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Giftige Grünalgen an der bretonischen Küste
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Erfolg der Bio-Landwirtschaft
mit Artenvielfalt statt Pestiziden (5.07.10)
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Greenpeace enthüllt fortlaufendes Versagen von Künast (2.07.04)
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Nichts als heiße Luft (24.01.04)
Bio-Landbau wächst (24.11.03)
Obst- und Gemüse
aus dem Bio-Laden (21.09.03)
Bienensterben
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Apollofalter
the scream of the butterfly (19.05.03)