Jeden Herbst stellt sich für viele Menschen, die ein anscheinend verlassenes "Igel-Baby" finden, die Frage: Ist es ratsam, das Tierchen für einen Winter zu pflegen, um es dann im nächsten Frühjahr wieder in die Freiheit zu entlassen?
Zunächst ist anzuraten, den Jung-Igel nicht anzufassen und aus mehreren Metern Entfernung einige Stunden zu beobachten. Spätestens in der Dämmerung wird in den allermeisten Fällen das Muttertier von der Nahrungssuche zurückkehren und den Jung-Igel versorgen. Igel lassen ihre Jungen auf der Suche nach Nahrung immer wieder für mehrere Stunden allein. Die wenigsten Jung-Igel werden tatsächlich verlassen. Auch werden sie seltener als gemeinhin vermutet indirektes Opfer des Straßenverkehrs, weil das Muttertier überfahren worden wäre.
Igel sind streng geschützt und dürfen nur in Ausnahmefällen aufgenommen werden. Im Herbst sind sie in Gärten und Wäldern besonders aktiv. Die Tiere suchen Nahrung für das nötige Fettpolster und einen geeigneten Unterschlupf für den Winterschlaf. Gesunde, kräftige Igel überleben den Winter in der freien Natur ohne Probleme. Wenn Igel aus falsch verstandener Fürsorge aufgenommen werden, birgt dies für sie in der Regel ein größeres Überlebensrisiko als die Überwinterung im Freien. Der Igel ist ein streng geschütztes Wildtier und gehört nur dann in menschliche Obhut, wenn er krank, verletzt oder offensichtlich geschwächt ist.
Ungefähr den Zeitraum von Mitte November bis März verbringen Igel im Winterschlaf. Dank der auf ein Minimum herabgesetzten Körperfunktionen und der angefressenen Energiereserven können Igel bis zu einem halben Jahr ohne Futter auskommen. Jung-Igel haben eine sehr gute Überlebenschance, wenn sie 500 Gramm oder mehr wiegen.
Auch schwache, verletzte, kranke oder elternlose Igel, die zum Überleben Unterstützung benötigen, müssen dazu nicht unbedingt aus ihrer natürlichen Umgebung gerissen werden. Erste Hilfe ist auch vor Ort möglich: Im Garten kann eine Futterstelle in geschützter Lage eingerichtet werden, Laub-, Reisig- oder Komposthaufen bieten einen optimalen Platz für den Winterschlaf. Auch im übrigen Jahr benötigen Igel solche Plätze zum Übernachten und als Schutz vor Wind und Kälte. Zum Füttern eignet sich beispielsweise Igeltrockenfutter aus dem Fachhandel gemischt mit Katzendosenfutter. Von Milch (auch Traditionen sind manchmal Unsinn!) ist dringend abzuraten, da Igel in der Regel auf das artfremde Eiweiß mit Durchfall reagieren.
Nur wenn es unumgänglich ist, sollte ein Igel - in Absprache mit der Tieräztin oder dem Tierarzt - in Obhut genommen werden. Wer hier seine Tierliebe beweisen möchte, muß sich bewußt sein, daß Aufzucht und Pflege von Jung-Igeln einen hohen Aufwand erfordert und sehr zeitintensiv ist. Kleine Igel benötigen fünf bis zehn Mahlzeiten pro Tag und einen genauen Fütterungsrhythmus. Ist das Tier vor der Frostperiode wieder gesund, sollte es noch im Herbst in die freie Natur entlassen werden. Keller sind in heutigen mit Zentralheizung versorgten Häusern in der Regel zu warm, um einem Igel einen geeigneten und ungestörten Platz für den Winterschlaf zu bieten.
Wer sich um das Überleben der Igel verdient machen möchte, sollte im eigenen Garten auf Schneckengift oder chemische Insektizide verzichten. Igel ernähren sich überwiegend von Schnecken und Insekten. AutofahrerInnen sollten insbesondere in der Dämmerung vorsichtig fahren. Plötzliches Bremsen oder Ausweichen ist allerdings riskant. Ebenso riskant ist es, einen Igel von einer schlecht beleuchteten Straße herunter zu holen - und ein herannahendes Auto nicht rechzeitig zu bemerken. Wer es dennoch versuchen möchte: Ein zur Kugel gerollter Igel kann auf den flachen Händen getragen werden. Dabei können die Stacheln nicht in die Haut eindringen.
Anmerkungen
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